Penelope Williamson
jemand ihren Namen rief. Aber
jedesmal, wenn sie sich schnell in diese Richtung drehte, sah sie nur die
Gesichter von Fremden. Dann entdeckte sie Donagh,
dessen schwarzer Talar in der bunten Menge auffiel. Und plötzlich war Shay bei
ihr. Sie lag in seinen Armen und hörte, wie er ihren Namen sagte, nur ihren
Namen, doch die Stimme klang nicht, als sei es Shay. Der Strick hatte ihm seine
schöne Stimme geraubt.
Sein Mund preßte sich auf ihre
Lippen, und einen schrecklichen Augenblick lang glaubte sie, sich übergeben zu
müssen. Doch dann umarmte sie ihn verzweifelt, und sie klammerte sich die ganze
erste gemeinsame Nacht nach der langen Trennung an ihn, als wolle sie ihn nie
wieder loslassen.
Der Arzt
war grob, rauh und besitzergreifend gewesen, während Shay sie nur zärtlich,
liebevoll und rücksichtsvoll berührte. Doch das Ende unterschied sich nicht.
Beide Männer waren in sie eingedrungen und hatten ihren Samen in sie ergossen.
So kam es, daß Bria an
ihrem ersten Tag in Amerika ein Kind empfangen hatte.
Ein Kind, das bald seinen ersten Atemzug hier in Amerika tun
würde. Bria holte tief Luft, als die Schmerzen im Rücken und im Leib sie wieder
überfielen. Doch die Wehen waren nicht so stark, wie sie später werden würden,
und sie kamen auch noch nicht in kurzen Abständen. Es würde noch eine Weile
dauern, bis ihr Sohn da war.
Trotzdem waren die Wehen heftig genug, daß sie gezwungen
war stehenzubleiben und sich gegen einen Pfahl des Landungsstegs zu lehnen. Sie
schloß die Augen und rieb sich leise stöhnend das Kreuz. Als sie die Augen
wieder aufschlug, blickte sie in das bleiche Gesicht ihres Mannes.
»Shay«,
sagte sie leicht keuchend, »das Kind kommt!«
»Ja, das
sehe ich.« Er lächelte, und sie entdeckte in seinem Lächeln nur einen Anflug
von Zittern. »Hattest du vielleicht auch daran gedacht, mir das bald zu sagen?«
»Ach, es
dauert noch Stunden.«
Er legte ihr den Arm um die
Hüfte, stützte sie und führte sie in Richtung Haus. »Das mag ja sein, aber mir
wäre es leichter ums Herz, wenn du in
unserem Bett liegen würdest. Es wird zwar nur das Kind eines irischen Fischers
sein, aber den kleinen Schatz hier am Strand zu bekommen, das geht doch
bestimmt ein kleines bißchen zu weit?«
Das Kind
eines irischen Fischers ...
»Shay!« Sie faßte ihn am Arm
und zog ihn heftig herum, so daß er sie ansah. »Versprich mir, daß du dieses
Kind lieben wirst, ganz gleich, was geschieht.«
»Bria ...«
Es klang beinahe wie ein Schluchzen, doch er beherrschte sich. Er nahm ihr
Gesicht in seine großen Hände und fuhr mit seinem Mund zart und liebevoll über
ihre Lippen.
Sie lehnte sich an ihn und
schmiegte ihr Gesicht an seinen Hals. Sie atmete gegen seine warme Haut und
roch das Meersalz und den unverwechselbaren Geruch, der sich von dem aller
anderen Männer unterschied. »Versprich es mir«, flüsterte sie.
Er hob die
Hand, seine Finger griffen in ihre Haare und zogen ihren Kopf zurück, so daß
sie das Versprechen in seinen Augen sehen konnte. »Ich liebe das Kind. Ich
liebe es jetzt schon.«
»Und wirst
du noch etwas für mich tun?«
Er senkte
den Kopf, drückte seine Stirn an ihre, und sie rieben ihre Nasen aneinander.
»Du bist mir die Richtige. Du sparst dir all deine Bitten auf und rückst genau
dann damit heraus, wenn ich mir gerade Flügel wachsen lassen will, um wie ein
Engel zum Himmel zu fliegen, um dir den Mond zu bringen, falls du danach
verlangen solltest.«
»Du
würdest mit Engelsflügeln komisch aussehen, Seamus. Du hast zuviel von einem
Teufel an dir. Und kannst du mir sagen, was ich mit dem Mond anfangen soll?«
Er lachte
wieder und küßte sie. »Ich liebe dich, Frau.«
Er ließ
sich jedoch nicht davon abbringen, mit ihr Arm in Arm langsam zum Haus zu
gehen. Er mußte sie stützen, denn sie war so unförmig und unbeholfen. Der
steinige, von der Flut feuchte Sand gab unter ihren Füßen nach, und schon
spürte sie den Schmerz aufs neue. Er kam von einer geheimnisvollen Stelle tief
in ihrem Innern und entrollte sich wie eine Spirale.
»Dann
erfüllst du mir meinen Wunsch und gehst zu Miss Tremayne?«
fragte sie. »Du bringst sie hierher, damit sie während der Geburt bei mir ist
...«
Sein Arm
umfaßte ihre Hüfte fester, und zu ihrer Überraschung ließ der Schmerz nach.
»Ist diese Frau nicht eine Spur zu vornehm?« erwiderte er. »Was würde sie dir
nützen?«
Die Schmerzen kamen schließlich
doch, und sie würden schlimmer sein als jemals zuvor. »Sie ist
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