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Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Titel: Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vazquez Montalban
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würde ihm helfen, die Kälte zu überwinden und die schmerzenden Stellen zu vergessen, die er überall am Körper zu spüren begann. Je näher er seinem Ziel kam, desto größer wurde sein Selbstvertrauen und desto geringer seine Reserven. Einem Pärchen, dem er begegnete, blieb vor Erstaunen beinahe der Mund offenstehen. Er umging den Waterlooplein und eilte zum Rembrandtplein. Als er von weitem den freien Platz entdeckte, konnte er ein Schluchzen der Freude nicht unterdrücken.
    Er taumelte durch die Drehtür des Hotels. Der Nachtportier war völlig perplex und erkundigte sich stammelnd, aber beflissen danach, was ihm zugestoßen sei, während er ihm den Schlüssel aushändigte.
    »Man wollte mich ausrauben, und bei der Prügelei bin ich ins Wasser gefallen.«
    »Haben Sie es der Polizei gemeldet?«
    »Ja, natürlich. Sie brachten mich hierher, direkt vor die Tür.«
    Der Nachtportier begleitete ihn zum Lift und beschwor ihn, dankbar zu sein für das große Glück, das er gehabt habe. »Amsterdam macht einen ganz friedlichen Eindruck, aber nachts füllen sich die Grachten mit Leichen. Sie können heute Ihren zweiten Geburtstag feiern!«
    Als er schließlich allein im Aufzug war, ließ sich Carvalho gegen die Wand sinken und blieb so, entspannt und antriebslos, stehen. Ihm gegenüber hing die Speisekarte mit dem Abendessen des Hotels. Ein vielversprechendes Menü. Als Carvalho die Augen öffnete, spürte er, daß außer ihm noch jemand im Zimmer war. Am Fußende seines Bettes saß derselbe Inspektor, der ihn schon am Vortag besucht hatte. Der Mann musterte ihn aufmerksam, was Carvalho leider nicht erwidern konnte, weil sein Auge zu stark schmerzte.
    »Man hat Sie ganz schön zugerichtet.«
    Carvalho zuckte die Achseln. Ein stechender Schmerz in den Rippen veranlaßte ihn, diese Geste kein zweites Mal zu versuchen.
    »Sie kennen diese Stadt. Merkwürdig, daß es jemand geschafft hat, Sie zu überrumpeln!«
    »Man wollte mich ausrauben.«
    »Der Nachtportier sagte es mir bereits.«
    »Hat er Sie gerufen?«
    »Sie wurden im Aufzug bewußtlos.«
    Carvalho öffnete seinen Pyjama und entdeckte Pflaster und Verbandszeug auf seinen Verletzungen. An seinem Auge spürte er eine klebrige Substanz. Jemand hatte ihn zusammengeflickt.
    »Ist Ihnen etwas geraubt worden?«
    »Nein.«
    »Würden Sie die Täter wiedererkennen?«
    »Nein. Es geschah im Dunkeln und ging sehr schnell.«
    »Merkwürdig, sehr merkwürdig, daß Sie ungefesselt in die Gracht geworfen wurden.«
    »Sie dachten, ich hätte das Bewußtsein verloren.«
    »Jeder Bewußtlose kann wieder zu sich kommen, wenn er naß wird.«
    »Sie hatten eben ein gutes Herz.«
    Der Inspektor setzte sich auf einen Stuhl neben einem Marmortischchen am Kopfende des Bettes.
    »Es wäre viel besser, Sie würden uns ehrlich sagen, was los war. Sie waren gestern im
Paradiso

    »Woher wissen Sie …?«
    »Sie sind Mitglied geworden, und wir haben die Namen aller Mitglieder des
Paradiso

    Carvalho fragte sich, wie viele als Hippie verkleidete Polizisten zu der verschlafenen Kundschaft dieses Paradieses gehören mochten.
    »Haben Sie dort jemanden kennengelernt?« fragte der Inspektor weiter.
    »Ich war wie ein Marsbewohner gekleidet und die andern wie normale Menschen. Jede Verständigung war unmöglich.«
    »Haben Sie geraucht?«
    »In meinem Alter nimmt man nicht mehr so schnell irgendwelche Gewohnheiten an. Ich gehe auf die Vierzig zu.«
    »Ich auch.«
    »Dann wissen Sie ja, was ich meine.«
    »Nein. Nein, das weiß ich nicht. Aber das macht nichts. Was taten Sie, nachdem Sie das
Paradiso
verlassen hatten?«
    »Ich ging ins Rotlichtviertel.«
    »Besuchten Sie ein Schaufenster?«
    »Nein.«
    »Wollten Sie sich betrinken?«
    »Nein.«
    »Wo sind Sie überfallen worden?«
    »In einem engen Seitengäßchen. Sie zogen oder stießen mich hinein. Vier Leute. Sie verprügelten mich. Dann stellte ich mich ohnmächtig, und sie warfen mich ins Wasser. Ich wartete, bis sie weg waren, stieg heraus, trocknete mich ein bißchen mit Zeitungen ab und ging zu Fuß zum Hotel.«
    »Warum zu Fuß? In diesem Viertel gibt es viele Streifenwagen oder Taxis!«
    »Ich war total benommen von den Schlägen. Ich wollte nur noch zum Hotel und ging wie ein Roboter.«
    Der Inspektor schien nicht richtig zuzuhören, sondern sich das Zimmer anzusehen.
    »Dieses Hotel ist alt geworden.«
    »Aber es ist immer noch sehr komfortabel.«
    »Señor Carvalho, steht Ihr Besuch in Holland in irgendeiner Weise in Verbindung

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