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Perlentod

Perlentod

Titel: Perlentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Breinl
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Freundinnen immer um mich herumscharwenzelt und hat genervt. Da habe ich sie einmal ziemlich zusammengestaucht.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Miriam kann keine Menschen ertragen, die sie nicht anbeten«, nickte Senta und Mo tat ihr schrecklich leid. Jetzt kannte sie schon zwei nette Leute, denen Miriam wirklich übel mitgespielt hatte. Wem Miriam wohl noch alles geschadet hatte?
    Senta fiel wieder Bettina ein. Vielleicht wusste Mo ja, was zwischen ihr und Miriam vorgefallen war.
    »Sag mal, kennst du auch dieses Mädchen, das verschwunden ist? Bettina Horicek?«, fragte sie.
    »Ja, die kenne ich. Auch wenn sie in meinen Augen eine ausgemachte Lügnerin ist, hoffe ich, dass ihr nichts Ernsthaftes passiert ist«, antwortete Mo und starrte jetzt so grimmig vor sich hin, dass Senta sich nicht traute, weiter nachzufragen.
    »Es wird wirklich Zeit, dass diese Miriam mal eins auf den Deckel bekommt«, ereiferte sie sich stattdessen und ihre Augen funkelten.
    Mo lächelte. Er trat dicht an Senta heran. »Versprichst du mir was?«
    Senta nickte schweigend.
    »Versprich mir, dass du dich vor Miriam in Acht nimmst«, flüsterte er ihr sanft ins Ohr, beugte sich herab und gab Senta einen zarten Abschiedskuss auf die Wange. Senta hatte die Augen geschlossen und spürte ihre weichen Knie. Ein Gefühl, das sie zuletzt bei Riko empfunden hatte.
    Riko. Verwirrt trat Senta ein Stück zurück, stammelte ein hastiges »Mach’s gut« und verschwand, so schnell sie konnte.
    »Senta«, rief Mo ihr noch nach, aber da hatte sie schon die Haustür hinter sich zugezogen.
    Sie ging sofort in ihr Zimmer, verzichtete auf das Abendessen und gesellte sich auch nicht mehr zu ihren Eltern, die im Wohnzimmer saßen und sich unterhielten. Nachdem sie den Schlafanzug angezogen und sich ins Bett gekuschelt hatte, zog Senta das Foto von Riko aus ihrem Geheimfach und starrte es an. »Ich bin so bescheuert«, flüsterte sie dem Bild zu. »Da lerne ich einen süßen Jungen kennen und bekomme ein schlechtes Gewissen wegen dir. Dabei bin ich dir doch so was von egal!«
    Wie mittlerweile jeden Abend vor dem Schlafengehen schlug sie anschließend Richart Rhöns Tagebuch auf:
    25. Mai 1959
    Die arme alte Frau Irmi – lieber wäre mir, sie käme nicht zu Besuch. Sie lässt es sich zwar nicht anmerken, aber für sie ist es das Schlimmste, dass ich, ihr Ziehsohn, im Vollzug gelandet bin. Wie konnte ich ihr das antun?! Warum habe ich mich von W. dazu überreden lassen? Wir waren so schrecklich dumm! Nie mehr werde ich so etwas tun. Das schwöre ich hier und jetzt. Heute kommt der Anwalt. Ich werde ihn fragen, was ich tun muss, damit es vielleicht eine milde Strafe gibt. Ich würde nur zu gerne wissen, woher W. die Pistole hatte! Und warum er sich nicht einmal bei mir blicken lässt? Vielleicht hat er Angst.
    Gestern Abend war ich sehr betrübt. Anna hat mich sicher schon aufgegeben. Wie konnte ich nur alles aufs Spiel setzen?
    Noch einmal 25. Mai am Abend:
    Der Anwalt hat gesagt, dass ich aussagen soll, wo ich die Beute versteckt habe. Dann könnte er mehr für mich tun. Die werten das vor Gericht positiv, wenn einer Reue zeigt. Morgen wird die Polizei wieder herkommen – dann werde ich es ihnen sagen. Was soll ich nur tun? Verdammt, warum setzt sich W. nicht mit mir in Verbindung? Nie erreiche ich ihn. Ich weiß nicht mehr, was ich nun tun soll. Vielleicht lassen sie mich morgen noch einmal telefonieren…
    26. Mai 1959
    Mir ist richtig übel, wenn ich daran denke, was ich heute getan habe. Ich habe der Polizei das Versteck verraten. W. weiß nichts davon. Wie auch, wenn er sich nicht meldet und ich ihn nie erreiche! Hoffentlich wird er mein Handeln verstehen. Aber ich habe keine Wahl, außer ich lege es darauf an, dass sie mich zu einer sehr langen Strafe verknacken.
    Seit gestern habe ich einen lästigen Husten und Gliederschmerzen. Hoffentlich ist keine Grippe im Anmarsch.
    Senta hielt inne. Sie fragte sich, um was für ein Verbrechen es sich hier wohl handelte. Am Ende war jemand erschossen worden? Immerhin erwähnte dieser Richart eine Pistole und eine lange Strafe. Fröstelnd zog sie sich die Decke über die Schultern. Wenn sie sich vorstellte, dass sie die ganze Zeit im Tagebuch eines Mörders schmökerte, wurde ihr ganz anders zumute. Klar hatte sie schon viele heftige Thriller gelesen, aber das hier war etwas anderes. Es hatte sich wirklich zugetragen. Und eventuell hatte der Tagebuchschreiber sogar in dem Haus gelebt, in dem sie nun wohnte. Senta

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