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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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und mein Bruder scheint von seiner Haushälterin nicht zu erwarten,
daß sie auch nur irgend etwas tut. Er tätschelt mir nur den Kopf und sagt, ich soll die
Beine hochlegen.«
    Emma trug diesmal ein rosa
Taftkleid mit Spitze. Doch das hielt sie nicht davon ab, sich neben Bria auf
die Erde zu knien.
    »Kann ich
helfen?« fragte sie.
    Bria
deutete mit dunklen lachenden Augen auf einen dicken Büschel Unkraut. »Sie
könnten die Vogelmiere mit beiden Händen anfassen und fest daran ziehen ...
Reißen sie das Unkraut mit den Wurzeln aus.«
    Emma
starrte auf die Pflanze, als habe sie Angst, gebissen zu werden.
    »Also gut«,
murmelte sie. »Ich werde es herausreißen.«
    Doch bevor
sie es tat, zog sie die Handschuhe aus. Dann faßte sie mit beiden Händen in die
umgegrabene Erde des Blumenbeets. Der Boden fühlte sich warm und feucht an.
Emma fand das Gefühl aufregend.
    Das
sinnliche Gefühl verschwand auch dann noch nicht, als sie nachmittags in ihrem
Badezimmer mit den gemusterten Kacheln und den silbernen Armaturen die
Fingernägel von der Erde reinigte. Sie hatte das unbestimmte Empfinden, es sei
eine kleine Sünde gewesen, als sie mit nackten Händen in die feuchte, warme
Erde gegriffen hatte. Als sie aus dem Bad in ihr Schlafzimmer kam, stand dort
zu ihrer großen Überraschung ihre Mutter vor dem lackierten Wandschirm. Emma
erschrak und war ein wenig verlegen, als sei sie bei ihrer »Sünde« auf frischer
Tat ertappt worden.
    »Wo bist du
gewesen?« fragte ihre Mutter langsam und betonte dabei jedes Wort. Sie wurden
in weniger als einer Stunde bei Mrs. Hamilton zum Tee erwartet. Bethel trug
bereits ein mitternachtblaues brochiertes Satinkleid mit unzähligen glitzernden
Jetperlen.
    Emma setzte sich auf den
Plüschhocker vor dem Frisiertisch. Ihr roter Seidenkimono stand offen. Sie
schloß ihn schnell, denn sie fühlte sich seltsam verletzbar.
    Bethel trat mit dem Rascheln
von steifem Satin hinter sie. Die beiden Frauen musterten sich einen Augenblick
lang im Spiegel, dann senkte Emma den Blick.
    »Vielleicht besitzt du die Höflichkeit, mir zu antworten«,
sagte Bethel.
    Emma griff nach der silbernen
Haarbüste, aber ihre Hand zitterte so sehr, daß sie die Bürste in den Schoß
fallen ließ. Sie blickte angestrengt auf die winzigen gestickten Primeln des
Leinendeckchens, das auf dem Frisiertisch lag.
    »Ich habe
eine neue Freundin besucht ... eine Mrs. McKenna.« Das stumme Erschrecken ihrer
Mutter bei Erwähnung des irischen Namens überraschte Emma nicht. Iren galten
als Menschen zweiter Klasse. Man hielt sie für gewalttätige Alkoholiker und
faule Nichtstuer. Man bediente sich ihrer, um die Fußböden zu schrubben oder
die Ställe auszumisten. Aber niemand besuchte die Iren oder bezeichnete sie als
Freunde.
    »Es ist
die Frau, um die ich mich gekümmert habe, als sie bei der Mai-Prozession
ohnmächtig wurde«, fügte Emma schnell hinzu, da ihre Mutter noch immer
schockiert schwieg. »Du erinnerst dich, am letzten Sonntag hattest du Migräne,
und Onkel Stanton war nicht zu Hause. Ich bin sicher, Carrews hat dir alles
erzählt ...«
    Carrews war
ihr Butler, und er berichtete ihrer Mutter selbst den kleinsten Vorfall, auch
wenn sie manchmal vorgab, ihm nicht zuzuhören.
    Bethel wischte diese Erklärung
mit der weiß behandschuhten Hand zur Seite. »Soll das heißen, du hast eine ...
eine ...«
    »Na und?«
erwiderte Emma unwirsch und fuhr das eingravierte »E« auf der silbernen
Haarbürste mit dem inzwischen wieder sauberen Fingernagel nach. »Ich besuche Tag
für Tag immer nur dieselben Leute. Das kann mit der Zeit etwas langweilig
werden. Es ist eine Abwechslung, hin und wieder mit jemandem zusammenzusein,
der nicht zu unseren Kreisen gehört.«
    Es wurde ihr flau im Magen, als
sei sie plötzlich seekrank. Sie wußte, wenn ihre Mutter ihr verbot, Bria
McKenna noch einmal zu besuchen, würde sie sich nicht an das Verbot halten.
    »Wir haben Tee getrunken und
hatten ein sehr gutes Gespräch ... ich meine Mrs. McKenna und ich. Sie hat mir
vom Wetter in Irland erzählt. Es regnet dort viel.« Sie griff wieder nach der
Haarbürste und begann, sich die Haare auszubürsten. »Ich glaube, das Leben dort
ist sehr eintönig, aber wenigstens bietet es hin und wieder ein paar
Überraschungen.«
    Ihre
Mutter ging erregt zwischen dem Wandschirm und dem Marmorkamin auf und ab. »Du
hast manchmal sehr merkwürdige Anwandlungen. Ich glaube felsenfest, du bist
mir untergeschoben worden, denn du kannst unmöglich meine Tochter

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