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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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viel gelernt von diesen Leuten.
    Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste .
    Lieber schaute er zwei oder dreimal hin, als eine möglicherweise allzu waghalsige Aktion zu unternehmen, die ihm am Ende Kopf und Kragen kosten konnte. Ihm und dem Baby, das durfte er nicht außer Acht lassen.
    Er legte es vorsichtig auf den Boden, kniete sich hin und versuchte es zu beruhigen. Wieder mit Erfolg. Er musste unbedingt noch einmal nach seinem Fuß schauen und versuchen, diese enervierende Scherbe heraus zu bekommen.
    Scheiß auf die Blutvergiftung, Hauptsache das Ding hört auf zu drücken. Dann mache ich die Wunde eben noch dreckiger. Na und? Wenn ich in diesem Dorf oder dieser Stadt bin, dann wird es dort auch irgendwo einen Arzt geben. Je schneller ich da bin, umso besser. Und auf einem Bein hinkend komme ich niemals dort an. Also los, nächster Versuch.
     
    Er hatte noch nicht einmal die Hand am Fuß, da hörte er es wieder rascheln. Irgendetwas war da. Aber was? Vielleicht waren es die ganz natürlichen Geräusche des Waldes… Vielleicht aber auch nicht. Und da war es wieder, dieses Geräusch von zerberstenden Zweigen. Ob es sich nun um einen der Irren handelte, um ein Reh oder einen Vogel, irgendetwas war dort und was immer es war, er wollte nicht, dass es da war. Es behagte ihm ganz und gar nicht. Wenn er nur wenigstens sehen konnte, worum es sich handelte, was die Quelle dieser Geräusche war. Eben hatte er eine Stimme gehört. Die kam jedoch von weiter weg. Ganz sicher von Mario oder Lasse. Auch wenn er ein ganzes Stück geschafft hatte, er war noch nicht außer Hörweite. Und inzwischen konnten sie ihm schon wieder ein ganzes Stück näher gekommen sein. Verdammt, sie konnten direkt hinter ihm sein und brauchten nur auf den einen Moment zu warten, wo sie ihn überraschten.
    „Ich weiß dass ihr da seid. Ihr könnt euch gerne zeigen. Ich hab keine Angst vor euch. Kommt doch einfach. Na los.“ Was immer ihn da jetzt wieder geritten hatte, eine Antwort erhielt er nicht.
    „Kommt doch einfach. Habt ihr Schiss oder was ist los? Ich lass mich…“
    Auf einmal schoss direkt neben ihm der nächste Vogel in die Luft. David quiekte wie ein kleines Kind und sprang auf.
    „Aaah!“
    Er zitterte am ganzen Leib.
    Im ersten Augenblick hätte er schwören können, dass Mario da war. Mario oder Britta oder auch Lasse. Egal wer. Vielleicht sogar der zu Tode gequälte Hund, der sich aus irgendeinem nicht rational fassbaren Grund wieder aufgerappelt hatte. Aber es war wieder nur ein Vogel . Nur ein blöder, einfacher Vogel, sonst nichts. Zum zweiten Mal in Folge hatte ihn ein winziges Federvieh fast zu Tode erschreckt. Wenn das hier so weiter ging, dann war er ein psychischer Totalschaden noch ehe er aus diesem Wald wieder draußen war.
     
    Er widmete sich wieder seinem Fuß. Seine Hand zitterte, doch es gelang ihm, die Spitze der Scherbe erneut zwischen zwei Finger zu bekommen. Die gleiche Prozedur (man hätte auch Tortur dazu sagen können) wie bereits zweimal zuvor. Er schloss die Augen, presste die Zähne aufeinander und spürte, wie die Tränen in seinen Augen brannten. Die Scherbe musste genau auf einem Nerv liegen. Sobald er sie berührte, schoss wieder ein Strahl durch ihn hindurch, der wie ein Blitz war.
    Sein ganzer Körper war im höchsten Maße angespannt.
    Doch nun hatte er sie.
    Na, endlich!
    Er konnte sie mit seinen Fingern ziehen, daran drehen. Er öffnete die Augen.
    Das  Blut siechte wie ein langsamer Bach aus ihm heraus, tropfte auf den mit Tannennadeln übersäten Waldboden. Jetzt sah er, dass die Scherbe so tief in seinem Fuß drinnen steckte, dass er, wenn er nicht aufpasste, ein noch viel größeres Loch in seine Haut reißen würde, als ohnehin schon vorhanden war.
    Das teuflische Ding würde ihm die gesamte Ferse aufreißen. Er würde sich Nervenbahnen ohne Ende damit beschädigen und vielleicht für alle Zeit zerstören.
    Aber der Schmerz war kaum mehr auszuhalten. Einmal hatte er mitten in der Nacht starke Zahnschmerzen gehabt. Als er es nicht mehr aushielt, ging er ins Badezimmer und beleuchtete die Angelegenheit im Spiegel. Er sah, dass ein Stück Fleisch zwischen zwei Zähnen steckte. Nur ein winziges Stück davon ragte heraus. Damals nahm er sich einen Zahnseidestick aus dem Alibertschrank seiner Mutter, und versuchte mit dessen Spitze den winzigen Fetzen heraus zu befördern. Jedes Mal, wenn er mit dem Stick in den Zwischenraum der beiden Backenzähne eindrang, in welchem sich der Fleischrest

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