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Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens

Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens

Titel: Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerth Medien GmbH
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zu feuern und luden ihre Waffen neu. Wenn sie getrennt wurden, schrien sie sich gegenseitig etwas zu. Manchmal bebten die Wände, als gingen weitere Bomben los. Einmal schrie einer der Schützen aufgeregt: „Heute werde ich sterben! Yeah!“
    Wir saßen weiter zusammengekauert in dem Gewächshaus und hörten Schüsse und Schreie aus der Bibliothek, die sich im selben Gang befand. Plötzlich ging das Handy von einem Jungen los, der in der Nähe des Fensters kauerte, und wir erschraken alle. Mehrere Schüler flüsterten: „Pssst!“
    Der Junge stellte rasch den Ton ab und schaute auf die Nummer. „Es ist mein Vater“, flüsterte er entschuldigend. Dann ging ein weiteres Handy los, was weiteres „Pssst!“ nach sich zog. „Meine Leute von zu Hause“, sagte ein Mädchen hinter mir. Dann noch ein Handy.
    „Schaltet sie aus“, flüsterte jemand heiser. „Die Dinger verraten uns sonst.“
    Als alle Handys abgestellt waren, mussten wir an unsere besorgten Familien zu Hause denken. Was auch immer hier gerade geschah, sie wussten wahrscheinlich mehr als wir. Und was auch immer sich hier gerade abspielte, es war etwas sehr Schlimmes.
    Über eine Stunde lang gingen das irre Rufen, die Schießerei und die Schreie weiter. Dann legte sich eine unheimliche Stille über alles. Wir vierzig Schülerinnen und Schüler saßen dreieinhalb Stunden lang zusammengekauert auf dem Boden, flüsterten miteinander und beteten still.
    Irgendwann waren andere Stimmen auf dem Gang zu hören. Wir blickten alle zur Tür. Dann rief ein erwachsener Mann: „Gebt Deckung für diesen Abschnitt.“ Wir konnten schwere Schritte hören und dann die Antwort: „Alles klar!“
    Die Tür wurde aufgestoßen. Mehrere Schüler holten tief Luft, aber vor uns stand ein uniformierter Polizist des mobilen Einsatzkommandos. „Alles in Ordnung; kommt her, bleibt hinter den Schilden. Schnell!“, sagte er.
    Wir rappelten uns vom Boden auf und standen einer Reihe von Polizisten gegenüber, die ihre Schilde erhoben hatten, um uns Schutz zu geben, während wir gebückt neben ihnen hergingen. Als wir am Ess-Saal vorbeikamen, bot sich uns ein chaotisches Bild von zertrümmerten Scheiben und verstreuten Büchern und Essenstabletts. Mannomann, wer das gemacht hat, muss richtig wütend gewesen sein!, dachte ich.
    Erst als wir draußen waren und um die Ecke bogen, sah ich, dass zwei Leichen ausgestreckt auf dem Gehweg ganz in der Nähe der Schule lagen. Moment mal. Das war aber mehr als nur ein Streit im Ess-Saal. Was ist hier los?, dachte ich.
    In den vielen Stunden im Gewächshauswar es mir nie auch nur in den Sinn gekommen, dass durch die Schüsse tatsächlich Menschen getötet worden sein könnten.
    „Los, Kinder, kommt schnell, beeilt euch. Geht zu den Wagen“, drängte uns einer der Polizisten mit einem Schild. Wir hasteten an den Leichen vorbei und konzentrierten uns ganz auf die Polizeiwagen, die am Ende des Bürgersteiges warteten. Von der Schule aus wurden wir in den nahe gelegenen Clement Park gebracht, wo wir kurz befragt wurden. Als uns später dann Polizisten und Mitarbeiter des Roten Kreuzes zu den Schulbussen begleiteten, rannten Fernsehreporter und Kameraleute hinter den Absperrungen der Polizei neben uns her.
    „Wo wart ihr während der Schießerei?“, riefen sie uns zu. „Wart ihr in dem Raum, in dem der Lehrer umgekommen ist?“
    Lehrer umgekommen? Meine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Wir ignorierten die Reporter und gingen weiter in Richtung der wartenden Fahrzeuge.
    Als sie im Bus in Sicherheit waren und die schreckliche Anspannung endlich nachließ, brachen manche der Schüler in lautes Schluchzen aus. Die meisten von uns standen aber immer noch unter Schock und konnten nichts sagen. Von den beiden Vertrauenslehrern unserer Schule erfuhren wir, dass die Schützen auch Bomben geworfen hatten und mehrere Schüler verletzt worden waren. Wir wurden in eine nahe gelegene Grundschule gebracht, wo unsere Familien uns bereits erwarteten.
    Die Eltern dort suchten die Gruppe der Ankommenden hektisch mit Blicken ab, um festzustellen, ob ihr Kind auch dabei und somit in Sicherheit war. Ich konnte meine Eltern schnell unter den Wartenden ausmachen, außerdem fast alle Mitarbeiter aus unserer Gemeinde, und wir fielen uns erleichtert in die Arme.
    In der langen Nacht, die diesem Tag folgte, gab es dann auch Meldungen über Schüler und Schülerinnen, die nicht zurückgekehrt waren, darunter auch meine Freundin Cassie Bernall. Am nächsten Tag

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