Perdido - Im Bann des Vampirjägers
beklemmende Gefühl, dass ihn die Felsen erdrücken wollten. Er atmete leise schnaufend durch den Mund, seine Schritte knirschten im Schnee. Mit eingezogenem Kopf schob er sich an der Felswand entlang und behielt dabei wachsam die gegenüberliegende Seite im Auge.
Der V-förmige Himmelsausschnitt über ihnen wurde allmählich größer. Mit jedem zaghaften Schritt näherten sie sich der breitesten Stelle der Schlucht. Ein Eisklumpen kam den Felshang herabgepoltert und landete zu ihren Füßen dumpf im Schnee, zwei weitere folgten. Hugo blieb sofort stehen und machte sich noch kleiner, Hugo und Kristall taten dasselbe.
Sie warteten eine gefühlte Ewigkeit und suchten mit den Blicken die Felsen ab. Zu guter Letzt hauchte Hugo: »Fehlalarm. Wahrscheinlich ist ein Stück Eisschicht abgerutscht oder so.«
»Kein Grund zur Aufregung«, bestätigte Herkules munter. »Die Mieze und der Strubbelkopp haben uns unnötig Angst eingejagt. Ich möchte fast wetten, dass es gar keinen Grässlichen Go…«
Da gellte ein schriller Schrei durch die enge Schlucht. Ein zweiter Schrei kam von oben, dann grunzte es ein paarmal hintereinanderzornig und schließlich sahen sie eine schattenhafte Gestalt mit einem Riesensatz über die Schlucht hinwegspringen und sich mit beiden Armen an der gegenüberliegenden Felswand festhalten.
Die Kreatur ließ eine Hand los, kratzte sich träge und spähte über die Schulter ins Tal hinunter. Sie war so groß wie ein kleiner Elefant, der Leib war gedrungen, die Arme lang und kräftig, die Beine kurz und dick. Das weiße Fell war zottig, nur Hände, Füße und Gesicht waren schwarz und ledrig.
»Holla«, sagte Herkules verlegen. »Da habe ich mich wohl doch geirrt. Trotzdem besteht kein Grund zur Sorge. Er hat uns noch nicht geseh…«
Der Affe kreischte freudig auf und schnitt eine irre Fratze, dann schwang er sich geschickt bergab.
»Hör auf, das Schicksal herauszufordern, Herkules!«, rief Hugo. »Los, lauft!«
Lupus übernahm die Führung und stürmte mit langen Schritten voran. Kristall war ihm dicht auf den Fersen. Hugo tat sein Möglichstes, aber er rutschte immer wieder auf dem festgebackenen Schnee aus.
Der Gokilla war inzwischen auf dem Grund der Schlucht angekommen und setzte jetzt den Eindringlingen nach. Seine breiten Schultern streiften die Felswände. Er stemmte mit durchgedrückten Armen die Fäuste in den Schnee und zog Rumpf und Hinterbeine in unbeholfenen Sprüngen nach.
»Er holt uns ein!«, rief Herkules.
Hugo warf einen Blick über die Schulter. Der plumpe Umriss des Untiers ragte dicht hinter ihm auf. Als Hugo weiterlief, stolperte er und landete auf dem Bauch. Herkules wurde durch die Luft geschleudert und kullerte Purzelbäume schlagend durch den Schnee, wobei die Flocken in seinem Fell haften blieben. Als er schließlich liegen blieb, glich er einem kleinen Schneeball, aus dem nur Kopf und Pfoten herausschauten.
Hugo rappelte sich hoch und warf einen Blick auf den Boden. Worüber war er gestolpert? Hinter ihm im Schnee lag ein menschlicher Kopf, das Gesicht in Todesangst zu einer schaurigen Grimasse verzogen. Der Tote hatte dichtes, verfilztes Haar, bleiche Haut und Bartstoppeln auf dem herabhängenden Unterkiefer.
Vor lauter Schreck konnte sich Hugo einen Augenblick lang nicht rühren, was der Gokilla sofort ausnutzte. Das Riesenvieh packte den Jungen am Kragen, hob ihn hoch und beschnüffelte ihn mit schiefgelegtem Kopf.
Herkules befreite sich aus seinem Schneemantel. »Lupus! Er hat Hugo geschnappt!«
Hugo beobachtete die Miene des Gokillas. Eben hatte er Herkules noch mit gefletschten Zähnen angeknurrt, jetzt brabbelte er voller Vorfreude auf sein Mahl, aber dann riss er die Augen auf und spitzte die Lippen wie zum Kuss, wobei er den Kopf hin und her warf.
»Lass Hugo los, blöder Bananenfresser!«, schimpfte Kristall.
»Nimm lieber mich!« Lupus vollführte Luftsprünge, um den Riesenaffen abzulenken. Das klappte auch einen Augenblick lang, doch dann wandte sich das Ungeheuer wieder seiner Beute zu.
Der Gokilla setzte sich in den Schnee und drehte Hugo hin und her wie ein Kleinkind, das ein neues Spielzeug bekommen hat. Dann packte er ihn mit den Lederhänden um die Mitte und hob ihn an die gebleckten Zähne.
»Er will ihm den Kopf abbeißen!«, schrie Kristall. »Tut doch was!«
Lupus stürzte sich brüllend und mit den Armen fuchtelnd auf das Ungeheuer, aber der Affe versetzte ihm einen Fußtritt, dass er gegen die vereiste Felswand flog.
»Ich hab
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