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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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aber sie wollte nicht eher
schweigen, bis sie alles gesagt hatte. »Lange danach ... lange nach dem
Unglück dachte ich immer: Wenn er nicht mehr da ist, warum soll ich dann leben?
Warum sollte ich von Bedeutung sein? Warum sollte irgend etwas von Bedeutung
sein?« Während sie sprach, hatte sie Bria nicht ansehen können, aber jetzt tat
sie es. In Brias Augen stand soviel Schmerz geschrieben, daß sie davon
glitzerten wie von Tränen, und Emma schämte sich.
    »Verzeihen Sie«, flüsterte sie.
»Ich sollte mit Ihnen nicht über solche Dinge sprechen.«
    »Warum nicht? Sie meinen, weil ich selbst bald sterben
werde?«
    »0 nein ... nein! Ich meine nur, man redet nicht über
solche Dinge. Es schickt sich nicht. Zumindest in meiner Welt gilt das als
ungehörig.«
    Sie konnten
beide nicht lächeln, denn das, worüber sie sprachen, war zu schmerzlich. Aber
sie teilten stumm ein tiefes gegenseitiges Verständnis.
    Ich
verstehe ...
    »Sterben
...«, sagte Bria, und es klang nüchtern und unverblümt. Emma dachte, daß sie
mit diesem Wort bereits seit geraumer Zeit lebte. »Sterben ist wie eine Reise,
die jeder von uns allein macht, wenn die Zeit gekommen ist. Natürlich haben wir
davor alle schreckliche Angst. Vielleicht ist das der Grund dafür daß wir ein
Leben lang alles Erdenkliche tun, nur um nicht allein zu sein. Obwohl es merkwürdig
ist, daß wir so empfinden, denn von unserem ersten Atemzug an sind wir alle ...
allein.«
    »Ich glaube, keiner war mehr
allein als Willie an jenem Abend, als er in den Sturm hinausgefahren ist.«
    Bria machte
einen tiefen Atemzug, und es klang wie ein Seufzen. »Meistens ist es für uns,
die wir zurückbleiben, noch schlimmer. Wir sind allein gelassen und müssen das
Leben ohne den Menschen ertragen, den wir am meisten geliebt haben.«
    Zum ersten
Mal, seit Emma durch die Tür in die Küche mit der Blumentapete und dem Duft
nach frischem Brot und Butterblumen getreten war, gestattete sie sich, an Bria
McKennas Mann zu denken. In jener Nacht, jener stürmischen Nacht ..., als sie
auf der Treppe gestanden und auf ihn gewartet hatte, glaubte sie, er werde sie
in ein anderes Leben entführen, in ein Leben voller Gefahren und Abenteuer.
Aber es war nur ihre Phantasie gewesen, die sie entführt hatte.
    In jener
Nacht war er wortlos an ihr vorbei und die Treppe hinaufgegangen. Sie war wie
gebannt in der gespenstischen Stille der Eingangshalle stehengeblieben. Auch
ihre Gedanken waren wie gebannt von ihren wilden Phantasievorstellungen
gewesen, er sei ihretwegen gekommen, während er in Wirklichkeit gekommen war,
um ... um ...
    Als er schließlich wieder am
oberen Treppenabsatz aus dem Dunkel aufgetaucht war, zuckte Emma zusammen, als
wollte sie davonlaufen. Aber dazu war es bereits zu spät gewesen, und sie hätte
ebensogut überhaupt nicht dasein können, denn er schien sie nicht wahrzunehmen.
Seine Augen hatten sich voller Liebe und Sorge nur auf die Frau gerichtet, die
er in den Armen trug.
    Doch am Fuß
der Treppe war er doch stehengeblieben und hatte zu ihr hinaufgesehen.
Bria McKennas Kopf, der an seiner Brust ruhte, hatte sich bewegt, und er hatte
sie noch fester an sich gedrückt. Sie war nicht aufgewacht, aber seine Augen
hatten gefunkelt wie Splitter explodierter Sterne.
    »Sie ist meine Frau«, hatte er
mit seiner gefolterten, rauhen Stimme gesagt. »Und ich bringe sie jetzt nach
Hause.«
    In jener
Nacht, jener gespenstischen Nacht war sie sich sehr dumm vorgekommen.
Allerdings konnte sie ihm keinen Vorwurf machen, denn sie hatte sich das alles
selbst angetan. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, seinen Namen
herauszufinden, geschweige denn die anderen wesentlichen Dinge seines Lebens,
zum Beispiel, ob er verheiratet war.
    Dieser Mann
hatte sie anders behandelt als alle Menschen zuvor. Er hatte mit ihr zusammen
gelacht und er war auch ein wenig grausam zu ihr gewesen. Aber er hatte sie wie
ein Mensch behandelt und nicht wie eine zerbrechliche Porzellanfigur, die man
unter eine Glasglocke stellt, um sie vor dem Leben zu schützen. Sie fand ihn
faszinierend und hatte deshalb angenommen, ihm ginge es genauso mit ihr. Und
sie hatte ja auch gewollt, daß er für sie ein Fremder bliebe, denn das war
sicherer.
    Doch
wahrscheinlich hatte er nie an sie gedacht, wenn er sie nicht zufällig zu
Gesicht bekam. Er wollte sie nur unterhalten, wie man etwa ein Kind bei Laune
hält. Vielleicht wollte er sie auch ein wenig für sich einnehmen, damit er
ihren Bootssteg für das Schmuggeln

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