Perfekt
holte ihren Mantel aus dem Schrank und wollte gerade das Haus verlassen, um sich auf den Weg zum Flughafen zu machen, als es an der Haustür klopfte. Den Mantel über dem Arm, öffnete sie die Tür und starrte überrascht auf Ted und Katherine, die nebeneinander davorstanden. »Ganz schön lange her«, sagte sie und lächelte erfreut, »daß ich euch beide so zusammen gesehen habe.«
»Katherine sagt, daß du nach Pennsylvania willst, um Friedensbotschafterin oder so was Ähnliches für diesen verdammten Zack Benedict zu spielen. Was soll das, Julie?« wollte er wissen und ging an ihr vorbei ins Haus. Katherine, die sich sichtlich unwohl in ihrer Haut fühlte, folgte ihm zögernd.
Julie warf ihren Mantel über eine Stuhllehne und blickte auf ihre Armbanduhr. »Ich muß in spätestens fünf Minuten weg, und ich hatte gedacht, daß ich Katherine gestern abend gründlich erklärt habe, worum es mir geht.« Normalerweise hätte Julie wesentlich verärgerter darauf reagiert, daß sich die beiden so in ihr Leben einmischten, aber der Gedanke, daß sie Ted und Katherine in wenigen Tagen für immer verlassen würde, stimmte sie milde. Ohne Bitterkeit in der Stimme sagte sie also: »Obwohl ich es natürlich wunderbar finde, euch beide so zusammen zu sehen, wäre es mir doch lieber, ihr würdet euch aus einem anderen Anlaß verbünden und nicht gemeinsam gegen mich vorgehen.«
»Es ist meine Schuld«, sagte Katherine schnell. »Ich habe Ted heute früh in der Stadt getroffen, und er hat mich gefragt, wie es dir geht. Du hast nicht gesagt, daß es ein Geheimnis ist, daß du wegfährst...« Sie verstummte.
»Es ist auch kein Geheimnis.«
»Dann erkläre mir jetzt bitte, warum du hinfährst.« Ted ließ nicht locker. Auf seinem Gesicht zeichneten sich Anspannung und Besorgnis ab.
Julie schloß die Tür, strich sich das Haar aus der Stirn und überlegte krampfhaft, was sie ihnen sagen sollte. Sie konnte nicht erklären, daß sie sich - abergläubischerweise - Sorgen machte, weil Zack befürchtet hatte, daß ihre Ehe unter einem unglücklichen Stern stehen könnte. Eine Ehe, die den Angehörigen soviel Kummer bereiten würde. Andererseits wollte sie sich möglichst an die Wahrheit halten und ihnen wenigstens soviel erzählen, daß sie sich nach ihrer endgültigen Abreise daran erinnern, sie leichter verstehen und ihr vielleicht eines Tages auch vergeben würden. Sie blickte von Katherines besorgter zu Teds ärgerlicher Miene und sagte zögernd: »Glaubt ihr, daß alles immer genauso ausgeht, wie es anfängt?« Katherine und Ted sahen sich verständnislos an, und Julie erklärte weiter: »Glaubt ihr daran, daß etwas schon allein deshalb schlecht ausgehen mußt, weil es schlecht begonnen hatte?«
»Ja«, antwortete Katherine, »ich glaube schon.«
»Ich nicht«, sagte Ted kategorisch, und seine nächsten Worte ließen Julie vermuten, daß er dabei an seine Ehe mit Katherine dachte. »Es gibt auch Dinge, die ganz wunderbar angefangen haben und ganz schrecklich enden.«
»Da ihr beide scheinbar wild entschlossen seid, euch in mein Leben einzumischen«, sagte Julie lächelnd, »habe ich ja wohl auch das Recht, darauf hinzuweisen, daß, wenn du das auf eure Ehe beziehst, das wahre Problem darin besteht, daß sie niemals wirklich geendet hat. Katherine weiß das, aber du, Ted, weigerst dich, dieser Tatsache ins Auge zu sehen. Aber um eure Neugier über meinen Ausflug nach Pennsylvania zu stillen, nur ganz kurz, weil ich gleich los muß: Zack wuchs bei seiner Großmutter auf, und die beiden haben sich unter sehr häßlichen Umständen getrennt. Seither hat er in seinem Privatleben immer nur Pech gehabt. Jetzt schwebt er in großer Gefahr, und er ist allein, aber er fängt ein ganz neues Leben an. Ich möchte, daß er in diesem neuen Leben Glück und Frieden findet,, und ich habe das Gefühl - ihr könnt es auch eine Vorahnung nennen, wenn ihr wollt -, daß ihm das möglicherweise gelingen wird, wenn ich es schaffe, die Brücken wiederaufzurichten, die er vor langer Zeit hinter sich abgebrochen hat.« Während des Schweigens, das ihrer Rede folgte, beobachtete sie, wie die beiden krampfhaft nach einem Gegenargument suchten, aber keines fanden. Entschlossen wandte sie sich zum Gehen. »Denkt dran, ihr beiden«, fügte sie hinzu, den Türknauf schon in der Hand. Sie mußte sich sehr zusammennehmen, um ihre Gefühle zu verbergen und um die Bedeutung, die sie ihren nächsten Worten zumaß, herunterszuspielen: »Wenn man wirklich
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