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Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Titel: Perdido - Im Bann des Vampirjägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mich an etwas Schönes, das ich mit ihnen erlebt habe, dann geht es mir wieder besser. Willst du das nicht auch mal versuchen?«
    Lupus nickte zustimmend und schloss die Augen.
    »Also … ich war mit meinen Freunden im Wald spielen und komme gerade nach Hause. Mein Vater schläft, meine Mutter wartet schon mit meinem Lieblingsessen.« Ein zufriedenes Lächeln ging über sein bärtiges Gesicht und seine Nüstern blähten sich, als röche er köstliche Düfte.
    »Ich bin auch immer gern zum Abendbrot nach Hause gekommen«, sagte Hugo sehnsüchtig. »Was gibt es denn bei euch? Mein Lieblingsessen war immer Gemüsesuppe.«
    Lupus schüttelte den Kopf und kniff die Augen fester zu. »Bei uns gibt’s Lamm.«
    »Lecker. Gekocht oder gebraten?«
    »Weder noch.« Lupus leckte sich die Lippen. »Roh.«
    »Klingt, äh … interessant«, sagte Hugo skeptisch.
    »Interessant? Du meinst wohl ›eklig‹«, raunte Herkules.
    »Sag mal, Lupus, was hat dir dein Vater denn nun über ›Ursas Maul‹ erzählt«, fragte Kristall dazwischen.
    Lupus schlug die hellgrauen Augen auf und seufzte. Er schien enttäuscht, aus seinen Träumereien gerissen worden zu sein. »Er hat mich davor gewarnt. Er meinte, wer so leichtsinnig sei, diese unselige Schlucht zu betreten, würde unweigerlich von dem dort hausenden Ungeheuer gefressen – der Grässliche Gokilla wird es genannt. Es handelt sich um einen Vampiraffen, der hoch oben auf dem Felsen leben soll. Wir drücken uns am besten dicht an die Felswand und hoffen darauf, dass er uns von oben nicht erspäht.«
    »Und was ist so grässlich an ihm?«, wollte Herkules wissen. »Womöglich ist er ja gar kein übler Bursche und das Ganze ist bloß ein Vorurteil. Man soll ja nicht immer gleich nach dem Äußeren gehen. Vielleicht ist er ja eher hässlich als grässlich.«
    »Er bewacht diese Felsklamm und kennt keine Gnade gegenüber Eindringlingen«, fuhr Lupus unbeirrt fort. »Es heißt, wenn er einen Wanderer zu fassen kriegt, beißt er ihm den Kopf ab, spuckt den Kopf wieder aus und nimmt den Leichnam mit hoch auf seinen Ausguck, wo er sich so mit Blut vollsäuft, dass er sich kaum noch rühren kann.«
    »Ich nehm’s zurück«, entgegnete Herkules. »Das klingt doch ganz schön grässlich.«
    Hugo gab sich einen Ruck. »Dann wollen wir mal weiter.«
    »Halt!«, zischelte Kristall. »Wisst ihr noch, was ich seinerzeit vorhergesagt habe? Dass ich einen Kampf gesehen habe, von dem Hugo nicht wiederkehrt?«
    »Du darfst mich gern berichtigen, wenn ich mich irre«, erwiderte Herkules, »aber wenn ich mich recht entsinne, hatte der Kampf etwas mit einem Bären zu tun. Wenn es hier oben zum Kampf kommt, ist unser Gegner ja wohl ein Affe und kein Bär.«
    »Da fällt mir etwas ein«, sagte Hugo. » Ursus heißt auf Lateinisch Bär, Ursa ist die Bärin.«
    »Seit wann sprichst du denn fließend Latein?«, fragte Herkules.
    »Onkel Walter hat mir die Sternbilder beigebracht. Die muss jeder Kartenmacher kennen. Ursa Major ist die lateinische Bezeichnung für den Großen Bären, ein ganz bekanntes Sternbild.«
    »Dann heißt die Klamm da vorn übersetzt ›Bärenmaul‹!«, quiekte Herkules entsetzt. »Du darfst auf keinen Fall hineingehen! Ich verbiete es dir! Ich will nicht, dass du stirbst!«
    Hugo kraulte ihm beschwichtigend den Bauch. »Ich dachte, du glaubst nicht an Kristalls Vorhersagen?«
    Herkules schielte zu der Katze hinüber. »Stimmt schon. Eigentlich nicht. Aber sicher ist sicher.«
    »Es ist lieb von dir, dass du dir solche Sorgen um mich machst, aber wir müssen es trotzdem versuchen. Wenn wir Onkel Walter befreien und das Juwelenschwert suchen wollen, müssen wir es mit dem Grässlichen Gokilla aufnehmen. Sollte es mir nicht gelingen, die Schlucht zu durchqueren, ohne gefressen zu werden, müsst ihr drei eben ohne mich weiterziehen.«
    »Verlass dich auf uns!«, erwiderte Hugo, aber seine Knopfaugen glänzten verdächtig, als er auf Hugos Schulter kletterte.
    »Wir lassen dich nicht im Stich«, meinte auch Lupus, aber sein Ton war immer noch bedrückt.
    Kristall war zu bewegt, um etwas zu sagen, aber sie schmiegte sich an Hugos Waden.
    »Keine Bange. Mir wird schon nichts passieren«, sagte Hugo abschließend. »Wir bleiben immer zusammen und sind ganz leise.«
    Er betrat die Schlucht.

35. Kapitel
    E
s war windstill, aber trotzdem bitterkalt. Hugo ging voraus. Die Schlucht war so eng, dass er mit ausgebreiteten Armen beinahe beide Wände hätte berühren können. Hugo hatte das

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