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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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Grundschule ging David mit einem Jungen zusammen in die Klasse, der an Neurodermitis litt, und sich auch ständig irgendwo kratzte und keine Scham hatte, sich während des Unterrichts unter die Klamotten zu fassen und zu kratzen, was zu kratzen war. Dieser Junge hatte den irrsinnig zeitgemäßen Namen Jürgen gehabt, und sah manchmal aus wie ein Streuselkuchen, wenn er wieder einmal einen Schub bekommen hatte und seine Gesichtshaut förmlich aufriss wie ein Minenfeld. Lasses Gesicht war auch ein Minenfeld. Jedoch nicht wegen irgendwelcher Ausschläge, sondern wegen der fetten Eiterpickel, die genauso gut zusätzliche Fettspeicherkammern sein konnten. Dann dieses klebrig, fettige Haar und dieser Hundeblick und… Meine Güte, dieser Junge ist dermaßen fett und hässlich und dumm, dachte David.
    Doch er hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken.
    Jetzt musste er sich auf ihn einlassen und dann… zuschlagen, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Wenigstens bereit dazu sein musste er, und im richtigen Moment dafür sorgen, dass der grenzdebile Fettarsch aus dem Weg geräumt wurde.
    „Werden wir angegriffen?“ fragte er ihn marzialisch. Er wusste, dass das genau der Weg war, um Lasses ungeteilte Aufmerksamkeit zu erlangen. Das, oder irgendein Rekord bei Snake. Solange es nur ausreichend bescheuert war, war man Lasses Kumpel. Definitiv!
    „Kann gut sein. Aber wenn dann knallt Pabba zurück, Alla!“
    David stand auf. Einen winzigen Moment lang kam ihm der Gedanke, dass sie vielleicht tatsächlich angegriffen wurden. Wer konnte schließlich wissen, was diese Leute für Feinde hatten. Wahrscheinlich war es einfach nur ein Jäger, der hier in der Gegend auf eine Katze geschossen hatte oder ein Wildtier erlegte. Kein Grund zur Sorge… Zumindest für ihn nicht. Und wie auch immer – er musste sich vielmehr darüber Gedanken machen, wie er den Fettwanst schnell und effizient aus dem Weg bekam.
    „Werdet ihr öfter mal angegriffen?“ Lasse hatte ihm wohl nicht zugehört. Er glotzte aus der Tür heraus. David stand inzwischen so dicht hinter ihm, dass auch er nach draußen sehen konnte. Britta und Mario befanden sich auf einer Anhöhe, vielleicht fünfzig Meter vom Wohnwagen entfernt. Weit genug , dachte David, während ihm Lasses säuerlicher Geruch nach Schweiß und unsauberem Arschloch in die Nase stieg. Der Fettsack drehte sich auf einmal um und grinste voller Hohn: „Und wir hahm nich ma mehr Hassan Alla. Den mussten Pabba und ich ersma killn weil der krank war.“,
    „Okay. Euern Hund meinst du? Den großen?“,
    „Ja. Pabbas Hund. Aber der war voll krank und so.“,
    „Ach so. Was machen die jetzt? Also Mama und Papa? Suchen die den Angreifer?“,
    „Ja, genau. Den Angreifer, Alla. Wenn Pabba nä, also mein Pabba, wenn er den findet, dann knallt er den ab. Er will mir auch noch zeigen wie das geht.“ David fiel darauf keine andere Antwort ein als „Aha“.
    Die Vorstellung, dieses bekloppte fette Ding mit einer Waffe in der Hand vor sich zu haben, wirkte lächerlich und gefährlich zugleich. Lasse war ohne jeden Zweifel bereit, auf alles zu schießen, weil er überhaupt gar kein Verständnis von Recht und Unrecht hatte. Aber wer von denen hier hatte das überhaupt?
     „Pabba war auch bei der Bunneswehr.“
    „M-hm. Mein Vater auch.“,
    „Echt?“,
    „Ja.“,
    „Geiel! Da kann man voll ballern, nä?“
    Lasse war total überdreht, hatte die Augen weit aufgerissen, formte mit seiner Hand eine Pistole und machte „Piu-Piu! Voll den Kopp wegballern! Piu!“
     
    Sonja war jetzt still. Sie hatte sich tatsächlich ins Bett zurückgezogen, doch das Baby schrie wie am Spieß.
    Gleich , dachte David, gleich hauen wir ab kleines Mädchen. Dann sind wir endlich hier weg. Doch er fand nicht den richtigen Absprung. Noch waren Mario und Britta dort vorne beschäftigt und jetzt, das war noch besser, gingen sie sogar ein Stück den Weg oben entlang und entfernten sich noch weiter vom Wohnwagen. Irgendetwas mussten sie gesehen haben. Lasse ließ das natürlich nicht unkommentiert:
    „Ich glaub die hahm den!“ rief er aufgeregt und wackelte mit den Händen.
    Schubsen? Treten? Auf ihn einschlagen? Eine Waffe nehmen, irgendwas… Irgendwas, das herum liegt… Oder einfach treten… Ich bin stärker als er. Oder? Ich bin doch wohl stärker als dieser Fettsack überlegte er.
    Der Fehler, den er im Gegensatz zu Lasse beispielsweise machte, war, dass er vorher immer erst überlegte. Lasse (oder auch Mario und wahrscheinlich

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