Perfekt
laufen ließ, würde sie in der Lage sein, den Behörden zu sagen, wohin er unterwegs war, und ihnen auch eine genaue Beschreibung des Wagens geben können, den er fuhr. Inzwischen flimmerte sein Gesicht über alle Bildschirme des Landes, und er hatte keine Chance, irgendwo ein anderes Auto zu mieten oder zu kaufen, ohne unweigerlich erkannt zu werden. Darüber hinaus hatte er ja auch vor, die Polizei glauben zu machen, er habe es geschafft, nach Detroit zu fliegen und von dort aus weiter nach Kanada zu flüchten.
Julie Mathison schien einerseits gottgesandt, gleichzeitig aber durchkreuzte sie seine Pläne und setzte ihn einer tödlichen Bedrohung aus. Anstatt aber das Schicksal zu verfluchen, das ihm diese Bürde aufgehalst hatte, entschied er sich dafür, demselben Schicksal eine Chance zu geben, seine Probleme irgendwie zu lösen. Am besten wäre es für sie beide, sich jetzt etwas zu entspannen. Er würde sein möglichstes tun. Während er hinter sich griff, um die Thermoskannen mit Kaffee nach vorne zu holen, fiel ihm die letzte Bemerkung ein, die sie gemacht hatte und die ihm ein passendes Thema schien, eine gelöstere Unterhaltung zu beginnen. Vorsichtig und sorgsam bemüht, keinesfalls drohend zu wirken, fragte er interessiert: »Was stimmt eigentlich mit meinen Jeans nicht?«
Sie starrte ihn völlig verwirrt an. »Was?«
»Sie sagten vorhin, daß meine >verdammten Jeans< der einzige Grund dafür gewesen wären, daß Sie mich mitgenommen hätten«, erklärte er und füllte die Schraubbecher der Thermoskannen mit Kaffee. »Was also stimmt damit nicht?«
Julie unterdrückte verzweifelt ein hysterisches Lachen. Sie machte sich Sorgen um ihr Leben, und er machte sich Sorgen darüber, was mit seinen Jeans los war.
»Was«, wiederholte er, entschlossen nicht nachzugeben, »haben Sie damit gemeint?«
Sie wollte ihm gerade eine patzige Antwort geben, als ihr zwei Dinge fast gleichzeitig einfielen - daß es ausgesprochen unklug war, einen bewaffneten Mann unnötig zu reizen, und daß ihre Chancen, aus dem Ganzen heil herauszukommen, wesentlich besser aussehen würden, wenn es ihr gelänge, ihn in eine lockere Unterhaltung zu verwickeln. Folglich bemühte sie sich, einen höflichen, neutralen Ton anzuschlagen, holte tief Luft und sagte, ohne ihren Blick von der Straße abzuwenden: »Ich hatte bemerkt, daß Ihre Jeans neu sind.«
»Und was hatte das mit Ihrer Entscheidung zu tun, mich mitzunehmen?«
Erbitterung über ihre eigene Leichtgläubigkeit schwang in Julies Stimme mit. »Da Sie kein Auto hatten und auch durchblicken ließen, daß Sie arbeitslos sind, vermutete ich, daß es Ihnen finanziell nicht besonders gut ginge. Dann erzählten Sie, daß Sie einen neuen Job in Aussicht hätten, und mir fiel der Knick vorne an Ihren Jeans auf ...« Sie verstummte wütend, als ihr bewußt wurde, daß sie keinen mittellosen Mann, sondern in Wahrheit einen viele Millionen schweren Filmstar vor sich hatte.
»Reden Sie weiter«, drängte er, und die Verwunderung in seiner Stimme war echt.
»Du lieber Himmel! Ich zog daraus den naheliegenden Schluß, daß Sie sich neue Jeans gekauft hatten, um auf Ihren Arbeitgeber einen guten Eindruck zu machen, und ich stellte mir vor, wie wichtig dieser Job für Sie wäre und wie hoffnungsvoll Sie sich gefühlt hatten, als Sie die Jeans kauften, und da konnte ich - einfach den Gedanken nicht ertragen, daß diese Hoffnung enttäuscht würde, wenn ich Ihnen nicht anböte, Sie ein Stück mitzunehmen. Und obwohl ich noch nie in meinem Leben einen Anhalter mitgenommen hatte, wollte ich einfach nicht tatenlos Zusehen, wie Ihnen diese Chance entging.«
Zack war nicht nur verblüfft, er war wider Willen gerührt. Eine solche Freundlichkeit, eine so uneigennützige Nächstenliebe, die selbst ein Risiko, ein persönliches Opfer nicht scheute, war ihm in den Jahren, die er im Gefängnis verbracht hatte, nicht möglich erschienen. Und, wenn er ehrlich war, hatte er so etwas auch vorher nicht erlebt. Diesen beunruhigenden Gedanken verdrängend, sagte er: »Das alles haben Sie aus einem Knick in einer Jeans geschlossen? Sie haben wirklich eine bemerkenswerte Vorstellungskraft«, fügte er kopfschüttelnd hinzu.
»Und ganz offensichtlich habe ich auch eine schlechte Menschenkenntnis«, entgegnete Julie bitter. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte sie, daß seine linke Hand auf sie zukam, und automatisch duckte sie sich und schrie leise auf - bevor sie merkte, daß er ihr lediglich einen Becher
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