Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Perlentod

Perlentod

Titel: Perlentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Breinl
Vom Netzwerk:
Gebäck hineinzubeißen. Aber da war es schon zu spät. Seine blitzenden Zähne schlugen in die Rohrnudel. Allein die Vorstellung in etwas zu beißen, das von schwieligen Händen mit krustig krummen Fingernägeln hergestellt worden war, löste bei Senta einen Brechreiz aus. Instinktiv schlug sie gegen die braun gebrannte Hand des Jungen. In hohem Bogen flog die Rohrnudel ins Gebüsch und ein fürchterlicher Husten ertönte. Der Blondschopf war ganz rot im Gesicht, hektisch rang er nach Luft. Nur mit größter Mühe und mit zahlreichen Schlägen von Senta auf seinen Rücken, gelang es ihm, den Bissen hochzuwürgen und auszuspucken.
    »Tut mir leid«, jammerte Senta, erschrocken über die heftige Reaktion. »Das wollte ich nicht. Bist du okay?« Hustend und keuchend, mit glitzernden Tränen in den Augen, stammelte der Junge etwas vor sich hin. »Völlig durchgeknallt. Bringt mich fast um, diese Heulsuse!«
    »Ich habe nicht gedacht, dass du da wirklich reinbeißt«, versuchte Senta zu erklären.
    »Meine Mutter hat mir früher immer eingebläut, ja nichts von fremden Leuten anzunehmen. Das sollte ich wahrscheinlich weiter beherzigen. Ist ja lebensgefährlich!«, schimpfte der Junge unter ständigem Husten.
    »Es war ja nur, weil«, setzte Senta an, um ihr Verhalten zu erklären, doch der Blondschopf winkte ab.
    »Lass mir als Entschädigung lieber die ganze Tüte mit den Leckereien hier«, schlug er versöhnlich vor. »Für frisch gebackene Rohrnudeln sterbe ich nämlich.«
    »Die sind doch nicht frisch!«, rief Senta entsetzt.
    »Klar sind die frisch. Ich kenn mich da aus. Mit die besten, die ich je gegessen habe«, widersprach er und zog erneut ein goldbraunes Teil aus der Tüte.
    »Aber die Dinger hat die alte Schmidt gemacht!«, gestand Senta in ihrer Verzweiflung.
    Jetzt würde ihm speiübel werden, dachte sie.
    »Na und? Die kann backen«, antwortete er stattdessen, roch prüfend an dem Gebäck, brach es in der Mitte durch und reichte Senta die andere Hälfte.
    »Falls dich übrigens interessiert, wen du eben beinahe umgebracht hättest, ich bin Mo. Und wenn ich deine Attacke nicht überlebt hätte, dann würdest du mich auf dem Friedhof unter Moritz Block finden.«
    Senta musste lachen. »Ich bin Senta. Und ich wollte dich wirklich nur vor einer Lebensmittelvergiftung bewahren«, antwortete sie und schaute gebannt zu, wie Mo genüsslich erst seine und dann auch ihre Hälfte der Rohrnudel vertilgte.
    »Durst«, meinte er daraufhin knapp und verschwand hinter den Büschen. Senta folgte ihm neugierig. Das Gestrüpp tat sich etwas auf und ein rostiges Geländer kam zum Vorschein. Es gehörte zu einer steilen moosgrünen Treppe, die mindestens zwei Meter in den Boden hinunterführte. Eine Kellertreppe mitten in der Wildnis? In diesem Dorf wimmelte es ja nur so vor merkwürdigen Orten. Mo deutete ihr an, nach unten zu kommen, doch Senta blieb lieber oben und rief: »Was ist das hier?«
    »Ein Bunker«, kam die Antwort aus dem Inneren des Bodens. Offenbar musste es dort unten eine Tür geben, durch die Mo verschwunden war. Nur einen Moment später erschien wieder der blonde Schopf und kurz darauf folgte Mo mit einer Wasserflasche in der Hand. Als er Sentas fragenden Blick sah, erklärte er, dass dieser Bunker im Zweiten Weltkrieg drei Meter tief unter der Erde gebaut worden war, um den Dorfbewohnern als Schutzraum zu dienen.
    »Und was treibst du da drin?«, wunderte sich Senta. Dieser Mo sah eigentlich nicht aus wie jemand, der seine Freizeit unter Tage verbrachte.
    »Ich übe hier«, kam die sachliche Antwort.
    »Was übst du? Dich verstecken und vorbeigehende Leute belauschen?«
    »Nee«, Mo schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich übe Schlagzeug«, erklärte er und weckte damit Sentas Neugier. Vorsichtig stieg sie die grün bewachsene Treppe hinab bis zu einer olivgrünen Stahltüre, die weit offen stand. Aus dem Inneren des Bunkers drang kühle, aber nicht stickige Luft nach außen. Senta fasste sich ein Herz und trat in den Raum, von dessen Decke zwei nackte Glühbirnen herunterhingen. Auch ansonsten war der Raum nur sehr karg eingerichtet. Neben einem großen Schlagzeug stand ein riesiges Ding aus Holz.
    »Ein Marimbafon«, klärte Mo Senta auf, als er ihren fragenden Blick sah. »Ein echter Schlagzeuger trommelt nicht nur auf Drums und Becken herum.«
    »Spielst du mir mal was?«, bat Senta, aber Mo wiegelte ab.
    »Ich muss dann mal wieder«, meinte er stattdessen, löschte das Licht und steckte einen riesigen

Weitere Kostenlose Bücher