Pern 04 - Drachensinger
ihre Hand und drückte sie kurz. »Verstehst du, Menolly, 130
Meister Domick hat das Stück eben erst vollendet. Sebell und ich spielten uns die Finger wund, um dir folgen zu können, und Domick kriegt jetzt noch keine Luft. Wie du es geschafft hast, dich durch diese vertrackte Melodie zu ackern …«
Jetzt schaute Sebell zum erstenmal auf. Er hatte Tränen in den Augen, aber es waren Lachtränen. Unfähig zu sprechen, deutete er mit dem Finger auf Domick.
Domick schob seine Hand ärgerlich zur Seite und funkelte die beiden Gesellen wütend an. »Lacht nur! Schön, ich habe mich diesmal blamiert, aber ihr müßt zugeben, daß meine Zweifel im allgemeinen berechtigt sind. Allein musizieren kann jeder …«
Er wandte sich Menolly zu, die noch völlig verwirrt war.
»Hast du oft mit Petiron gespielt? Oder mit einem der and eren Musiker in der Halbkreis-Bucht?«
»Petiron war der einzige Musiker auf der Burg. Fischerhä nde sind zu rauh und steif für Instrumente.« Sie warf Sebell einen Blick zu. »Sicher, es gab ein paar Trommler …«
Ihre Antwort brachte Sebell erneut zum Lachen. Merkwürdig, fand Menolly. Ihr war er gestern so ernst und ruhig erschienen.
»Ich schlage vor, daß du mir jetzt einmal genau schilderst, was du in der Halbkreis-Bucht getan hast. Sofern es die Musik betrifft, versteht sich. Meister Robinton hatte bis jetzt keine Zeit, mir Näheres zu erzählen.«
In Domicks Worten klang durch, daß er ein Recht darauf hatte, alles zu erfahren, was auch Meister Robinton wußte, und sie sah, wie Sebell ihr schwach zunickte. So überlegte sie einen Augenblick lang. War es richtig, wenn sie den Harfnern erzählte, daß sie nach Petirons Tod die Kinder in der Halbkreis-Bucht unterrichtet hatte? Ja, denn sicher wußte das Meister Robinton inzwischen von Elgion, und er hatte sie mit keiner Silbe deswegen getadelt. Außerdem legte Meister Domick Wert auf die Wahrheit, das hatte er bereits einmal betont. So sprach sie offen von der Situation in der Halbkreis-Bucht – wie Petiron sie zu seiner Schülerin gemacht hatte, 131
sobald sie alt genug war, die Sagen und Balladen zu lernen.
Wie er sie bald darauf im Gitarren-und Harfenspiel unterric htet hatte, »damit mir das Lernen leichter fiel und ich ihn beim Abendgesang in der Burg unterstützen konnte«. Domick nickte. Und wie Petiron ihr schließlich alles an Musik beigebracht hatte, was im Archiv lag, »leider nicht sehr viel, da Yanus keinen großen Wert auf Konzertstücke legte«.
» Ich verstehe .«
Und wieder nickte Domick.
Petiron hatte ihr beigebracht, Pfeifen aus Ried zu schnitzen, Trommelrahmen zu bespannen und eine Gitarre und eine kleine Harfe zu bauen. Zumindest theoretisch, denn es gab wenig Holz in der Burg am Meer, und der See-Baron fand es unpassend, wenn ein Mädchen eigene Instrumente besaß. Aber während der letzten beiden Planetenumläufe hatte sie allein gespielt, weil Petirons Hände aufgeschwollen waren und zu sehr zitterten. Und nach Petirons Tod – Menolly spürte einen Klumpen im Hals – hatte sie die Unterweisung der Kinder weitergeführt, weil Yanus einsah, daß die Jugend gemäß den Traditionen erzogen werden mußte und sie die einzige war, die das konnte.
»Und dann – nachdem das mit deiner Hand geschah?«
»Ach, zu der Zeit kam der neue Harfner. Ich wurde ohnehin nicht mehr gebraucht. Außerdem …« Sie hielt die Hand hoch.
»Keiner glaubte, daß ich je wieder spielen könnte.«
Sie bemerkte die Stille nicht gleich. Sie hatte den Kopf gesenkt und rieb mit dem Daumen geistesabwesend über die Narbe, die nach dem Spiel ein wenig schmerzte.
»Als Petiron noch hier in der Gildehalle lebte, gab es keinen besseren Musiker und Lehrer als ihn«, erklärte Domick ruhig.
»Ich hatte das große Glück, von ihm ausgebildet zu werden.
Du brauchst dich nie wieder deines Spiels zu schämen …«
»Oder deiner Freude an der Musik«, fügte Sebell hinzu, und er war wieder ganz ernst.
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Freude an der Musik. Seine Worte öffneten ihr Herz. Woher wußte er so genau, was sie fühlte?
»Jetzt, da du in der Harfnerhalle lebst, Menolly, was möchtest du denn am liebsten tun?« fragte Meister Domick so beiläufig, so neutral, daß Menolly keine Ahnung hatte, welche Antwort er erwartete.
Freude an der Musik.
Wie konnte sie das am besten ausdrücken? Indem sie die Balladen schrieb, die Meister Robinton brauchte? Aber woher wußte sie, was er brauchte? Und hatte Talmor nicht gesagt, daß dieses herrliche Quartett von Meister
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