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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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Dunkel hereinbrach und die Wölfe aus den Wäldern kamen.
    »Sie mögen Jeff nicht besonders, was?«, fragte er, weil der Wind auffrischte und das Feuer zu ersterben drohte. Und weil der Mann, der sie beide zu töten versucht hatte, halb tot neben ihnen lag. Und weil sie mitten im Nirgendwo festsaßen – weiß Gott, wie lange noch. Und weil er verhindern wollte, dass Lou dasselbe dachte wie er. Nämlich dass man am nächsten Morgen ihre erfrorenen Leichen finden würde, aneinandergeklebt wie zwei Fruchteislutscher.
    »Warum sollte ich Jeff mögen?«
    Natürlich gab es für niemanden einen Grund, Jeff zu mögen. Er war der Prototyp eines Hollywood-B-Movie-Regisseurs, ohne Skrupel oder Taktgefühl, mit einem abscheulichen Humor. Nur um seine Miete bezahlen zu können, hatte Jack damals die Rolle in Die Zeit des Spions angenommen. Als er von daheim weggelaufen war und bevor er für STAT engagiert worden war, hatten ihn ernsthafte finanzielle Sorgen gepeinigt. Und es war undenkbar gewesen, Gilbert Townsend, der die Berufswahl seines einzigen Kindes missbilligt hatte, um Geld zu bitten.
    Doch es gab noch stichhaltigere Gründe, Jeff Berger zu hassen, als seinen ekelhaften Humor. Zum Beispiel besaß er unkontrollierbare Hände und konnte keinen Film drehen, ohne sich einen Gerichtsprozess wegen sexueller Belästigung einzuhandeln.
    »Hat er Sie begrapscht?«, fragte er, weil Lou jung und weiblich und deshalb Jeffs Typ war – oh, und au ßerdem attraktiv.

    »Klar«, bestätigte sie angewidert. »Schlimmer noch, er hat mein Hindenburg -Drehbuch abgelehnt. Wenn er auch der falsche Regisseur dafür gewesen wäre, das gebe ich zu. Aber dass er so unverschämt war, das Drehbuch abzuschmettern!« Sie schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, wie er es nannte? Infantil! Der Mann, der Studentenparty USA gedreht hat, nennt das Hindenburg -Drehbuch infantil. Auch wenn ich Hindenburg nicht für einen anspruchsvollen Klassiker halte, infantil ist er sicher nicht.«
    Sie saßen nicht nahe genug beieinander, dass ihre Schultern sich berührt hätten. Wäre es anders gewesen und sie hätte geweint (was jede normale Frau unter diesen Umständen getan hätte), statt ihn zu tadeln, weil er weder Cast away – Verschollen noch den Frühstücksclub gesehen hatte, hätte er einen Arm um sie gelegt und sie getröstet.
    Und da sie zweifellos sehr attraktiv war, wenn sie nicht die Stirn runzelte, und weil er war, nun, wie er eben war, fand er, sie könnten die Stunden bis zu ihrer Rettung etwas angenehmer verbringen als mit dieser Streiterei.
    Doch sie weinte nicht, und sein Arm umschlang auch ihre Schultern nicht. Und obwohl sie einander nicht berührten, spürte er dennoch, wie sie sich an seiner Seite anspannte.
    Plötzlich sprang sie auf und kreischte wie eine Furie. Wie eine sehr hübsche Furie zwar – aber trotzdem eine Furie.
    »Hierher!«, schrie sie, rannte durch den Schnee und schwenkte beide Arme. »Da sind wir!«
    Und dann hörte er es – dasselbe Geräusch wie zuvor,
diesmal näher und deutlicher. Ein Motor. Kein Flugzeugmotor, auch kein Hubschrauber. Irgendetwas anderes, das auf sie zukam.
    Sekunden später sah er den hellen Punkt zwischen den Bäumen: ein Schneemobil.
    Endlich wurden sie gerettet.
    »Hey!« Als Jack emporsprang, versprühte er so viel Schnee, dass Lous armseliges kleines Feuer sofort erlosch. Doch das war völlig egal. Weil sie gerettet wurden. Bald würde er in seiner warmen Hotelsuite sitzen …
    Wo Melanie ihn wieder anschreien und Gegenstände nach ihm werfen würde. Und vielleicht zündete sie diesmal nicht nur ein Sofa an.
    Nicht einmal das spielte eine Rolle. Denn wenn etwas Gutes bei diesem Mordversuch herausgekommen war, dann die Erkenntnis, dass Jack seine Prioritäten neu ordnen musste. Und was am allerwichtigsten war, er würde alles aus seinem Leben verbannen, was ihn auch nur entfernt mit Hollywood verband.
    Gewiss, es ärgerte ihn, dass sein Vater genau das prophezeit hatte. Eines Tages würde er die Schauspielerei satthaben und sich einen »richtigen« Beruf wünschen. Damals hatte er nicht auf seinen Vater gehört und sich ihm widersetzt, war von Yale abgegangen und nach L.A. gezogen, um ihm zu beweisen, dass er sich irrte. Nun überlegte er, ob seine Liebe zur Schauspielerei echt gewesen war oder einfach nur dem Wunsch entsprungen war, dem Lebensplan zu entkommen, den sein Vater für ihn vorgesehen hatte: stellvertretender Vizepräsident, dann Vizepräsident und schließlich Generaldirektor von

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