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Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pascal Mercier
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Die Bezahlung wäre natürlich ein Problem, ich weiß. »
    «Ich werde darüber nachdenken», sagte Perlmann. Es kostete ihn eine enorme Anstrengung, die Tür sanft zu schließen.
     
    Kurz danach verließ er das Zimmer und nahm nach einigem Zögern den Weg durch die Halle. Dort fing ihn Maria ab, die schniefend, mit einem Taschentuch in der Hand, aus ihrem Büro gelaufen kam. Ob es ihm wieder besser gehe? Sie höre von Signora Morelli, daß er überrascht gewesen sei, den Text verteilt zu finden, den sie am Freitag fertig gemacht habe.
    «Bitte entschuldigen Sie, wenn ich da etwas falsch gemacht habe. Aber als Sie mir Freitag am Telefon sagten, es sei eilig, habe ich automatisch angenommen, das sei der Text für Ihre Sitzung, und deshalb habe ich die Kopieranweisung drangeheftet. Auch Ihren Namen habe ich, glaube ich, ergänzt. »
    Die Leute von Fiat?
    «Ach die», lachte sie und mußte sich schneuzen,«ich hatte nicht den Eindruck, daß da fürchterlich viel gearbeitet wurde. Und als ich etwas von Forschungsgruppe und wichtigem Text sagte, winkte Santini sofort ab. Ein patenter Typ. Ist schon oft mit Leuten hier gewesen. »Sie rieb sich die geröteten Augen.«Sie hatten zwar gesagt, Samstag mittag würde auch noch reichen. Aber dann habe ich gespürt, daß diese Erkältung im Anzug war, und habe das Ding noch am Freitag zu Ende geschrieben, um am Samstag im Bett bleiben zu können. Ach, Moment», sagte sie, bedeutete ihm zu warten und verschwand im Büro.
    Wenn sie keine Erkältung bekommen hätte, wären die Fächer Samstag morgen leer geblieben und ich hätte Giovannis Versäumnis gleich entdeckt. Wenn der seinen Fehler allerdings nicht gemacht hätte, dann wäre ihre Erkältung meine Rettung gewesen.
    «Hier», sagte Maria und reichte ihm das schwarze Wachstuchheft.«Ihre Sachen schreibe ich gern. Sie sind nicht so technisch wie die der anderen, und nicht so trocken. Das war schon bei dem anderen Text so, dem übers Erinnern. Und der hier hat außerdem diesen originellen Titel. Gefällt mir. Ist für Sie jetzt also wirklich nichts schiefgegangen? Hätte ich vielleicht den anderen Text noch einmal ausdrucken und kopieren lassen sollen?»
    «Nein, nein», sagte Perlmann und mußte gegen die Hast in seiner Stimme ankämpfen,«Sie haben genau das Richtige getan. Mille grazie.»
     
    Bei Licht betrachtet sah der Schaden am Lancia schlimm aus. Der dunkelblaue Lack war der ganzen Länge nach mehrfach aufgerissen, die Schrammen drangen bis tief ins Blech hinein, und beim Scheinwerfer vorne rechts war der Kotflügel kräftig zusammengestaucht worden. Perlmann nahm Krawatte, Medaille und Urkunde vom Rücksitz und tat sie zusammen mit dem schwarzen Heft in den leeren Handkoffer. Dann fuhr er los.
    Er war noch nicht einmal bei der großen Hafenmole, da war ihm schon klar, daß er es jetzt nicht schaffen würde. Er schlotterte vor Schwäche, und seine Reaktionen waren grotesk verzögert, als arbeite das Gehirn nur im Zeitlupentempo. Unter den Blicken eines Polizisten hielt er im Halteverbot und trocknete sich den Schweiß von den kalten Händen.
    Gerade als er wenden und zurückfahren wollte, fiel sein Blick auf das Hotel IMPERIALE am Hang oben. Irgend etwas war damit. Wieder machte das Gehirn eine gespenstisch lange Pause. Der Kellner. Ich habe ihn nicht abgewartet. Und ich habe nicht bezahlt. Also auch noch Zechprellerei . Im Vergleich zu allem anderen war das so lächerlich, daß Perlmann das Gesicht zu einem Grinsen verzog. Ganz langsam fuhr er zum Hotel hinauf und wartete vor der Einfahrt minutenlang auch noch den entferntesten Gegenverkehr ab.
    Es war derselbe Kellner. Er maß Perlmann mit einem abschätzigen Blick. Das bleiche, unrasierte Gesicht. Die verschmutzte Jacke. Die blutbefleckte Hose. Die ungeputzten Schuhe.
    «Ich habe gestern abend zu zahlen vergessen», sagte Perlmann und holte eine Handvoll Scheine aus der Tasche.
    «Wir sind solche Gäste hier nicht gewöhnt», sagte der Kellner steif.
    «Es ist ja auch nicht eine Gewohnheit von mir», sagte Perlmann mit einem müden Lächeln.«Es waren, glaube ich, ein belegtes Brot, ein Whisky und ein Mineralwasser. »
    «Zwei Wasser», sagte der Kellner scharf.
    «Entschuldigung. Ich war gestern nicht... nicht ganz auf der Höhe.»
    «Das scheint mir auch so. Und ich würde sagen, wir können auf einen weiteren Besuch von Ihnen verzichten», sagte der Kellner und steckte die drei Zehntausend-Lire-Scheine einfach in die Tasche der roten Jacke.
    Die beiden Dinge, der

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