Perlentod
sich eifrig Notizen.
»Du behauptest also, diese Miriam Keßler und ihre Freundinnen haben nicht nur dich, sondern früher auch schon die Schülerin Rebecca Lobach und den Schüler Moritz Block gemobbt?«, hakte die Kommissarin nach.
»Und seit unserem Brief natürlich auch Lolle, äh Charlotte«, fügte Senta hinzu. »Und vielleicht ja auch die Bettina Horicek.«
»Sind das Vermutungen oder Fakten?«, fragte Frau Wagenstein streng und strich sich eine blonde Strähne hinter das Ohr. Senta stellte überrascht fest, dass die Kommissarin an diesem Ohr mindesten vier Ohrringe trug, was ihr prompt ein viel jugendlicheres Aussehen verlieh.
»Ich vermute das nur«, antwortete Senta leise und schob dann hinterher: »Rebecca und mir tut es schrecklich leid, dass wir Lolle so übel mitgespielt haben. Ich hoffe, sie finden sie ganz bald!«
»Hättest du vielleicht eine Idee, wo sich Charlotte verstecken könnte?«, fragte die Kommissarin, aber Senta konnte ihr nicht weiterhelfen.
Dann stellte Frau Wagenstein ihr noch ein paar Fragen zu Zehka und entließ Senta mit den Worten: »Ich hoffe, dass du die Wahrheit gesagt hast. Schick jetzt bitte Rebecca Lobach zu mir.«
Es hatte gerade zur ersten großen Pause geläutet, als Senta das Zimmer verließ und sich auf die Suche nach Rebecca machte. Sie fand sie in der Aula. Die Freundin traute sich nicht, nach draußen auf den Schulhof zu gehen, da dort Clemens mit seinen Kumpels lungerte.
»Du musst der Kommissarin alles erzählen. Auch von damals!«, schärfte Senta ihr noch einmal ein.
Als Rebecca aus ihrem Blickfeld verschwunden war, fragte sich Senta, ob sie beim Gespräch mit der Kommissarin nicht die Gelegenheit hätte ergreifen sollen, von Richart Rhöns Brief zu erzählen. Irgendjemanden musste sie sich jedenfalls anvertrauen. Und das möglichst bald. Schließlich ging es hier um ein Verbrechen. Aber vielleicht war es besser, zunächst noch einmal mit Herrn Lobach über die Sache zu sprechen. Im Zweifelsfall würde die Polizei einem Erwachsenen ohnehin mehr Glauben schenken.
Noch ganz in Gedanken stand Senta nun vor dem Ausgang zum Schulhof und überlegte, ob sie nicht auch lieber die Pause in der Schule verbringen sollte. Seit dem ganzen Schlamassel hatte sie ständig das Gefühl, vor irgendwelchen Angreifern auf der Hut sein zu müssen. Aber draußen schien die Sonne und so bahnte sie sich entschlossen einen Weg durch die Mitschüler. Angestrengt hielt sie Ausschau nach der Pausenaufsicht. Ausgerechnet Herzer war an diesem Vormittag eingeteilt und Senta rutschte das Herz in die Hose. Der war sicher der Letzte, der ihr zu Hilfe eilen würde. Aber da legte sich schon eine große Pranke auf ihre Schulter und Zehka brummte: »Soll ich den Bubis mal zeigen, wie man einer Dame Platz macht, wenn sie durch die Tür will?«, und schon waren sie im Freien und Senta atmete tief durch. Nicht nur, um Zehkas Mundgeruchswolke zu vertreiben.
»Danke«, murmelte sie und blieb, trotz des Geruchsproblems, in seiner Nähe. »Darf ich dich einmal etwas Persönliches fragen?«, fasste sie sich nach ein paar Minuten des Schweigens ein Herz.
»Na klar. Aber eines sage ich dir gleich. Über meine sexuellen Vorlieben werde ich dir nix verraten«, kam prompt eine typische Zehka-Antwort. Senta verdrehte die Augen: »Bah, das interessiert doch keinen. Aber ein bisschen intim ist meine Frage schon.« Zehka horchte auf und Senta schoss los: »Kann es sein, dass du Angst vorm Zahnarzt hast?«
»Wie kommst du denn darauf?«, brummte er verblüfft.
»Na«, stotterte Senta weiter, »weil du immer so ein bisschen Mundgeruch hast. Ich hatte das auch mal. Weil ich Angst vor dem Zahnarzt hatte und mich vor den Kontrolluntersuchungen gedrückt habe.«
»Echt?«
»Hm«, log Senta und war überrascht, wie leicht es plötzlich war, den ungehobelten Zehka auf sein peinliches Problem hinzuweisen. Gerade ihre Notlüge schien ihn zu beeindrucken. Er hauchte sich gegen die Hand und wurde augenblicklich rot.
»Oh Gott«, stöhnte er und Senta reichte ihm wortlos einen Kaugummi.
»Ich gehe zu einem total netten Zahnarzt. Er hat seine Praxis in der Heustraße.«
»Lass mal. Der kriegt einen Schock«, wehrte Zehka ab.
»Quatsch«, protestierte Senta. »Der hat schon Schlimmeres gesehen.« Sie erklärte ihm, dass ihr Zahnarzt jedes Jahr nach Indien fahren würde, um dort fast zahnlose Menschen zu behandeln. Zehka schien sichtlich beeindruckt und versprach, dass er sich die Praxis ja einmal von außen
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