Pern 03 - Drachengesang
saßen kleinere Gruppen zusammen und plauderten, und Menolly bemerkte, daß Weinschläuche die Runde machten. Das überraschte sie anfangs, denn in der Burg am Meer wurde Wein nur zu ganz besonderen Gelegenheiten aufgetragen. T’gellan bat einen der 178
Weyr-Jungen, ihm Becher und eine gefüllte Karaffe zu bringen, und bestand darauf, daß die beiden Mädchen mit ihm anstießen.
»Den Wein von Benden schlägt man nicht aus«, belehrte er Menolly. »Sag selbst – ist das nicht der beste Tropfen, den du je probiert hast?«
Menolly wollte nicht zugeben, daß es ihr erster Wein überhaupt war – einmal abgesehen von dem Betäubungstrank, den Mavi ihr nach dem Unfall eingeflößt hatte. Hier im Weyr galten ganz offensichtlich andere Sitten als in der Halbkreis-Bucht.
Als der Harfner dann begann, leise vor sich hinzuspielen, mehr zu seinem eigenen Vergnügen als dem der anderen, klopfte Menolly ohne Scheu den Rhythmus mit. Es war ein Lied, das sie liebte, und weil sie fand, daß er wenig lustlos spielte, begann sie eine Gegenstimme zu summen. Sie merkte kaum, was sie tat, bis Mirrim ihr lächelnd zunickte.
»Das klingt ja wunderbar, Menolly. He, Oharan, komm her!
Menolly hat eine neue Stimme für dein Lied.«
»Bitte, Mirrim … sei doch still!«
»Warum?« fragte T’gellan und schenkte ihr Wein nach. »Ein wenig Musik tut uns allen gut. Manche Leute hier machen Gesichter, so lang wie eine verregnete Planetendrehung.«
Schüchtern paßte Menolly ihre Stimme dem warmen Bariton von Harfner Oharan an.
»Hm, nicht schlecht, Menolly. Du besitzt ein sicheres Ge-hör«, strahlte Oharan, und sie senkte ve rlegen den Kopf.
Wenn Yanus wüßte, daß sie im Weyr sang … Aber Yanus war weit weg, und er würde es nie erfahren.
»Paß auf, kannst du das da begleiten?«
Und Oharan stimmte eine der alten Balladen an, die sie immer im Wechselgesang mit Petiron vorgetragen ha tte.
Mit einem Mal klang ein Chor auf, leise und zart, aber nicht zu überhören. Mirrim hob den Kopf, sah erst mißtrauisch 179
T’gellan an und deutete dann auf Prinzessin.
»Sie summt die Melodie mit! Menolly, wie hast du ihr das beigebracht? Und die anderen … singen auch!« Mirrim machte große, runde Augen.
Oharan spielte weiter und gab Mirrim durch einen Wink zu verstehen, daß sie still sein solle. T’gellan hielt den Kopf schnief und lauschte angespannt. Prinzessin, Rocky und Taucher sangen …
»Das ist doch nicht zu glauben«, murmelte er.
»Erschreck sie nicht!« flüsterte Oharan und leitete mit einigen Akkorden die nächste Strophe ein.
Als sie die Ballade beendeten, summten alle Feuerechsen im Chor mit. Mirrim konnte sich nicht mehr beruhigen. »Wie hast du das denn nur geschafft, Menolly?«
»Ich spielte und sang für sie in der Höhle, wenn ich mich einsam fühlte. Einfache kleine Sachen …«
»Einfache kleine Sachen! Ich besitze meine drei schon viel länger als du – aber ich hatte nicht einmal eine Ahnung, daß sie Musik mögen.«
»Was beweist, daß du doch nicht allwissend bist, Mirrim«, ärgerte sie T’gellan.
»Also, das finde ich un …«, wollte Menolly ihre Freundin verteidigen, aber plötzlich bekam sie einen Schluckauf, der nicht mehr aufhören wollte.
»Wieviel Wein hast du ihr eigentlich gegeben, T’gellan?«
fragte Mirrim und sah den Bronzereiter mit düsterer Miene an.
»Bestimmt nicht genug für einen Schwips.«
Menolly hickste von neuem.
»Hol Wasser!«
»Halt den Atem an!« schlug Oharan vor.
T’gellan brachte Wasser, und Menolly trank es in kleinen Schlucken, bis sie sich besser fühlte. Sie beharrte darauf, daß sie den Wein überhaupt nicht spürte, sondern nur todmüde sei.
Wenn jemand die Echsen-Eier hüten könnte … es sei soo 180
spät…
Fürsorglich brachten T’gellan und Oharan sie zu ihrer Schla fkammer, verfolgt von Mirrims Geschimpfe, daß Männer eben keinen Funken Verstand im Kopf hätten.
Menolly war froh, als sie endlich auf ihrem Bett lag. Sie ließ es zu, daß Mirrim ihr die Pantoffel und neuen Kleider auszog und sie zudeckte. Und sie war eingeschlafen, ehe die Feuerechsen sich an ihre Seite gekuschelt hatten.
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Drachenflug, Drachenflug,
Entflammt sind die Triebe,
Weyrherrin, teil mit mir
Die Glut dieser Liebe.
Mirrim weckte Menolly in aller Frühe und scheuchte ungeduldig die Feuerechsen weg, die sie gereizt anfauchten.
»Menolly, wach auf! Wir brauchen heute jeden in der Küche.
Die kleinen Drachen sollen schlüpfen, und halb Pern ist zur
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