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Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Titel: Perdido - Im Bann des Vampirjägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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alle so fürchterlich, dass man kaum ein Wort versteht. Ihr müsst wirklich deutlicher sprechen. Dann bleibt uns wohl nichts anders übrig, als kehrtzumachen und vom Hafen aus in die andere Richtung zu gehen.«
    Die vier anderen funkelten ihn wütend an, dann machten sie kehrt und stapften schwerfällig in die entgegengesetzte Richtung.
     
    Nur ab und zu brach ein gedämpfter Befehl, den ein Seemann dem anderen zurief, die nächtliche Stille. Ein kräftiger Wind blies Hugo das Haar aus dem Gesicht und blähte das Segel. Die Eisenfaust pflügte schaukelnd durch die Wellen, immer auf Kurs in Richtung Frankreich. Bald würden sie ihr Ziel erreicht haben. Hugos Gedanken wandten sich der Reise zu, die anschließend vor ihm lag.
    Er holte die Abschrift von Marcellos Karte aus dem Tornister, breitete sie auf dem Deck aus und beschwerte eine Ecke mit einer Lampe. Dann holte er die große Karte aus Onkel Walters Arbeitszimmer hervor, strich sie ebenfalls glatt und beschwerte sie an allen vier Ecken mit allem Möglichen, das ihm in die Finger kam. Er legte sich bäuchlings aufs Deck und wandte sich zunächst Marcellos Karte zu.
    Er sprach die Buchstaben auf der Legende nacheinander halblaut vor sich hin. Womöglich waren es ja lautmalerische Hinweise. Aber leider ergab die obere Zeile nur Kauderwelsch, die unterekonnte man gar nicht aussprechen. Vielleicht handelte es sich ja um die Sprache eines afrikanischen Eingeborenenstammes, die Marcello auf seinen Reisen erlernt hatte. Oder es war ein Akronym und jeder Buchstabe war der Anfangsbuchstabe einer Anweisung.

    Hugo kniff die Augen zu und fuhr sich durchs Haar. Hätte er sich dabei von außen beobachten können, wäre er wohl selbst verblüfft gewesen, wie ähnlich er seinem Onkel in diesem Augenblick sah.
    Ein scharrendes, schleifendes Geräusch ließ Hugo die Augen wieder öffnen. Herkules zog eine ausgemergelte Ratte am Schwanz zu einem offenen Fass. Vor dem Fass waren bereits fünf, sechs bewusstlose Ratten zu einem räudigen Haufen aufgetürmt.
    »Du hast mich erschreckt, Herkules.«
    Der Mäuserich reckte das Kinn, sträubte die Barthaare und sah Hugo an.
    »Das wollte ich nicht!«, raunte er. »Wie unziemlich von mir, deine Muße zu stören. Ich muss wirklich besser aufpassen, dass ich bei meiner Arbeit nicht solchen Lärm mache, wenn ich diese flohverseuchten fetten Viecher durch die Gegend wuchte. Soll ich sie lieber vorher mit Öl übergießen oder am besten gleich kahlscheren, damit ihr borstiges Fell nicht so unschön übers Deck scharrt?«
    Hugo musste grinsen. »Das wäre nun auch wieder übertrieben. Schnauf einfach nicht so laut.«
    »Welche Ehre, dass ich überhaupt atmen darf, Euer Hoheit.« Herkules setzte eine Pfote hinter die andere und vollführte einen formvollendeten Kratzfuß.
    Der belustigte Hugo widmete sich wieder Marcellos Karte. Er stellte sich eine Kette schroffer, mit Schnee und Eis bedeckter Berggipfel vor strahlend blauem Himmel vor. Er fuhr die gezackten Flanken mit dem Finger nach, dann nahm er sich die große Karte vor.
    Irgendwann am folgenden Tag würden sie im Hafen von Dieppe anlegen.

    Hugo tippte auf den Hafen, dann ließ er den Zeigefinger in Schlängellinien durch Europa wandern, über Länder, Hügel und Wälder. Im Nu hatte er Frankreich durchquert, hielt kurz zwischen Bayernund Böhmen inne, überquerte dann die Grenze zu Österreich, ließ Ungarn links liegen und erreichte schließlich Rumänien. Wenn es doch nur so einfach wäre!
    Dort angekommen, musste er die kleine Ortschaft Lovdiv finden, denn erst von da ab wurde es richtig ernst. Er beugte sich so tief über die Karte, dass er beinahe mit der Nasenspitze darauf stieß, und holte sich die Lampe näher heran. Der rötliche Schein fiel auf das Papier. Lovdiv lag am Fuß der Südkarpaten, so viel wusste Hugo, ganz dicht an der rumänischen Grenze.

    Drei mit kleinen roten Punkten bezeichnete Dörfer vor der rumänischen Grenze kamen infrage, aber da die Karte so großformatig war, waren alle drei nicht mit Namen versehen. Hugo sah sie sich alle der Reihe nach an. Welches davon mochte Lovdiv sein? Zwei der Ortschaften lagen an einem Bach oder Fluss, die dritte am Rand des Waldes, der die Südgrenze zu Rumänien bildete. Hatte Otis nicht erzählt, dass die angeblichen Kaufleute Marcellos Tornister an einem Flussufer entdeckt hatten?
    »Du siehst ja so selbstzufrieden aus.« Herkules trippelte über die Karte und beschnüffelte die Tinte unter Hugos Finger. »Soll ich meine

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