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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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hatte. Er plauderte angeregt mit Dawn über ihre Kindheit in Lewisham, wo er auch aufgewachsen war, und lud sie, zu Helens Überraschung, zum Abendbrot ein, obwohl der Cottage Pie, den Helen vorbereitet hatte, kaum für vier Personen reichte, geschweige denn für fünf. Sprachlos beobachtete sie, wie ihr Mann sich am Tisch in einen anderen verwandelte, während er sich wortgewandt und charmant mit dieser jungen Frau unterhielt, die auf eine aufgedonnerte, wasserstoffblonde Art hübsch war. Vor Helen hatte Bob eine Freundin namens Dawn, von der er oft gesprochen hatte. Nun schien es beinahe, als würde allein der Name bei ihm Erinnerungen an vergangene Zeiten wecken und an das, was hätte sein können.
    Flirtete ihr Mann auch mit anderen Frauen so? Erst neulich hatte Helen in der Woman’s Own einen Bericht gelesen, in dem den Leserinnen empfohlen wurde, sich abends, bevor der Mann nach Hause kam, »optisch vorzubereiten«, indem sie sich schminkten und ordentlich frisierten und dafür sorgten, dass eine einladende Mahlzeit auf dem Tisch stand. »Es gibt eine ganze Reihe rücksichtsloser Frauen, die als Sekretärinnen arbeiten«, wurde in dem Artikel gewarnt, »und denen leider als Folge der freizügigen Sechziger die Moral abhandengekommen ist.«
    Im Sommer darauf kam Dawn mit einer »Viel Glück«-Karte zu Carolines bevorstehenden Prüfungen vorbei. »Wie nett von dir«, säuselte Bob, der an die Tür gegangen war. »Möchtest du nicht auf einen Drink hereinkommen?«
    Zufällig schaute Maggy an diesem Abend auf dem Rückweg nach Wolverhampton ebenfalls kurz vorbei, nachdem sie in London eine Verabredung gehabt hatte. »Meine Güte, Hellie«, sagte ihre Freundin, als sie sich leise in der Küche unterhielten. »Ich verstehe, was du vorhin meintest wegen Bob und diesem jungen Ding.« Sie berührte Helens Arm und machte zur Abwechslung ein ernstes Gesicht. »Verzeih mir, dass ich das sage, aber es kommt mir vor, als würde er sich mit einer Frau aus seinem Milieu wohler fühlen. Dir ist doch wohl klar, dass diese kleine Schönheit für Arme die Antwort auf deine Gebete sein könnte …«
    Es war schwierig, rechtmäßig geschieden zu werden, außer man hatte einen triftigen Grund und konnte diesen beweisen. Maggys Idee war ungeheuerlich und auch geschmacklos, aber, wie ihre Freundin sagte, in Anbetracht von Helens Verzweiflung durchaus machbar. Bob musste zu einem Geschäftstermin nach Norfolk. Graces Schule war an diesem Tag geschlossen, was bedeutete, dass Helen Dawn bestellen musste, um auf Grace aufzupassen. Sie machte Bob den Vorschlag, Grace und Dawn zu einem »kleinen Tagesausflug« mitzunehmen. Sie würden erst am Abend zurück sein. Im letzten Moment fiel Helen ein, dass Grace von einer Schulfreundin in den Zirkus eingeladen worden war. »Ich möchte Dawn nicht den Ausflug verderben«, sagte sie abgeklärt zu Bob. »Warum fährst du nicht mit ihr allein?«
    Die beiden würden den ganzen Tag weg sein. Zeit genug, dass sich etwas ergeben konnte. Helen konnte sich zwar keinen Detektiv leisten, der die zwei mit der Kamera verfolgte, aber mit etwas Glück würde Bob ihr hinterher einen Beweis liefern. Einen Brief vielleicht. Oder ein Telefonat. Es wirkte kalkuliert, aber es war auch Helens einzige Hoffnung. Wenn sie nicht endlich eine Möglichkeit fand, Bob zu verlassen, fürchtete sie ernsthaft, irgendwann den Verstand zu verlieren.
    Als Bob dann am Abend aus einer Telefonzelle anrief, um ihr zu sagen, dass sein Geschäftstermin unerwartet länger gedauert habe und dass es bei dem schlimmen Verkehr vielleicht besser sei, zwei Zimmer in einer Pension zu nehmen, ertappte Helen sich dabei, dass sie fast zu bereitwillig zustimmte, bevor sie den Hörer auflegte und sich fragte, was um alles in der Welt sie getan hatte.
    In den folgenden Wochen war Bob noch nervöser als sonst. Er kam immer später von der Arbeit, während sie alle darauf warteten, sich an den kleinen ovalen Tisch von G-Plan zu setzen, der in einer Ecke des Wohnzimmers stand und von Caroline stets sorgfältig gedeckt wurde. Helen hielt während der Woche einen strikten Essensplan ein. Dienstags gab es gebratene Leber mit Speck, weil es nahrhaft war und günstig. Die Mädchen machten zwar jedes Mal ein Theater und behaupteten, sich vor Innereien zu ekeln, aber trotzdem aßen sie brav auf, wenn ihre Eltern sie daran erinnerten, dass sie damals im Krieg fast gar nichts zu essen hatten. Mittwochs gab es geschmorten Ochsenschwanz, und so weiter. Montags

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