Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
Vom Netzwerk:
heiß und
schnell in ihren Ohren. Erst nach einer Ewigkeit ließ der Husten nach.
    Dann stand
sie mühsam auf. Die Schwangerschaft machte sie unbeholfen und schwerfällig.
Sie ging in die Küche und warf einen Blick auf ihre Töchter, deren Strohsack
auf dem Häkelteppich neben dem Herd lag. Sie kniete neben den Kindern nieder
und faltete die Hände wie zum Gebet, aber sie blieb stumm und sprach weder zu
Gott noch zu sich selbst. Sie betrachtete die Gesichter der beiden nur, denn es
hätte sie zu sehr geschmerzt, ihre warme Haut zu spüren.
    Sie wußte
nicht, wie lange sie dort kniete, doch als der Hustenreiz sich wieder meldete,
verließ sie das Haus, um sie nicht zu wecken. Die Nächte im Frühling waren
kühl, deshalb nahm sie ihren alten kürbisfarbenen Mantel mit. Sie zog ihn an,
knöpfte ihn aber nicht zu, denn dazu war sie bereits zu dick.
    Bria ging
um das Haus herum und hinunter zum steinigen Strand. Dort setzte sie sich auf
einen Felsen. Immer wieder durchbrachen Windstöße, die vom Wasser kamen und
nach Salz und Tang rochen, die Stille und Ruhe der Nacht.
    Sie hustete
und spuckte Blut in das Taschentuch. Schließlich trank sie von der Medizin, die
nur scheinbar Hilfe brachte. Als der Husten nachließ, war es wieder einmal nur
ein vorgetäuschtes Wunder.
    Bitte für uns Sünder ...
    Wenn sie
nachts nicht schlafen konnte, betete sie meist und ließ die Perlen des
Rosenkranzes durch die Finger gleiten. In Nächten wie dieser überließ sie sich
ihren Erinnerungen. Verlor man, wenn man starb, mit dem Leben auch alle
Erinnerungen?
    Dieser
Gedanke war ihr unerträglich. Die Frau mit dem Namen Bria McKenna, so schien
es, bestand nur aus Erinnerungen. Und die meisten Erinnerungen, die
schrecklichen und schönen, kreisten um Shay.
    Sie kannte
ihn schon ihr ganzes Leben lang, aber bis zu jenem Sommertag beim Tanz auf der
Straße hatte sie nicht gewußt, daß sie ihn liebte. Sie war nicht zum ersten Mal
am Sonntagnachmittag im Sommer zum Tanz gegangen. Dort spielten
Dudelsackpfeifer und Fiedler, ganz ähnlich wie heute hier in Amerika. Damals
hatte sie natürlich meist nur mit ihren Freundinnen getanzt. Der Priester legte
ihnen hohe Bußen auf, wenn sie es auch nur wagten, einen Jungen anzulächeln.
    Es fiel
jedoch schwer, sich nicht von der Ausgelassenheit anstecken zu lassen, selbst
wenn man nicht tanzte. Bria stand am Straßenrand und wiegte sich im Rhythmus
der Musik, und plötzlich tauchte Seamus McKenna vor ihr auf. Er blickte sie mit
einem solchen Feuer in den Augen an, daß sie am liebsten davongelaufen wäre.
Shay McKenna war der Freund ihres Bruders. Er schien in eine andere Welt zu
gehören und nicht zu ihnen in die Steinhütten und auf die regennassen
Kartoffelfelder.
    Doch
plötzlich stand er so dicht vor ihr, daß sie ohne weiteres den Kopf an seine
Brust hätte legen und ihn mit den Armen umschlingen können – dieser Gedanke
erschreckte sie, aber er faszinierte und erregte sie auch.
    Mit jedem
Atemzug schien er größer zu werden. Er hatte schon damals breite Schultern und
stark ausgeprägte Muskeln. Außerdem sah er viel zu gut aus, hatte volle
sinnliche Lippen und glänzend schwarze Haare.
    Er machte
sie verlegen, weil er sie so herausfordernd ansah, und sie versuchte, ihre
Unsicherheit mit einer bissigen Bemerkung zu überspielen.
    »Was suchst
du hier, Seamus McKenna?« fragte sie und stemmte die Hände in die Hüften. Dann
sah sie ihn prüfend an. »Gibt es keine Gebete, die du sprechen, und heilige
Bücher, die du lesen mußt? Da sind doch sicher fromme Taten, die erledigt
werden müssen!«
    Sein Mund wurde weicher, fast lächelte er. »Sicher.
Trotzdem möchte ich mir ein bißchen Sündhaftigkeit gönnen und mit dir tanzen.«
    »Hm, als ob ich daran interessiert wäre.« Sie drehte sich
um und versuchte, mit wiegenden Hüften davonzustolzieren, wie es die älteren
Mädchen taten.
    Er legte
ihr die Hand auf den Arm, allerdings nur mit soviel Nachdruck, daß sie
stehenblieb, nicht mehr. Dann sagte er: »Bevor dieser Tag zu Ende ist, werde
ich mit dir tanzen und dir einen Kuß geben, mo Chridh.«
    Sie hätte
ihm am liebsten alles gegeben, was er von ihr haben wollte, und noch mehr –
gleich auf der Straße, denn seine Worte trafen sie wie Pfeile direkt ins Herz.
Zu den ersten Dingen, die an Shay McKenna auffielen, nachdem man seine Größe
zur Kenntnis genommen hatte, gehörte seine Stimme. Selbst wenn er einem
Mädchen unverfroren und anmaßend erklärte, was er von ihm wollte, klang es

Weitere Kostenlose Bücher