Per Anhalter (German Edition)
nicht.
Seine Hand umschloss den Türgriff, er zerrte daran, riss die Tür auf.
Der Hund bellte, knurrte.
Werner fiel auf den Sitz, der aufgeweicht war von Christians Blut.
Als seine Hand vorschnellte um die Tür zuzumachen, setzte der gigantisch große Hund zum Sprung an.
Er sah das alles wie in Zeitlupe.
Er wusste schon in dem Augenblick, als er den Hund sah, dass er gegen ihn kaum eine Chance hatte. Dieses Tier war schon viel zu dicht an ihm dran. Es war groß und schnell und voller Aggression. Gegen einen solchen Hund im Beuterausch war ein Mensch machtlos.
Er prallte mit seiner Schnauze gegen die Tür, knurrte voll barbarischem Zorn.
Der vordere Teil seines Kopfes war in der Tür eingeklemmt. Werner zog mit beiden Händen daran, als hoffte er, er könne der Bestie auf die Art das Maul regelrecht zerquetschen, es durchtrennen.
Doch der Hund wand sich. Seine Vorderpfoten kratzen an der Tür.
Seine Kraft war schier unglaublich.
Werner überraschte dies nicht.
Abgerichtete Hunde waren wie Muttertiere, deren Junge in Gefahr waren. Wie Löwen.
Und sie kämpften bis aufs Blut.
Werner zerrte so fest er konnte.
Blut und Geifer troffen aus dem Maul des vierbeinigen Ungetüms.
Es riss sich los.
Endlich konnte Werner die Tür ganz schließen. Der knurrende Hund sprang gegen das Seitenfenster.
Blutiger Schleim seiberte aus seinem Maul.
Er sprang auf die Motorhaube, fletschte seine riesigen spitzen Zähne. Werner legte den ersten Gang ein, als ein erneuter Schuss fiel.
Der Typ tauchte in weiter Entfernung zwischen zwei Bäumen auf, richtete die Waffe auf ihn. Werner beschleunigte voll.
Der Hund blieb auf der Motorhaube sitzen. Wieder wurde das Fahrzeug von einer Kugel getroffen. Das Geräusch von splitterndem Glas ertönte. Es kam von hinten – vermutlich nur ein Lampenglas.
Das Tier ließ sich indes nicht beeindrucken. Es blieb auf der Motorhaube. Er fuhr Schlangenlinien, beschleunigte auf über 80 Km/h, doch das satanische Vieh ließ nicht locker. Wenigstens war er nun außer Reichweite von diesem ausgeflippten Hünen mit der Kanone. Solange er fuhr, konnte ihm die Töle nicht das Geringste anhaben.
Spätestens wenn das Terrain fest war, würde er so schnell fahren können, dass es sich nicht mehr festkrallen konnte und nur noch durch die Luft wirbelte. Die Vorstellung, wie der Hund über die Straße schlitterte, und ihm durch die Wucht des Aufpralls die Pranken abgerissen wurden, bereitete ihm eine perverse Genugtuung.
Er war sehr tierlieb. Hunde waren sogar seine Lieblingstiere.
Aber dieser hier war böse und gehörte einem Irren . Wenn dieses Tier tot war und den Kampf verlor... Das wäre großartig. So hatte sich das sein Besitzer sicher nicht vorgestellt. Und der bescheuerte Hund sicher auch nicht. Plötzlich fing Werner an, wie ein Wahnsinniger zu lachen. Er fuhr wieder Schlangenlinien. Er fühlte sich dem Tier überlegen. Er hoffte, dass ihm seine Schnauze höllisch weh tat und dass es leiden musste, so wie er. Er bekam sich gar nicht mehr ein. Er lachte, ohne zu wissen warum.
Schweiß tropfte von seiner Stirn und er spürte wie sein Herz wild in der Brust hämmerte.
„Ja, du Wichser. Wie ist das, hä?“ Lachte er irre.
Überdies blendete er völlig aus, dass vor ihm vielleicht noch mehr Gefahr lag, und dass Christian, mit dem er vor einer knappen halben Stunde diesen Weg hier gefahren war, neben ihm Stück für Stück starb.
Der Tag hatte so gut angefangen. Am Morgen hatte die Sonne geschienen und er hatte mit seiner Frau auf dem Balkon gefrühstückt.
Sie hatten Tränen gelacht über die verblasste, aber immer noch wahnsinnig ulkige und gleichzeitig tragische Weise von Hanni Jensens Weg in die Frührente. Der arme Schussel hatte es doch vor einem Jahr tatsächlich (der Himmel allein weiß wie) geschafft, sich mit dem Anlasskabel seines Rasenmähers zu strangulieren. Er war fast anderthalb Minuten ohne Luft gewesen. Hätte sein Sohn ihn nicht gefunden... Dann wäre das ganze wohl längst nicht mehr so lustig.
Hatte er aber.
Okay, er war seither nicht mehr ganz klar bei Verstand, aber war er das vorher? Wie oft hatten er und seine Frau aus dem Fenster geschaut und die skurrilsten Dinge in Nachbars Garten live miterlebt. Die Torfnase war von der Leiter gekippt, hatte sich im Gartenzaun verheddert, wurde von Bienen verfolgt und kreischte wie ein kleines Mädchen, und einmal hing er sogar kopfüber im Teich und strampelte wild und unbeholfen mit den Beinen.
Seine Frau brauchte immer
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