Per Anhalter (German Edition)
kleiner Junge nicht schießen dürfen, aber mein Opa… Ha, der hat damit rumgeballert auf alles was herum kroch oder auf Bäumen saß. Ein Satz ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Ein Satz! Er sagte, wenn ich auf Elsa schieße, so hieß eine der Kühe bei ihm auf dem Hof, wirklich wahr jetzt… Wenn ich auf Elsa schieße und ihren Euter treffe, dann kann Kalli drüben für den Rest der Woche die Milch von der Hauswand abkratzen und braucht nicht mehr mit der Kanne rüber eiern. Ha-ha-ha, zu geil, oder? Er hat´s nie gemacht… Also auf die Kuh geschossen, aber ich wette, er hatte Recht. Wahrscheinlich hätte er sie mit zwei, drei Schüssen total auseinander pflücken können. So´n riesen Rindsvieh, weißt du? Was wiegt so´n Koloss? 200 Kilo? Vielleicht auch mehr, keine Ahnung. Er brauchte nur auf den Abzug drücken und – BAMM! Ha-ha. Ich find das irre, ehrlich.“ Er redete wie ein kleiner Junge. Begeistert und voll kindlicher Euphorie. Er war völlig in seinem Element und in diesem Moment garantiert einer der glücklichsten Menschen auf Erden.
„Du bist mit so ´nem kleinen Teil wie ein… Nein… Du bist der Richter über Leben und Tod. Weißt du? Du bist derjenige, der darüber entscheiden kann: Lass ich ihn leben oder jag ich ihm ne Kugel in den Leib. Oder auch: jag ich ihm ne Kugel in den Leib und lass ihn noch ein bisschen leiden. Du kannst mit so ´ner Scheißknarre alles haben, verstehst du? Alles ! Es gibt keine Grenzen mehr. Du siehst es doch: Wenn ich zu dir sage tanz , dann tanzt du. Willst du es noch einmal sehen?“ Er richtete die Waffe auf seine Füße.
„NEIN!“ rief Wolfgang. Fast hätte er sich vor Angst in die Hose gemacht und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
„Ha-ha-ha“ bellte der Typ wieder, „Siehst du? Ich bin der Boss. Ich brauch dich nicht zu fragen, ich kann es einfach tun und du kannst nichts dagegen machen… Jaa, das hat mich immer schon daran fasziniert. Ich finde es einfach… Genial !“
Er kam wieder einen Schritt näher und in genau diesem Moment versagte Wolfgangs Blase. Der Urin lief einfach und er konnte nicht das Geringste dagegen unternehmen.
Es war, als hätte er die Kontrolle über jedwede körperliche Funktion eingebüßt, als konzentrierte er sich mit allen Sinnen nur noch auf den Kerl vor ihm… Und schloss mit dem Leben ab.
Hier waren Hopfen und Malz verloren. Diesen Kerl konnte man nicht belehren. Unmöglich! Als nächstes versagten seine Beine. Er fiel auf die Knie und der durchgedrehte Zigeuner stand, mit der Waffe in der Hand, direkt vor ihm.
Die Beretta befand sich nur etwa zwei Finger breit von seinen Augen entfernt.
„Bitte“ wimmerte er – es war das einzige, wozu er noch in der Lage war. Er konnte nur noch wimmern!
„Ich hab schon so viele Pistolen in der Hand gehabt, Alter, aber die hier ist echt was Besonderes. Liegt gut in der Hand, nicht zu schwer, nicht zu leicht. Bisschen viel Rückschlag, aber ansonsten echt in Ordnung das Teil. Findest du nicht?“
Er ging nicht darauf ein.
„Hast du schon mal damit geschossen? Sei ehrlich. Kannst es mir ruhig erzählen.“
Er schüttelte den Kopf.
„Ne, echt nicht? Kann ich gar nicht glauben. So ´ne feine Knarre, aber hat noch nie damit geballert.“ Der Typ schaute ihm direkt in die Augen. Aufrichtige Entrüstung schimmerte plötzlich in seinem Gesicht.
„Ich kann es einfach nicht glauben!“ schrie er. „Du hast noch nie mit dem verfluchten Teil rum geballert? Noch nie? Das ist ja die reinste Verschwendung , Mann!“ Er hielt ihm die Waffe an den Kopf. Nahm sie wieder fort und hielt sie sich selbst ans Kinn. Nicht, weil er vor hatte sich selbst zu erschießen, oh nein, er hatte einfach Spaß am Posieren. Fassungslos betrachtete Wolfgang sein perverses Spiel mit der Waffe aus verzweifelten Augen. Was immer auch passieren würde, es konnte kein gutes Ende mehr nehmen. Sein vermeintlicher Glückstag… Er endete im Verderben.
Kapitel 12
Britta war wieder zurück! David konnte ihre rauchige Stimme hören, die immer weiter anstieg… Sie hatte keine gute Laune, absolut nicht!
Man brauchte kein Prophet oder Psychologe zu sein, um das heraus zu hören. Es mag weit her geholt klingen, aber David sah sofort wieder Parallelen zu seiner eigenen Mutter.
Vielleicht waren auch alle Frauen so, möglich.
Seine Mutter kam manchmal – bepackt mit Einkäufen – nach Hause und rief nach ihnen. Zuerst ganz freundlich, dann noch einmal freundlich und schließlich hörte
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