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Periode Totalausfall

Periode Totalausfall

Titel: Periode Totalausfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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vor al­lem an sei­ne we­sent­lich ge­rin­ge­re Schwer­kraft kann man nicht oh­ne wei­te­res auf ei­nem ir­di­schen Raum­ha­fen aus­stei­gen las­sen in der Hoff­nung, sie wür­den schnell ver­sorgt wer­den.
    Ich sah ei­ni­ge hun­dert klei­ne, groß­köp­fi­ge Män­ner, de­ren gelb­brau­ne und völ­lig haar­lo­se Haut sich grau ver­färbt hat­te.
    Hun­der­te wa­ren be­reits zu Bo­den ge­stürzt, weil ih­re Mus­ku­la­tur mit der für sie enor­men Schwer­kraft der Er­de nicht fer­tig wur­de.
    Ih­re Lun­gen wur­den von den un­sicht­ba­ren Ge­wal­ten der Gra­vi­ta­ti­on zu­sam­men­ge­preßt. Bald schaff­ten sie es nicht mehr, die oh­ne­hin viel zu di­cke Luft ein­zusau­gen.
    Hun­der­te, die sich vor den De­ne­bern in Si­cher­heit ge­bracht hat­ten, star­ben vor un­se­ren Au­gen einen qual­vol­len Tod, denn nie­mand konn­te ih­nen schnell ge­nug hel­fen.
    Die mar­sia­ni­schen Me­do­ro­bo­ter ar­bei­te­ten mit der Ge­schwin­dig­keit und Prä­zi­si­on hoch­wer­ti­ger Ma­schi­nen, aber sie konn­ten längst nicht je­den der so un­ver­hofft ein­ge­drun­ge­nen Flücht­lin­ge mit Gra­vi­ta­ti­ons-Re­du­zie­rungs­ge­rä­ten ver­sor­gen, wie sie von fast al­len auf der Er­de wei­len­den Mar­sia­nern Tag und Nacht ge­tra­gen wur­den.
    Es ge­lang den Ma­schi­nen auch nicht, al­le Flücht­lin­ge grup­pen­wei­se zu­sam­men­zu­fas­sen und sie in die An­ti­gra­vi­ta­ti­ons-Kraft­fel­der ei­lig her­bei­ge­brach­ter Pro­jek­to­ren zu hül­len.
    Si­cher ret­te­ten sie Tau­sen­den Le­ben und Ge­sund­heit, aber vie­le an­de­re muß­ten den Na­tur­ge­wal­ten zwangs­läu­fig un­ter­lie­gen.
    Wir stan­den hilf­los da­bei und wuß­ten nicht, in wel­ches der vie­len großen, wei­tauf­ge­ris­se­nen Au­gen­paa­re wir zu­erst se­hen soll­ten; we­nigs­tens in dem Ver­such, den Ge­quäl­ten durch un­ser Er­schei­nen Mut und Wi­der­stands­kraft ein­zu­flö­ßen.
    Han­ni­bal, für mensch­li­che Be­grif­fe ein Zwerg, war für die Mar­sia­ner ein Rie­se. Er hielt einen Flücht­ling in den Ar­men, preß­te den schwa­chen Kör­per an sei­ne Brust und ver­such­te, durch Mund-zu-Mund-Be­at­mung we­nigs­tens die Er­sti­ckungs­er­schei­nun­gen zu lin­dern. Wir hat­ten an­ge­sichts die­ser Not längst ver­ges­sen, daß wir den Ko­lo­ni­al­her­ren der Ers­ten Mensch­heit ei­gent­lich gar nicht gut ge­sinnt wa­ren. Jetzt woll­ten wir hel­fen, aber wir konn­ten es nicht.
    Drau­ßen, knapp zwan­zig Ki­lo­me­ter ent­fernt, dröhn­ten wie­der mar­sia­ni­sche Fluchtraum­schif­fe auf den Ha­fen nie­der.
    An­de­re Schif­fe, die vor­her un­ter Miß­ach­tung der Lan­de- und Stand­platz­an­wei­sun­gen her­un­ter­ge­kom­men wa­ren, wur­den vom Glut­or­kan der neu an­kom­men­den Ku­gel­schif­fe er­faßt und teil­wei­se schwer be­schä­digt.
    Ich hat­te mein Ex­tra­hirn ab­ge­blockt, um das hun­dert­tau­send­fäl­ti­ge Kla­gen ge­quäl­ter We­sen nicht hö­ren zu müs­sen. Auf pa­ra­psy­chi­scher Ebe­ne ist es viel in­ten­si­ver zu emp­fin­den, als wenn man es nur mit den Oh­ren des Nor­mal­men­schen wahr­nimmt.
    Han­ni­bal leg­te den ver­stor­be­nen Mar­sia­ner sanft zu Bo­den.
    Ich zog Han­ni­bal zur Sei­te. Er schrie mir ei­ni­ge Wor­te zu, die ich auch ver­stand. Er muß­te schrei­en, oder wir hät­ten uns beim pau­sen­lo­sen Schril­len der mar­sia­ni­schen Zwit­scher­stim­men nicht mehr akus­tisch ver­stän­di­gen kön­nen.
    »Die Leu­te müs­sen in ih­ren si­che­ren Raum­schif­fen blei­ben«, brüll­te er. »Wie­so kommt hier nie­mand auf den ein­zig rich­ti­gen Ge­dan­ken? Drau­ßen müs­sen sie oh­ne An­ti­gra­vi­ta­to­ren ster­ben. Es dau­ert ein Jahr, bis sich ein Mar­sia­ner ak­kli­ma­ti­sie­ren kann. Ich wer­de da­für sor­gen, daß …«
    Dies­mal schrie der Klei­ne vor Schmerz auf, denn ich hat­te schnell und hart zu­ge­grif­fen. Ich muß­te es tun, oder er hät­te in sei­ner See­len­not al­les ge­fähr­det.
    So schreck­lich die Sze­nen auch wa­ren: wir muß­ten grund­sätz­lich dar­an den­ken, daß all dies vor be­reits 187 000 Jah­ren un­se­rer Zeit­rech­nung ge­sche­hen war.
    Han­ni­bal starr­te mich

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