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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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zu
verlangen, daß ich mein Versprechen halte«, sagte er.
    Sie erwiderte nichts. Aber wie
sollte sie ihm etwas abschlagen? Ein Versprechen, das er ihr gegeben hatte und
jetzt brechen wollte, war nichts im Vergleich zu dem, was sie ihm angetan
hatte. Sie hatte den Treueid gebrochen und eine schwere Sünde begangen ...
    Sünden ...
    Bria
blickte auf die Arme, die sie hielten. Er hatte die Hemdsärmel bis zu den
Ellbogen hochgekrempelt. Die Haut war gebräunt, und die dunklen Haare waren von
der Sonne goldblond gebleicht. Die Adern zogen sich deutlich sichtbar über die
harten Muskeln und Sehnen.
    Sie hob
eine seiner Hände und verglich sie mit ihrer kleinen Hand, dann ließ sie zu,
daß seine ihre umschloß. Sie hatte sich schon immer darüber gewundert, wie
diese Hände gleichzeitig so zart und so brutal sein konnten.
    Es waren die Hände eines Kämpfers.
    »Hast du vergessen«, erwiderte
sie, »was für eine schreckliche Sünde du mit diesen Händen begangen hast? Hast
du das Unheil vergessen, das du damit über uns gebracht hast?«
    »Nein«, erwiderte er und schwieg.
    »Warum willst du dann nicht
siegen? Warum willst du nicht um den Diamantgürtel kämpfen, von dem Donagh
gesprochen hat, und damit deine Ehre behalten?«
    »Weil ich keine Chance gegen
den großen John L. habe ... der Yankee übrigens auch nicht, aber das ist seine
Sache.«
    Sie
schwiegen, und das Schweigen war weder vorwurfsvoll noch leicht, sondern
einfach nur vertraut. Seine Lippen berührten sie an einer zarten Stelle, an der
Vertiefung, wo der Wangenknochen auf ihr Ohr traf.
    »Wieso erlaube
ich dir mich zu küssen«, flüsterte sie, und ihre Worte klangen gepreßt und
atemlos, »obwohl ich dich ausschimpfen sollte?«
    Er lachte,
und sein heißer Atem traf ihre Haut. »Gott schütze uns. Und deine Zunge fängt
an zu rosten, weil sie außer Übung kommt.« Er zog sie enger an sich. »Komm zu
mir, mo Bhean.«
    Sie schmiegte sich eng an ihn
und spürte seine weichen Lippen in ihren Haaren.

Zehntes Kapitel
    In der Nacht träumte Bria, man habe sie lebend in ihr Totenhemd
eingenäht. Der rauhe Baumwollstoff verschloß ihr Nase und Mund. Er roch modrig
nach Tod und schmeckte nach nackter Verzweiflung.
    Sie schlug um sich und erwachte
keuchend und hustend. Sie kämpfte verzweifelt, um sich von dem bedrohlichen
Sumpf zu befreien, der schwer ihre Brust füllte.
    Schweißnaß
drehte sie sich auf den Rücken und rang nach Luft. Ihr war gleichzeitig heiß
und kalt. Allmählich beruhigte sich ihr Atem wieder, bis sie schließlich nur
noch den Wind hörte, der gegen die Fensterscheibe schlug.
    Bria
stützte sich auf den Ellbogen und blickte auf Shays Gesicht. Im Mondlicht sah
sie die silberglänzende Spur getrockneter Tränen auf seiner Wange. Er mußte sie
wie schon öfter im Schlaf beobachtet und über sie gewacht haben, solange er es
noch konnte. Und dabei hatte er einen tiefen Schmerz verspürt.
    Sie beugte
sich über ihn und drückte einen Kuß auf die Vertiefung an seinem Hals. Sie
atmete seine Wärme ein und schmeckte die salzige Haut.
    Vorsichtig,
um ihn nicht zu wecken, verließ sie das Bett. In einer Ecke ihres winzigen
Schlafzimmers hatte sie sich einen Platz geschaffen, wo sie den Rosenkranz
beten konnte. Von Donagh hatte sie eine geweihte Karte mit einer goldgeprägten
Jungfrau Maria erhalten, die von einer Blumengirlande umrahmt wurde. Die Karte
hing an der Wand, und darunter stand ein wackliger alter Teetisch, den sie zwischen
Müll gefunden hatte. Auf dem kleinen Tisch lag eine selbstgestickte Decke.
Wenn sie auf den Feldern Blumen fand, schmückte auch ein Blumenstrauß
ihren kleinen Altar, und sie entzündete eine geweihte Kerze, wenn sie sich eine
leisten konnte.
    Dort
kniete Bria oft und blickte zum heiligen Gesicht der Mutter Gottes auf. Sie
blickte auf die wissenden, die vergebenden Augen und flüsterte leise und
flehend: »Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der
Stunde unseres Todes ...«
    Maria, die
Mutter von Jesus Christus, die Frau von Josef, würde verstehen, wozu eine Frau
bereit war, welche Sünden sie beging, um jenen zu helfen, die sie liebte.
    Bria nahm
den Rosenkranz vom Tisch und kniete nieder. Sie holte Luft, um mit dem
Glaubensbekenntnis zu beginnen, doch sie mußte sofort husten. Es war ein
tiefer, qualvoller Laut, der sich ihrer Brust entrang und selbst in ihren Ohren
schrecklich klang.
    Sie schlug die Hände vor den
Mund. Ihre Brust hob und senkte sich krampfhaft, und das Blut pochte

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