Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
konnte.
»Völlig unmöglich«, sagte auch Linda. »Durch die Hecke hier kommt keiner.«
Claire schüttelte den Kopf und zog die Stirn in Falten.
»Und wohin sollen die beiden dann verschwunden sein? Noch dazu mit irgendetwas
Schwerem
, das sie getragen haben? Wenn sie damit den Weg entlanggegangen wären, dann hätten wir sie doch gesehen. Haben sie sich etwa in Luft aufgelöst?«
»Wisst ihr, was?«, sagte Percy plötzlich. »Wir brauchen doch nur ihren Spuren zu folgen. Wenn sie etwas Schweres getragen haben, dann müssten die trotz des gefrorenen Bodens zu sehen sein.«
Claire pfiff anerkennend durch die Zähne. »Du bist ja ein richtig ausgefuchster Detektiv.«
Percy wurde rot, aber das bekamen die Mädchen gar nicht mehr mit, weil sie bereits mit Feuereifer den Boden nach Spuren absuchten.
»Hier! Das müssen sie sein«, sagte Claire. »Sind nicht besonders gut zu erkennen, aber dieser Halbkreis hier könnte von Cyrils Stiefeln stammen.« Dann schüttelte sie ärgerlich den Kopf. »Das gibt’s doch gar nicht. Schaut euch das mal an. Die Spuren führen genau bis zu diesen Hagebuttensträuchern und hören dann auf.«
»Vielleicht haben sie sich
wirklich
in Luft aufgelöst«, sagte Linda.
»Lasst uns doch auf die Wiese zurück.« John sah sich nervös nach allen Seiten um.
»Ich will jetzt wissen, wo die hin sind!« Trotzig machte Claire einen Schritt auf die Hecke zu. Percy wollte sie festhalten, weil die Hagebutten an dieser Stelle ganz besonders viele spitze Dornen hatten. Doch seine Cousine war so schnell, dass er sie nicht mehr zu fassen bekam. Und plötzlich war sie verschwunden.
»Einfach in Luft aufgelöst«, sagte Linda.
»Das ist
überhaupt nicht
lustig!«, ärgerte sich John. »Ihr habt gesagt, dass wir zur Lichtung wollen, das habt ihr Brenda sogar versprochen, und ihr wisst ganz genau, dass es strengstens verboten ist, zum Schwarzwassersee zu gehen, und …«
Weiter kam er nicht, denn Linda hatte ihn am Handgelenk gepackt und zog ihn und Percy mit sich, genau auf die Hecke zu. Aber statt zerstochen und zerkratzt zu werden, standen sie plötzlich in einer Art Hohlweg, der wie ein Tunnel durch die dornigen Sträucher führte. Claire wartete bereits auf sie.
»Menschenskinder«, staunte Percy. »Ein Geheimweg.«
»Allerdings.« Claire nickte. »Und noch dazu ein richtig guter.«
»Jemand hat die Sträucher so geschnitten, dass sie vom Waldweg aus undurchdringlich wirken«, erklärte Linda.»Wenn man aber die Augen zusammenkneift und genau hinsieht, erkennt man, dass es eine optische Täuschung ist.«
»Meint ihr, das waren Jason und Cyril?«, fragte John und kramte einen weiteren Karamellbonbon aus seiner Tasche.
»Nie im Leben.« Claire schüttelte energisch den Kopf. »So etwas würden die beiden ganz bestimmt nicht hinkriegen. Die können mit einer Heckenschere auch nicht besser umgehen als du oder ich.«
»Aber wer war es dann?« John kaute nervös auf seinem Bonbon herum.
»Das werden wir schon noch herausfinden. Kommt!« Claire ging los und winkte ihnen zu. Linda lief ihrer Schwester sofort hinterher, John und Percy hingegen folgten etwas zögerlich.
»Bislang hieß es immer, dass es nur
einen
Weg hinunter zum Schwarzwassersee gibt. Und den hat Onkel Cedric sperren lassen«, erzählte John ihm leise. »Es ist allerstrengstens verboten, zum See zu gehen, oder besser gesagt, es auch nur zu versuchen, denn eigentlich sollte es ja gar nicht mehr möglich sein. Onkel Cedric hat gesagt, wenn er uns trotzdem am Schwarzwassersee erwischt, schließt er uns für eine Nacht ins Verlies ein.«
»Ins Verlies?«, fragte Percy mit großen Augen.
»Ganz unten im Schlosskeller. Da soll es Tausendfüßler geben, die so dick wie mein Arm sind. Und tellergroße Spinnen mit haarigen Beinen.«
Percy wusste nicht, was er schlimmer finden sollte: die Tatsache, dass sie zu einem Ort unterwegs waren, der offenbar gefährlicher oder zumindest noch verbotener war als die Würzsaucenfabrik, oder die Aussicht, in ein Verlies gesperrt zu werden, in dem es vor unheimlichem Getier nur so wimmelte. Auf jeden Fall wusste er inzwischen ganz genau, dass es wesentlich komfortabler war, von solchen Abenteuern nachts unter der Bettdecke zu
lesen
, als sie tatsächlich zu
erleben
.
Der Hohlweg machte einige Biegungen, sodass es eine ganze Weile dauerte, bis sie wieder herausgelangten. Zum Glück war dieser Teil des Waldes längst nicht so düster und kalt, wie Percy befürchtet hatte. Im Gegenteil, die Bäume,
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