Perlenregen
herbeigewünscht? Nein, das kann nicht sein, Daniel wirkte bis zu seiner komischen Krise genauso happy wie ich. Irgendwas stimmt hier doch nicht!
„Ich will die ganze Wahrheit wissen“, sage ich schniefend. „Da ist noch irgendwo ein Haken. Du kannst doch nicht von heute auf morgen komplett deine Meinung zu allem verändern, das nehme ich dir einfach nicht ab!“
„ Nela, das ist die ganze Wahrheit. Ich brauch einfach ein bisschen Zeit, um mir über alles klarzuwerden. Muss erst mal das mit dem Spielen in den Griff bekommen. Außerdem hab ich grade eine etwas größere Summe verloren; das muss ich wieder reinkriegen. Vielleicht bin ich dann auch wieder normaler.“
„Ach, und ich soll nun darauf warten oder wie stellst du dir das vor?“
„Nee, das kann ich nicht verlangen. Ich verstehe es, wenn du auch Zeit zum Nachdenken brauchst.“
„Daniel! Hallo! Spinnst du? Was ist denn eigentlich los? Ich glaub, ich träume das alles nur!“
Aber ich träume nicht. Wir werfen uns weitere Plattheiten an den Kopf und kommen doch nicht einen Zentimeter weiter. Ich habe mich komplett in Daniel getäuscht. Es muss an mir liegen; ich kann einfach keinen Mann halten. So schnell lösen sich manche Probleme. Aus dem Nichts habe ich urplötzlich sämtliche Gefühlskapazitäten für Leon frei. Haha. Ich lache einmal bitter auf. Was soll ich noch hier? Welchen Sinn ergibt das alles? Ich fühle mich wie in einem einzigen Déjà-vu. Auch Johannes seilte sich einfach so ab. Und nun Daniel. Vielleicht übertreibe ich ja auch in meiner Reaktion und sollte Daniel wirklich nur ein bisschen Zeit geben. Aber in mir ist etwas zerbrochen, das kann man nicht mehr kitten.
Während Daniel weiter blödes Zeug von sich gibt, stehe ich auf, ziehe mich an und schmeiße die wichtigsten Sachen in meine Tasche. Tränen verschleiern mir die Sicht, aber ich bemühe mich keine hysterische Szene zu machen – was mir ziemlich schwerfällt. Ich würde Daniel so gerne viele Dinge an den Kopf knallen. Dass es durchaus auch noch jemanden anderen gibt für mich. Dass ich eigentlich auf Dunkelhaarige stehe. Aber ich bleibe würdevoll wie eine Dame. Einen stilvollen Abgang wie im Film werde ich wohl noch hinbekommen. Der nächste Reinfall, wieder einmal. Selbst Prinzessin Madeleine aus Schweden hat das erlebt – warum sollte gerade ich mehr Glück haben? Ich werde einfach weiter in meiner Traumwelt leben, mich von Leon mit Schmuck überhäufen lassen und ansonsten als einsame, alte Frau enden. Es gibt ganz bestimmt schlimmere Schicksale.
„Tschüss, Daniel. Ich fahr nach Hause. Du weißt ja, wo du mich finden kannst.“
Das ist alles, was ich mir abringe. Er sieht überrascht aus. Damit hat er offensichtlich nicht gerechnet; vielleicht will er ja auch gar nicht, dass Schluss ist. Ich habe keine Ahnung, was richtig oder falsch ist, bin so frustriert. Auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Und ehrlich gesagt ist es auch peinlich. Ja, peinlich. Ich tu mir selbst leid, weil ich aller Welt erzählt habe, was ich für einen Glückstreffer gelandet habe. Ich habe mir selbst etwas vorgemacht. Was für eine Blamage!
„ Nela, nun geh nicht gleich! Lass uns doch noch darüber sprechen! Schatz, warte doch mal!“
Mir fällt ein, was in Liebesfilmen besonders gut kommt. Ich werfe ihm seinen Haustürschlüssel achtlos auf den Couchtisch, schaue noch einmal zu ihm und verlasse dann die Wohnung. Anschließend fehlt allerdings etwas: Heulen muss ich nicht mehr.
11
Nach drei Tagen halte ich es nicht mehr aus. Daniel hat sich tatsächlich nicht bei mir gemeldet, dieser Blödmann. Ich muss unbedingt wissen, ob er vielleicht eine andere hat. Vielleicht ist er ja auch todkrank, wollte mir seinen Krebs im Endstadium verschweigen. Tausend Möglichkeiten spuken mir durch den Kopf, um eine Entschuldigung für sein Verhalten zu liefern. Es kann doch nicht sein, dass er mich, seine Traumfrau, einfach so abschreibt wegen einer kleinen Arbeitslosigkeit! Als wäre ich so oberflächlich und hätte dafür kein Verständnis. Ich werde ihm helfen, seine Spielsucht zu überwinden. Wir werden wie erwachsene Menschen unsere Probleme bereden und anschließend leidenschaftlich übereinander herfallen.
Beschwingt mache ich mich auf den Weg zu Daniels Wohnung, habe mir extra angezogen, was er besonders gerne an mir mag: Mein einziges Strickkleid, dazu einen breiten Flechtgürtel und passende Stiefel mit roter Sohle. Das gesamte Ensemble hat mich fast ein ganzes Monatsgehalt gekostet,
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