Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
Reitern im Fernsehen gesehen hatte. Offenbar hatte er selbst Grand Duc den Befehl zum Stehen erteilt. Wie war das nur möglich? Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Erst dieses komische Gefühl, das er unten im Dorf und etwas später im Schloss verspürt hatte – und nun hantierten seine Hände mit dem Zaumzeug von Grand Duc, als ob sie nie etwas anderes getan hätten. Ein Kribbeln durchfuhr ihn und er drückte automatisch die Hacken nach unten, presste die Unterschenkel an den Bauch des Pferdes und schnalzte leise mit der Zunge. Völlig selbstverständlich folgte Grand Duc seinen Anweisungen und ging im Schritt auf die Reithalle zu. Percy saß kerzengerade im Sattel, nur seine Hüfte bewegte sich im Rhythmus des Pferdes vor und zurück. Ungläubig blickte Percy an sich hinunter. Claire hatte recht gehabt: Er konnte reiten! Und es machte ihm sogar Spaß! Abgesehen davon, dass er immerwieder eine Gänsehaut bekam, weil er sich das alles nicht erklären konnte, hatte er sich noch nie so gut gefühlt.
Was man von John in diesem Moment nicht behaupten konnte.
»Nun mal los, Lord John!«, schrie Mr Brumming ihn gerade an. »Was machen Sie denn mit Ihren Hacken? Durchdrücken, wenn’s recht ist!«, rief der Reitlehrer, dessen Kopf so rot war wie eine Grilltomate, kurz bevor sie platzt. »Und gerade sitzen, Sie hängen ja da oben wie ein Affe auf dem Schleifstein. Rücken gerade, Absätze tief, wie oft muss ich Ihnen das denn noch sagen!«
Percy winkte John übermütig zu und lenkte Grand Duc in die Reitbahn.
»Nehmen Sie sich ein Beispiel an dem kleinen Pumpkin!«, rief Mr Brumming John zu. »
So
sitzt ein guter Reiter auf dem Pferd.«
»Ich dachte schon, du wolltest kneifen«, bemerkte Claire, die zu Percy galoppiert war und dort ihr fuchsbraunes Pferd zum Schritt durchparierte. »Das ist übrigens Sommerwind«, sagte sie und klopfte ihrem Fuchs den Hals.
Dann fuhr sie fort: »Für einen Moment haben Linda und ich sogar überlegt, ob wir Cyril gegenüber den Mund nicht doch ein bisschen zu voll genommen haben. Aber du kannst ja
wirklich
richtig gut mit dem alten Untier umgehen. Alle Achtung!«
Percy wollte gerade etwas erwidern, als ein gewaltiges Dröhnen und Pfeifen ertönte. Die Sprinkleranlage, von derWallace beim Frühstück gesprochen hatte, war aus heiterem Himmel angesprungen. Über Percy, John, die Zwillinge und Mr Brumming brach ein kalter Platzregen herein und versetzte die Pferde in Panik.
John gelang es nicht, Little Darling zu beruhigen. Der kleine Schimmel stieg einige Zentimeter in die Höhe und preschte dann los, mit Schaum vor dem Mund und ängstlich aufgerissenen Augen.
»Absätze runter, Rücken gerade, GERADE! Die Zügel vorsichtig anziehen. VORSICHTIG!«, schrie Mr Brumming gegen das Dröhnen der Sprinkleranlage an. Aber John hatte jegliche Kontrolle über sein Pferd verloren. Little Darling raste in gestrecktem Galopp durch den künstlichen Regen direkt auf das geschlossene Gatter zu, das nach draußen zum Südhof führte.
Alle hielten den Atem an. Selbst Mr Brumming hatte zu schreien aufgehört. Gebannt sahen sie zu, wie die Stute in einem großen Satz über das Tor sprang.
Für einige Sekunden waren der Reitlehrer und die Kinder sprachlos, dann rutschte Claire aus dem Sattel. »Hinterher!«, schrie sie und öffnete das Gatter.
Wenig später hatten alle die Halle verlassen. Claire war wieder auf ihren Fuchs gestiegen und Mr Brumming hatte, so schnell er konnte, ein Pferd aus dem Stall geholt und sich ohne Sattel auf dessen Rücken geschwungen. Percy ritt als Letzter auf den Hof und folgte den anderen über einen schmalen Feldweg auf den Springplatz.
»Herrgott, steh, Little Darling! Steh, hab ich gesagt!«, hörte er Mr Brummings Stimme donnern.
Tatsächlich hatte der Reitlehrer es geschafft, Johns durchgegangenes Pferd zum Halten zu bringen. Little Darling tänzelte noch etwas nervös hin und her, wirkte aber schon wesentlich ruhiger. Die Stute ließ sich über die Nüstern streichen, den Schaum abwischen und beruhigend ins Ohr flüstern. John saß immer noch zusammengekrümmt im Sattel und sah aus, als ob er ebenfalls ein paar aufmunternde Worte gebrauchen könnte. Er schielte Hilfe suchend zu Claire und Linda, vermutlich weil ihm klar war, dass von Mr Brumming nichts Freundliches zu erwarten war.
Im nächsten Moment erkannte Percy, wer gerade auf dem Springplatz trainierte: Cyril, Jason, Gack und Gock!
»Na, Dickerchen, hast dir ein
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