Per Anhalter (German Edition)
Wohnung gegangen. „Faaaahr!“ brüllte er und endlich setzten sie sich wieder in Bewegung.
Werner hielt das Lenkrad zur Sicherheit fest.
Hoffentlich bekommt er das mit dem Bremsen hin , dachte er, denn Christian beschleunigte voll, wirbelte eine Staubwolke auf.
„Das sind echt tolle Leute, was?“,
„Konnte ich doch auch nicht wissen!“ Christian lallte beängstigend.
Sein Antlitz war wie das eines Clowns, der nach einer Vorstellung traurig durch den Regen gewatet war und dessen Schminke über sein Gesicht lief.
„Wir brauchen hier auf jeden Fall Verstärkung. Forder man gleich über Fun..“
WUMMS! Der nächste Knall unterbrach Werner.
Christians Kopf schleuderte nach vorn.
Er knallte gegen das Lenkrad.
Feine Blutstropfen spritzten durchs Auto. Die Frontscheibe war gesprenkelt von sommersprossenartigen roten Tropfen.
Es platschte, als ob jemand einen Eimer Wasser ausgekippt hätte.
Unglaublich aber wahr, Christian war erneut von einer Kugel getroffen worden.
Und so wie´s aussah, wieder am Kopf.
Seine Schädeldecke war offen wie die von Frankensteins Monster.
Rissig und mit Blut überströmt.
Werner stöhnte entsetzt auf, während der leidlich durchlöcherte Christian nur vollkommen umnachtet „Woah Scheißdreck!“ vor sich hin blubberte. Eher überrascht als entsetzt.
Dass der noch lebt , dachte Werner. Das Auto geriet aus der Spur. Werner packte das Lenkrad. Sie rasten mit hoher Geschwindigkeit auf die Kurve zu, hinter der sich das Moor befand. Allerspätestens jetzt, war Christian keinesfalls mehr Herr seiner Sinne.
Gleich zwei Kugeln waren durch ihn hindurch geschmettert.
Er atmete bereits schwer.
Werner versuchte sein rechtes Bein vom Gaspedal weg zu zerren. Sobald sie um diese Kurve waren, musste er irgendwie das verfluchte Steuer übernehmen. Schüsse fielen im Augenblick nicht. Vielleicht waren sie schon außer Reichweite oder hatten den gestörten Kerl mit der Staubwolke eingenebelt.
Dies bedeutete jedoch nicht, dass deshalb von vorn nicht noch jemand auf sie zu kommen konnte. Wenn man dies hier als eine Art real gewordene Geisterbahn ansah, dann würde weiter vorne definitiv noch etwas auf sie lauern. Dafür sprach auch das Ende der Befeuerung.
Teil 1 habt ihr überstanden, Leute. Mehr oder weniger jedenfalls. Einem von euch haben wir einen mächtigen Schlag ins Kontor bereitet. Mal schauen, wie ihr die Fortsetzung meistert. Zeit für Teil 2, Leute.
Wären die Unmengen Blut nicht gewesen, und die erheblich in Mitleidenschaft gezogene Schädeldecke, man hätte glatt meinen können, das Christian zufrieden aussah.
Sein Mund war geschlossen. Ein langer Streifen mit eher nach oben als nach unten deutenden Mundwinkeln.
Vielleicht war er schon in einer Art Wachkoma, jedenfalls war sein Bein total verkrampft und trat das Gaspedal voll durch.
Werner musste das Lenkrad weiterhin vom Beifahrersitz aus übernehmen und nebenbei versuchen, Christians Bein zu lösen. Es half nichts – Er musste mit der Faust auf sein Bein schlagen, um irgendeinen Reflex darin los zu reißen.
Und endlich lockerte er es.
Die Kurve kam immer näher.
Werner konnte sehen, wie sich Christians Brustkorb hob und senkte. Immer wieder.
Er war also noch immer am Leben. Wie gesagt, dies grenzte an ein Wunder.
Seine Kleidung war voller Blut, sein Gesicht, die Schädeldecke lag mehr oder weniger lose drauf und er konnte nicht mehr klar denken.
Irgendein Teil in seinem Hirn schien noch zu arbeiten.
Zuerst wusste er auch noch, wie man spricht, aber das war jetzt vorbei.
Seine Augen standen nur weit offen und starrten irgendwohin in die unendlichen Weiten totalitärer geistiger Leere.
Obwohl Werner es geschafft hatte, Christians Bein vom Gaspedal zu nehmen, war die Geschwindigkeit in der Kurve viel zu hoch.
Sie verließen kurzweilig die Spur und wären fast in eine der Fichten gebrettert.
Was dann passiert wäre, war gar nicht auszudenken. Das wäre die Einladung schlechthin für die Angreifer, wenn sie mit dem Auto irgendwo strandeten, sich vielleicht überschlagen hätten oder so.
Jetzt waren sie – zumindest vorerst – entkommen.
Werner funktionierte einfach nur, wie es so schön heißt. Er ließ das Auto ausrollen. Irgendwie musste er versuchen, Christian auf den Beifahrersitz zu hieven. Er konnte ihn ja schlecht hier im Wald liegen lassen. Obwohl es sicherer für ihn selbst gewesen wäre, genau das zu tun. Christian sah inzwischen dermaßen geistlos aus, dass es gar keine Frage mehr war,
Weitere Kostenlose Bücher