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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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und beinahe farblose Erscheinung hatte ihr Herz nicht in Wallung versetzt, wie ihre erste Gouvernante es einst ausgedrückt hatte. Tatsächlich hatten sie damals über Desdemona gesprochen, obwohl Rose vermutete, dass ihre liebenswerte Gouvernante das Thema gewählt hatte, um sie auf etwas vorzubereiten. Doch nun, während sie den Speichel auf den vollen roten Lippen ihres Mannes betrachtete, dessen Oberlippe interessanterweise viel schmaler war als die Unterlippe, spürte sie Sehnsucht nach dem freundlichen jüngeren Bruder, dem sie im Lazarett so oft Gesellschaft geleistet und im Bestreben, seine Schmerzen zu lindern, vorgelesen hatte.
    Was, fragte sie sich, während die nächste Welle gegen das Schiff krachte, sodass die leere Whiskyflasche auf den Boden rollte und klirrend zerbrach, würde aus Duncan werden? Würde jemals jemand einen Mann heiraten wollen, dem ein Bein fehlte?
    Das Klirren, zusammen mit dem Schwanken des Schiffs, schien Charles aufgeweckt zu haben. Zumindest öffnete er die Augen, aber er sah sie an, als wäre sie eine andere.
    »Maya.«
    Was redete er? Es klang wie diese seltsame fremde Sprache, die er mit ihr geübt hatte, die wichtigsten Ausdrücke, wie er lachend sagte, zum Beispiel »Mehr Eis, bitte« in der eigenartigen Mundart, die dort unten gesprochen wurde.
    »Charles!« Sie versuchte auszuweichen, aber seine Finger bohrten sich in ihren Arm. »Charles. Du tust mir weh.«
    Es war, wie sie später ihrem Tagebuch anvertraute, als würde er sie attackieren. Sie versuchte zu schreien, aber das Tosen der Wellen erstickte ihre Hilferufe, während er sich aufsetzte, nach Whisky stinkend, und begann, ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Ihr schönes Kleid, dachte sie, zu spät. »Charles, was tust du?«
    Und dann war er auf ihr, sein Gewicht drückte so schwer auf sie, dass sie bestimmt zerbrechen würde. Es war unmöglich, Luft zu bekommen. Er wollte sie ermorden, so wie der Einheimische versucht hatte, ihn zu ermorden, und ihm die Zigarrenkerbe im Nacken zugefügt hatte.
    »Hör auf! Hör sofort auf!«
    Und dann spürte sie etwas anderes. Etwas, das sie nie zuvor gespürt hatte und das in sie hineinstieß, als würde jemand etwas mit einem Teil von ihr anstellen, von dem sie nicht gewusst hatte, dass sie ihn besaß. »Charles!«
    Er ächzte nun, grunzte wie ein Tier, das in einer Falle saß. Obwohl die einzigen Tiere, die sie jemals in Fallen gesehen hatte, aus den Schulzimmerbüchern stammten, fühlte sie sich, als wäre sie selbst eins. Sie konnte sich nicht bewegen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als unter ihm zu liegen und zu hoffen, verzweifelt zu hoffen, dass jemand sie bemerkte und von diesem Wahnsinnigen befreite, der ständig »Maya, Maya« vor sich hin stammelte.
    Und dann, so plötzlich, wie das Schiff aufhörte, sich zu bewegen, tat das auch der Fremde auf ihr. Das Schiff rollte auf die Seite, und er ebenso. Rose starrte ihn entsetzt an. War er tot? Offenbar nicht, denn seine Brust hob und senkte sich. Trotzdem sollte sie Hilfe holen. Vielleicht hatte er einen Anfall, ihr Vater wurde oft zu Patienten gerufen, die unter Anfällen litten. Sie stand auf, taumelnd. Ihre Eingeweide fühlten sich an, als stünden sie in Flammen, und eine klebrige Flüssigkeit lief an der Innenseite ihres Oberschenkels herunter. Dieser scheußliche Whisky, vermutete sie. Gott sei Dank war ihr Kleid nicht allzu schlimm beschädigt. Sie wickelte es um ihren Körper und öffnete die Kabinentür, an der gerade ein Mann und eine Frau vorbeigingen. Von hinten konnte sie das charakteristische Lachen hören. »Celia«, rief sie. »Celia! Bitte, ich brauche Ihre Hilfe. Charles ist krank, und ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    Später betrachtete Rose dies als einen Wendepunkt in ihrer Ehe. Als den Tag, an dem die Dinge sich änderten, hätten sie vorher genug Zeit gehabt, um überhaupt eine Basis zu schaffen, von der aus die Dinge sich entwickeln konnten.
    Sicher war jedoch, dass Rose, laut ihrem Gatten, ihn »zum Gespött gemacht« hatte. Wie, herrschte er sie mit hochrotem Gesicht an, nachdem der Schiffsarzt breit grinsend verkündet hatte, dass dem Patienten nicht das Geringste fehlte, und wieder gegangen war, sollte er im Club jemals Gras über die Sache wachsen lassen?
    »Verdammt, Rose«, brüllte er. »Was hast du dir dabei gedacht?«
    Zu diesem Zeitpunkt wusste sie immer noch nicht, was sie denken sollte, aber später dann nahm Celia sie zur Seite und erklärte es ihr. »Hat Sie niemand darauf

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