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Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pascal Mercier
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Sie, Brian», begann Perlmann mit täuschender Milde,«fehlt in der vierten Formel nicht eine Klammer? Ganz vorn, meine ich. Sonst ist doch der Bereich des Quantors zu klein. »
    Millar warf ihm einen schnellen Blick zu, drückte die Brille fest auf die Nase und begann mit gerunzelter Stirn zu blättern.
    «Jenny, Jenny Baby», murmelte er mit theatralischem Ärger,«warum immer bei den Formeln? Sie ist die beste Sekretärin der Welt», fügte er mit einem Blick in die Runde hinzu,«aber bei Formeln hat sie einen Block. Vielen Dank, Phil. »
    Perlmann ließ ihn eine Notiz machen.«Eine Kleinigkeit noch», sagte er dann mit belegter Stimme:«Die Formel zehn ergibt so, wie sie dasteht, keinen Sinn. Und auch die Ableitung stimmt nicht. »
    Daß der gesamte Brustkorb wie jetzt zum Resonanzkörper für den Herzschlag wurde, das hatte er noch nie erlebt. Er umfaßte mit beiden Händen das übergeschlagene Knie, spannte die Arme und stemmte sich gegen die Wucht des dröhnenden Pulses. Der kurze, ein bißchen flackernde Blick Millars war unmißverständlich: Das war zuviel, besonders wenn es von jemandem kam, der imstande war, eine derart einfältige Frage zu stellen.
    «Offen gestanden, Phil», begann er in hochfahrendem Ton,«ich sehe da nichts, was nicht vollständig in Ordnung wäre. »
    «Ich schon», sagte Ruge, kritzelte etwas in den Text und grinste Millar an.«In der Mitte fehlt ein Quantor. »
    Jetzt griff auch von Levetzov zum Stift. In seinem Gesicht zuckte die Schadenfreude. Millar fuhr mit dem Kugelschreiber die Zeile entlang und stockte.
    «Moment... ach so, ja, tatsächlich», murmelte er, fügte die Zeichen ein und machte eine weitere Notiz auf seinem Zettel.«Jenny Baby, wir werden uns ernsthaft unterhalten müssen», sagte er während des Schreibens und sah Perlmann dann an.«In den Druckfahnen hätte ich’s natürlich entdeckt. Aber trotzdem: Danke. »
    Sein höfliches Lächeln war wie ein kontrastierender Hintergrund, den ein Maler entworfen hatte, um den humorlosen, unversöhnlichen Blick herauszuschälen. Es war nicht Jenny. Es war überhaupt kein Schreibfehler.
    Nachher, auf dem Weg durch den Salon, schob sich Millar neben Perlmann.
    «Diese Frage von Ihnen», sagte er,«ich habe den Eindruck, daß ich da etwas nicht verstanden habe. Vielleicht sollten wir uns mal zusammensetzen. »
    «Absolut», erwiderte Perlmann und hatte nachher das sonderbare Empfinden, es in einer forschen Art gesagt zu haben, die ihm fremd war-beinahe so, als sei er Millar.
    Ob er mit dem neuen Zimmer zufrieden sei, fragte Signora Morelli, als sie ihm den Zimmerschlüssel und die erste Post von Frau Hartwig gab.
    «Ja, sehr», gab er zur Antwort. Er wünschte, ihre Frage hätte ein bißchen weniger geschäftsmäßig geklungen; er hätte das Gefühl der Komplizenschaft mit ihr, das er vorgestern empfunden hatte, gern noch etwas länger aufrechterhalten.
    In der Post waren zwei Vortragseinladungen und eine Bitte um ein Gutachten über einen Studenten. Perlmann sah den Studenten vor sich, wie er, die Hände zwischen den Knien, auf der vordersten Kante des Sessels saß und ihn durch die dicken Brillengläser anblickte. Der Hof der Universität war erfüllt von der trägen, heißen Stille eines frühen Nachmittags im August. Mehr als zwei Stunden lang hatte er die mißlungene Hausarbeit mit ihm durchgesprochen. Der Junge hatte in seiner spitzen, hektischen Handschrift ein halbes Heft vollgeschrieben. Unter der Tür dann, nachdem er mit gesenktem Blick einen überschwenglichen Dank gestottert hatte, war er plötzlich eingeknickt, und Perlmann hatte einen Moment gebraucht, um zu begreifen, daß das eine tiefe Verbeugung war – die Verabschiedung eines Untertanen aus einem anderen Jahrhundert. An die geschlossene Tür gelehnt, war er lange stehengeblieben und hatte das Büro betrachtet, das er nun seit sieben Jahren benutzte: den schönen Schreibtisch, den eleganten Stuhl dahinter, die Lampen, die Sitzecke. Alles viel zu teuer, hatte er gedacht, und war sich vorgekommen wie ein Eindringling im Büro von einem, der wirklich etwas leistet.
    Er rief Frau Hartwig an und diktierte ihr das Gutachten, in dem er den Studenten für ein Stipendium empfahl. Als sie ihm den Text nachher vorlas, erschrak er über das viele unbegründete Lob. Er wagte nicht, es rückgängig zu machen, und ging zu den Absagebriefen für die Vorträge über. Ja, sagte er am Schluß, es sei noch ein Rest von Sommer in der Luft.
    «Sie können froh sein, Sie sind dort

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