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Perlensamt

Perlensamt

Titel: Perlensamt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bongartz
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immer zu hoch. Und auch mit Hilfe einer Leiter hätte ich nur ein Bild gehabt, aber nicht die Familiengeschichte, in die es gehörte. Wo hatte Rosie nur ihre Gelenkigkeit her?
    Ich sah mich um und staunte. Wenn Perlensamt mich hatte verblüffen wollen, dann war ihm das gelungen. Jetzt verstand ich, was David mit seinem Anruf am frühen Abend gemeint hatte.
    »Tust du mir einen Gefallen? Wenn du gleich kommst – es wäre mir lieber, du erwähntest auf der Party nicht, daß unsere Familie diese Sammlung hat.«
    »Aber, das kann doch jeder sehen!?«
    »Bis nachher.«
    Monas Frage riß mich aus meinen Gedanken.
    »Wo ist das Bild vom Meer?«
    »Was?«
    »Bitte! Du träumst schon wieder, Martini. Der Courbet und die anderen Bilder, von denen du so geschwärmt hast, wo sind sie?«
    Die Wand sah aus, als hätte die Welle die anderen Bilder weggespült und sich dann selbst geschluckt. Ich erholte mich gerade von meiner Verblüffung, als Perlensamt auf uns zukam. Er breitete die Arme aus, um seinen Mund spielte ein ekstatischer Zug.
    »Meine Ehrengäste. Ich freue mich außerordentlich, Frau Herbarth, Sie bei mir zu sehen.«
    »Aber ich bin nur ein Mitbringsel. Ich war nicht eingeladen, Herr Perlensamt. Danke, daß ich mitkommen durfte – obwohl wir uns nur so flüchtig kennen.«
    »Ach, Martin, deine Kollegin ist wirklich erfrischend! Kommt, ich mache euch mit einigen der anderen Gäste bekannt.«
    Er führte uns zu einer Gruppe von fünf Leuten, die sich eifrig unterhielten und dabei sehr gelangweilt aussahen.
    »Es ist furchtbar, den Himmel schwarz zu sehen, wenn die Sonne scheint«, tönte es aus einem rosa Hemd mit riesigem Kragen, das glänzte, als sei die Oberfläche mit Margarine beschmiert. Aus dem Kragen lugte ein Schopf schwarzer Haare, farblich passend zu einem schmalen Oberlippenbart. Ich ging davon aus, daß der zart rot geschminkte Mund einem Mann gehörte, auch wenn die Stimme hoch und nasal klang. David wurde am Ellenbogen gepackt, herangezogen und auf die Wange geküßt. Eine etwas hölzern wirkende Dame kläffte, als fürchtete sie, überhört zu werden.
    »Nennt man das nicht Sonnenfinsternis?«
    »Das geht doch allen Künstlern so. Das ist doch die Seele des Künstlers. Das kann man doch nachlesen bei Bonito Oliva.«
    »Das ist Manierismus.«
    »Da gab’s doch mal so’n Film von einem Italiener – ziemlich modern, L’eclisse hieß der. Wie hieß der denn noch mal?«
    »Ich dachte, L’eclisse,«
    »Nein, der Regisseur, so’n moderner Italiener.«
    »Basquiat.«
    »Schnabel.«
    Die Gesellschaft, die David versammelt hatte, wirkte geisterhaft. Als hätte der halbwüchsige Sohn des Hauses heimlich ein paar dubiose Gestalten zusammengetrommelt, um einen drauf zu machen.
    »Was halten Sie denn von den herrlichen Bildern, die Herr Perlensamt –«
    »Entschuldigen Sie uns einen Augenblick«. Ich zog Mona beiseite. »Halt die Klappe. Ich habe Perlensamt versprochen, mit keiner Silbe zu erwähnen, was er hier hängen hatte.«
    Ich nahm zwei neue Gläser von einem Tablett und wies mit einer vorsichtigen Geste zur Wand, an der vormals die Petersburger Hängung zu sehen war. Die blanken Flächen wirkten wie ein Manifest, das besagte, der Bewohner dieses Appartements sei Anhänger einer Sekte von Ikonoklasten.
    »Und warum?«
    »Er rief mich vor der Party an und bat mich darum. Ich würde nur zu gerne wissen, was das alles soll. Vielleicht hat es doch mit unserem Courbet zu tun. Es sieht so aus, als hätte er die Party einzig gegeben, um bestimmten Leuten zu zeigen, daß er keine Kunst sammelt. Bloß – wem?«
    »Was in seinen Kreisen sicher nicht üblich ist. Meine Güte, was ist das bloß für ein Wachsfigurenkabinett? Was hat es mit dieser Sammlung auf sich? Und der Name? Sagt mir nichts«, raunte sie und nippte an ihrem Glas. Der Kellner wandte sich mit dem Tablett an die nächsten Gäste. Seine offenbar mit Plättchen versehenen Schuhsohlen klackten wie Steppschuhe auf dem polierten Steinboden.
    »Hattest du nicht auch erwähnt, sie hätten hier ziemlich tolle Teppiche gehabt?«
    »Wahrscheinlich hatte ich eine Erscheinung, und darunter fielen auch die wunderbaren Teppiche. Wie findest du ihn?«
    »Den nackten Boden?«
    »Unseren Gastgeber.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Er wirkt ein wenig überspannt, ein bißchen irre. Dieses Flackern in seinem Blick. Aber den Raum finde ich schön. Ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte.«
    Ehe ich darauf antworten konnte, stand David wieder neben uns. Er

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