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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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zu mir, um hier bei mir zu leben.«
    Allein diese Gewissheit, ein Sicherheitsnetz zu haben, verschaffte Helen ein besseres Gefühl.
    Die Rückkehr nach Ealing war seltsam. Das Haus sah so klein aus, dabei zählte es sogar zu den besseren Unterkünften in dieser Gegend. Jemand hatte die Möbel im Wohnzimmer umgestellt, und der Kirschbaum im Vorgarten, den Maggy ihnen zur Hochzeit geschenkt hatte, war schief gestutzt worden.
    Aber es war Caroline, die Helen am meisten beunruhigte. Sie hatten ihre herrlichen, langen, rotblonden Zöpfe abgeschnitten! Sandra war offenbar der Ansicht, dass dieser recht stachelige Kurzhaarschnitt einfacher zu pflegen sei, aber alles, was Helen sehen konnte, war ein verstörtes Kind mit Angst in den Augen statt das glückliche, selbstsichere kleine Mädchen wie vor dem Unfall.
    Was hatte Caroline gesehen?
    Eine Feuersäule, so hatte Bob ihren Körper beschrieben. Er hatte Helen wieder und wieder über den Boden gewälzt, um die Flammen zu ersticken. Er hatte ihr das Leben gerettet, wie die Ärzte sagten, was ein weiterer Grund war, warum sie ihn nicht verlassen konnte. Aber wie schrecklich für ein Kind, das mitansehen zu müssen! Nachdem Bob die Flammen gelöscht hatte, hielt er offenbar einen Wagen an und bat den Fahrer, ihn zum nächsten Krankenhaus zu lotsen. Caroline saß hinter ihnen auf der Rückbank, zweifellos unter Schock. Kein Wunder, dass ihre Augen diesen misstrauischen, verängstigten Ausdruck hatten.
    »Es ist alles gut, Liebling. Mummy ist wieder zu Hause«, sagte sie und drückte Caroline an ihren gewölbten Bauch, der nun nicht mehr zu übersehen war. »Ich bin noch hier. Und ich verspreche dir, ich werde nie wieder weggehen.«
    Aber Caroline schreckte jede Nacht in dem kleinen Raum neben Sandras Zimmer hoch. Ihre Schreie hallten durch das ganze Haus. »Ich kümmere mich um sie«, sagte Sandra, wenn Helen nach ihr eintraf. »Lass mich. Sie ist an mich gewöhnt.«
    Und Helen konnte nur zusehen und kam sich ausgeschlossen vor, während ihre Schwiegermutter die Kleine im Arm hielt und sanft schaukelte. »Vielleicht«, sagte Helen spätabends zu Maggy am Telefon, »bin ich keine gute Mutter, weil ich selbst nicht lange genug eine Mutter hatte, von der ich lernen konnte.«
    »Ich glaube nicht, dass das stimmt«, erwiderte Maggy unsicher, aber Helen hörte an der stockenden Stimme ihrer Freundin, dass diese genauso dachte. Als Helen nach dem Gespräch den Hörer auflegte, fragte sie sich, ob der frühe Tod von Maggys Mutter der Grund für die Abneigung ihrer Freundin war, selbst zu heiraten und Kinder zu bekommen. Helen fiel es immer schwerer, sich an das Gesicht ihrer eigenen Mutter zu erinnern. Wäre da nicht das Porträt auf ihrer Frisierkommode, auf dem Rose diesen herrlich gelassenen Blick hatte, als hätte sie rechts außerhalb des Rahmens etwas entdeckt, könnte sie sich vielleicht überhaupt nicht mehr an sie erinnern.
    Grace war von Anfang an ein schwieriges Kind. Sie brüllte wie am Spieß, als sie geboren wurde, und schrie weiter, wenn sie nicht ihren Willen bekam, bis zur Pubertät, als das Schreien in Schmollen überging.
    Insgeheim ahnte Helen, dass Graces Jähzorn auf den furchtbaren Schock zurückzuführen war, den sie im Mutterleib bei dem Unfall erlitten haben musste. Maggy hatte ihr von einer neuen Studie erzählt, wonach ungeborene Kinder stark den Einflüssen ihrer Umgebung ausgesetzt sind. Wenn das stimmte, hatte Maggy hinzugefügt, nütze ihnen das nun auch nicht mehr viel, aber die gezwungene Ironie ihrer Freundin machte Helen nicht gerade zuversichtlich.
    Seltsamerweise fand Bob das Verhalten von Grace »lebhaft«. Helen hatte erwartet, dass er enttäuscht reagierte, weil es wieder kein Junge geworden war, aber stattdessen hatte er Freude daran, dass Grace im Garten den Ball treten konnte und dass sie einmal, als sie noch keine drei Jahre alt war, auf der Fähre zur Isle of Wight, wo sie nach wie vor ein- bis zweimal im Jahr ausspannten, einen Schluck von seinem Bier trank. »Wir haben hier ein echtes Original«, gluckste er mit mehr Bewunderung, als er jemals für Helen gezeigt hatte.
    Gott sei Dank gab es Maggy. Helen wusste nicht, was sie ohne sie getan hätte. Obwohl Maggy nach wie vor in Wolverhampton lebte, kam sie häufig herunter, um ihre Patentöchter zu besuchen, und vor kurzem hatte sie einen tollen Mann kennengelernt, der Ralph hieß und Arzt war.
    »Wirst du ihn heiraten?«, fragte Helen schüchtern, als Maggy zu ihnen auf die Insel stieß,

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