Perlentod
Mitschüler mutmaßte gar, dass Bettina von Außerirdischen entführt worden sein könnte. Senta stimmte soviel Taktlosigkeit wütend. Sie stellte sich vor, sie wäre an Bettinas Stelle und über sie würde so ein Mist verbreitet werden. Wie grauenhaft! Da konnte man echt das Kotzen kriegen!
»Kennst du Bettina eigentlich näher?«, fragte Senta Rebecca, die gerade in ihr Pausenbrot biss.
Mit vollem Mund nuschelte sie: »Nicht so richtig. Die ist ein bisschen seltsam.«
»Wie, seltsam?«
»Na ja«, überlegte Rebecca. »Allein ihr komisches Hobby, die Taubenzucht. Sie hatte oft Taubenkacke auf dem Anorak. Genau wie die Polsterschmidt.«
»Zuckerwatte hatte auch Taubenkacke auf der Kleidung?«
»Manchmal. Die zwei waren im Taubenzuchtverein. Darüber haben sich die Jungs immer ziemlich lustig gemacht«, nickte Rebecca.
»Miriam sicher auch, oder?«, hakte Senta nach.
»Zuerst schon«, meinte Rebecca zwischen zwei Bissen. »Aber dann ist diese Sache mit Miriam und diesem Typen passiert. Da hat Bettina sich voll auf Miriams Seite gestellt und von da an haben sie sie in Ruhe gelassen.«
Senta hatte nur mit einem Ohr zugehört. Sie interessierte etwas anderes: die Tatsache, dass Bettina die ermordete Lehrerin scheinbar besser gekannt hatte, als die meisten anderen Schüler.
»War Bettina sehr betroffen, als Zuckerwatte verschwunden ist?«, fragte sie weiter.
»Das weiß ich nicht.« Rebecca überlegte. »Allerdings war sie ziemlich geschockt, als man ihre Leiche gefunden hat. Da bin ich ihr zufällig in der Stadt begegnet.«
»Wo?«
»Das weiß ich doch jetzt nicht mehr«, Rebecca lachte. Doch Senta war gar nicht zum Lachen zumute. In ihrem Kopf schwirrte es. Irgendwie hatte sie immer stärker das Gefühl, dass es eine Verbindung zwischen dem Auffinden von Zuckerwattes Leiche und Bettinas Verschwinden geben musste. Sah das denn niemand? Die letzten zwei Schulstunden brachen an und ließen Senta wieder alleine mit ihren Gedanken.
Um noch mehr zu erfahren, begleitete Senta Rebecca nach Schulschluss bis zum Bus. Erst jetzt erzählte sie ihr von dem toten Frosch im Paket.
Rebecca war geschockt und Senta wühlte es erneut auf, von dem grauenhaften Fund zu berichten. Sie ballte die Fäuste. »Diese brutalen Miststücke!«, schimpfte sie und ihre Wut in diesem Moment hätte gereicht, um Miriam jedes Haar einzeln herauszureißen.
»Das bringt doch nichts«, versuchte Rebecca, sie zu beruhigen. »Wir werden uns nicht auf das Niveau dieser Unmenschen herablassen.«
»Du hast ja recht«, nickte Senta und fasste Rebecca am Arm. »Vorhin bin ich auf eine Idee gekommen«, ergänzte sie dann in verschwörerischen Tonfall. »Hast du schon einmal eine Unterschrift von deinem Vater nachgemacht?«
»Wie kommst du darauf? Nein. Du etwa?«
»Probiert habe ich es schon mal, natürlich nur so zum Spaß. Ich bin, glaube ich, nicht ganz unbegabt darin…«, gab Senta zu und erklärte der verdutzt dreinschauenden Rebecca, dass sie der heutige Schriftvergleich darauf gebracht hatte, die Handschrift von einer der Hofdamen zu fälschen.
»Angenommen, wir schreiben mit Lolles Handschrift einen kleinen Brief an dich. Darin gesteht Lolle, dass sie nicht mehr in der Clique sein will. Sie bittet dich, ihr zu helfen, und schlägt ein geheimes Treffen vor«, kam sie Rebeccas Frage zuvor.
»Auf demselben Zettel wirst du ihr antworten. Es muss so aussehen, als ob ihr euch diesen Zettel in der Schule hin- und hergeschrieben habt.«
Rebecca nickte nachdenklich. Obwohl Lolle ihr damals auf der Klassenfahrt wirklich übel mitgespielt hatte, hatte sie Skrupel, die ehemalige Freundin ans Messer zu liefern.
»Sie werden Lolle das Leben zur Hölle machen«, erwiderte sie leise.
»So weit dürfen wir es gar nicht kommen lassen. Wir müssen gleich den nächsten Giftpfeil hinterherschießen«, konterte Senta.
»Und wie soll der aussehen? Willst du anschließend auch noch Miriams Schrift fälschen und schreiben, dass sie in Wirklichkeit nur dich als beste Freundin haben will«, lachte Rebecca. »Das glauben die doch niemals!«
»Natürlich nicht so plump. Aber die Idee ist gut, Miriam zur Zielscheibe zu machen. Lass mich überlegen«, sinnierte Senta vor sich hin.
Als sich die Mädchen trennten und Senta sich auf ihr Fahrrad schwang, bemerkte sie nicht, wie sich gleichzeitig ein stummer Beobachter in Bewegung setzte und sein Mofa startete.
Senta beeilte sich, nach Hause zu kommen, wie immer war sie spät dran. Zu ihrem Pech schaltete die
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