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Per Saldo Mord

Per Saldo Mord

Titel: Per Saldo Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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ich die Hausarbeit mache und koche und hinter ihr herräume. Und ich bin auch gern mit ihr zusammen, weil sie soviel erlebt. Wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, erzählt sie mir, was es Neues im Hotel gibt, und am Morgen, beim Frühstück, frage ich sie über ihre Verabredungen aus, worüber sie sich unterhalten haben und ob ihr Begleiter Annäherungsversuche gemacht hat... na, eben über alles. Ein weniger geduldiges Mädchen hätte mich schon längst vor die Tür gesetzt, um sich die ewige Fragerei vom Halse zu schaffen. Aber Bernice ist eine wundervolle Kameradin. Sie ist so verständnisvoll, und ich glaube wirklich, Donald, daß sie spürt, was mit mir los ist. Ich bin zu schüchtern und zu ungewandt und zu sehr Mauerblümchen, um selbst was zu erleben. Bernice ist meine Stellvertreterin. Ich lebe ihr Leben mit, aber sozusagen nur von der Zuschauertribüne aus.«
    »Was für einen Beruf haben Sie, Ernestine?« fragte ich.
    »Ausgerechnet Buchhalterin! Maschineschreiben und stenographieren kann ich auch, aber ich hab’ gern mit Zahlen zu tun. Ich schreibe schnell und gut leserlich, ich kann Zahlenreihen schnell und richtig zusammenzählen oder auf der Addiermaschine runtertippen, und mir unterläuft niemals ein Rechenfehler.
    Sehen Sie, der Beruf ist, auch wieder typisch für mich. Die Sekretärinnen in meiner Firma machen sich hübsch zurecht, gehen zum Diktat, und der Boß nimmt Notiz von ihnen. Nicht daß er aufdringlich wird oder ihnen nachstellt; aber er macht ihnen Komplimente, wenn ihm ein Kleid gefällt oder so. Eine Buchhalterin dagegen hockt irgendwo unbeachtet in einem Winkel, und kein Mensch interessiert sich dafür, ob sie nett aussieht oder sich nett anzieht. Eben Mauerblümchen! Das ist mein Platz im Leben.«
    »Wissen Sie was?« sagte ich. »Sie würden einen fabelhaften weiblichen Spürhund abgeben.«
    »Wirklich?«
    Ich nickte.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Also erstens fallen Sie nicht zu sehr auf. Gerade die Eigenschaften, über die Sie sich beklagen und die bewirken, daß man Sie im Büro nicht beachtet, sind einfach ideal für jegliche Ermittlungsarbeit. Sie könnten jemanden beschatten, ohne daß Sie der Betreffende bemerkt und Verdacht schöpft. Wenn Sie Erkundigungen einziehen, wird man Ihnen bereitwillig Auskunft geben, weil man Sie für eine harmlose, sympathische, freundliche Person hält. Außerdem haben Sie einen scharfen Verstand und eine erstaunlich gute Beobachtungsgabe; Ihr Gedächtnis funktioniert ausgezeichnet, und Sie sind unvoreingenommen — auch sich selbst gegenüber. Sie ahnen gar nicht, wie wichtig das in meinem Beruf ist.
    Sobald ich wieder in Los Angeles bin, werde ich herumhorchen und sehen, ob ich einen geeigneten Job für Sie finde. Dann wird sich ja zeigen, ob Sie den Mut haben, Ihr Mauerblümchendasein mit dem wirklichen Leben zu vertauschen.«
    »Würde das bedeuten, daß ich meine derzeitige Stellung aufgeben müßte?« fragte sie.
    »Ich fürchte, ja. Wäre das ein sehr großes Opfer für Sie?«
    »Nein, gar nicht.«
    »Würden Sie unter Umständen eine neue Stellung finden, falls aus unserem Projekt nichts wird?«
    »Bestimmt. Wann und wo es mir paßt. Wie heißen Sie wirklich, Donald?«
    Ich reichte ihr eine von meinen Visitenkarten, und sie nahm sie so ehrfürchtig entgegen, als wäre sie auf Platin gedruckt. »Wie lange sind Sie schon in Ihrer derzeitigen Stellung, Ernestine?«
    »Sieben Jahre.«
    »Das hab’ ich mir ungefähr gedacht. Sie gehören zu der Sorte Mädchen, die ohne viel Tamtam ihre Arbeit machen und nicht mal ein Lob dafür erwarten. Das ist auch der Grund, warum Bernice Sie so gern um sich hat. Sie fuhrwerken in der Wohnung herum, halten alles tadellos sauber und erwarten gar nicht, daß Bernice Ihnen mal zur Hand geht. Ich könnte beinahe wetten, daß Ihre Freundin ihren Kram wahllos über die ganze Wohnung verstreut. Aber wenn sie abends nach Hause kommt, ist ihr Bett gemacht, sind ihre Sachen weggeräumt, gewaschen und gebügelt — und ich hab’ so eine Ahnung, daß es bei Ihnen im Büro nicht viel anders ist. Ernestine Hamilton sorgt unauffällig für Ordnung, macht Überstunden, wenn es sein muß, und ist die gute Fee für andere. Ihre Kollegen wissen wahrscheinlich gar nicht, wie unentbehrlich Sie für den Betrieb sind.
    Das wird sich erst herausstellen, wenn Sie mal nicht mehr da sind. Dann werden die Leute plötzlich merken, was sie an Ihnen hatten, und der Boß wird sich die Haare raufen und brüllen: >Wo, zum Teufel,

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