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Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pascal Mercier
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ließ.
    Perlmann blickte ins Leere. Evelyn Mistrals gespielte Panik berührte ihn wie eine geschmacklose Clownerie und hatte gleichzeitig so wenig Wirklichkeit wie die Szene auf einem Abziehbild.
    «It’s okay», hörte er sich mit hohler Stimme sagen.
    «Fine», sagte von Levetzov und begann mit der Erläuterung seiner Texte.
    Spätestens Dienstag muß mein Text in den Fächern sein. Zwei Tage muß ich Maria geben. Samstags arbeitet sie nicht. Also Freitag morgen. Donnerstag nacht muß ich fertig werden. Nur noch vier Tage, davon drei halbe Tage futsch wegen der Sitzungen. Zweieinhalb Tage. Nur noch zweieinhalb Tage. Und die Nächte. Früher habe ich in der Stille einer einzigen Nacht einen halben Aufsatz heruntergeschrieben. Früher. Vor langer Zeit. Erst als er die Blicke der Kollegen auffing, merkte Perlmann, daß von Levetzov ihn offenbar etwas gefragt hatte.
    «Yes», sagte er ins Blaue hinein und merkte an Ruges Stirnrunzeln sofort, daß das als Antwort keinen Sinn ergab. Mit heißen Wangen begann er, in den Texten zu blättern, und wartete, bis von Levetzov mit einem «Well, then ...»fortfuhr.
    Für lange Zeit, es mochten zwei Stunden sein, hörte Perlmann nicht mehr, was um ihn herum vor sich ging. Er fand nur noch einen einzigen Weg, um sich gegen die übermächtige Panik zu behaupten: Er fing an zu arbeiten. Methodisch machte er in seinem Notizbuch eine Aufstellung aller Themen, über die er jemals gearbeitet hatte. Dann nahm er für jedes Stichwort eine neue Seite und notierte die Assoziationen, die sich darum herum gruppierten. Mit verschiedenen Arten von Pfeilen markierte er die Beziehungen der Themen zueinander. Eine Struktur entstand. Langsam wurde er ruhiger, und von der inneren Anspannung blieben nur noch die pochenden Kopfschmerzen übrig. Eingesponnen in einen Kokon herbeigezwungener, hauchdünner Selbstsicherheit stand er plötzlich auf und ging, die abrupt eintretende Redepause ignorierend, hinaus, ohne jemanden anzublikken.
    Aspirin habe sie immer bei sich, sagte Maria und begann, in der Handtasche zu wühlen. Als sie nichts fand, fuhr sie sich mit beiden Händen durch das lackglänzende Haar und zerstörte dabei die Tolle, die wie ein kleiner Schirm über die Stirn hinausgeragt hatte. Schließlich fand sie die Tabletten unter einem Papierwust auf dem Schreibtisch und bot Perlmann ihr Glas mit Mineralwasser an.
    Sein Manuskript bekomme sie am Freitag morgen, sagte er, als er das Glas nachher auf die Schreibtischecke stellte. Die Kälte in den Fingern konnte nicht nur vom Glas herrühren, dachte er, auch die linke Hand war kalt. Ob sie bis Montag abend damit fertig sein könne?
    Wie lange der Text denn sei, fragte sie. Die Frage brachte ihn aus der Fassung, und er hatte einen Moment den Eindruck zu taumeln.
    «Weil die Texte der anderen doch so lang sind», lächelte sie entschuldigend, als die Pause immer länger wurde.
    «Vielleicht fünfzig Seiten», sagte er hölzern, bedankte sich förmlich für die Tablette und verließ das Büro.
    Einen Moment trat er an die Glastür des Eingangs. Der Himmel über der Bucht, die sonderbar langweilig wirkte, schien an diesem Morgen überhaupt keine Farbe zu haben. Hinter dem Felsvorsprung verschwinden. Er wollte es nicht schon wieder denken und zwang sich, in die Veranda zurückzugehen.
    Dieses Mal entstand keine Unterbrechung, Laura Sands Altstimme mit ihrer rauchigen Gereiztheit floß weiter. Perlmann setzte sich und sah auf seine Notizen. Wörter, nichts als einzelne Wörter. Wie hatte er vorhin nur glauben können, dieses Gekritzel könne ihm aus der Klemme helfen. Ganz zu schweigen davon, daß er angeblich ja an einem Text über den Zusammenhang von Sprache und Erinnerung arbeitete.
    Jetzt beugten sich die anderen wie auf Kommando nach vorn und blätterten in von Levetzovs Texten. Um nicht aufzufallen, begann auch er zu blättern. Doch es ging nicht: Die Blätter waren vom Kopieren immer noch aufgeladen und klebten aneinander, so daß sich jeweils nur ein schwerfälliger Packen als ganzer bewegen ließ. Perlmann versuchte vergeblich, die Blätter auseinanderzuklauben, und sein Daumen, sein abstoßender Daumen mit den lächerlichen Rillen auf dem Nagel, wurde vor seinen schmerzenden Augen immer größer und häßlicher, als werde ein erbarmungsloses Vergrößerungsglas darübergehalten. Über den anschwellenden Daumen hinweg nahm er die amüsierten und hämischen Blicke der anderen wahr, und was er von den Blicken nicht sah, das spürte er.
    Daß er

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