Pern 05 - Drachentrommeln
Robinton.
»Kollaps?«
Oldive warf Berdine einen ernsten Blick zu, und der begann sich mit einem heftigen Wortschwall zu verteidigen. Der Meisterheiler schob sich an Hittet und Meister Robinton vorbei, gefolgt von dem immer noch händeringenden Berdine, und rannte die Treppe hinauf, ohne auf Alter oder Würde zu achten.
Auch Meister Robinton beschleunigte seine Schritte, bis der füllige Hittet sich zum Laufen gezwungen sah. Sebell und Menolly blieben absichtlich ein Stück zurück, damit ihre 183
Feuer-Echsen die Burg gründlich durchstreifen und vielleicht Piemur aufstöbern konnten.
»Wie wohl es tut, endlich ein paar freundliche Gesichter zu sehen«, seufzte Candler, der nur zu gern bei den beiden Harfnergesellen blieb.
»Wenn jemand diesen gräßlichen Menschen zur Vernunft bringen kann, dann Meister Robinton. Baron Meron weigert sich strikt, einen Erben einzusetzen. Deshalb sein Zusammen-bruch – um dem Druck von außen zu entgehen. Sicher, er war wütend über den Diebstahl, aber während seine Leute die Burg durchstöberten, saß er da und dachte sich die scheußlichsten Strafen für den armseligen kleinen Küchenhelfer aus. Von Schwäche keine Spur! Wenn Sie mich fragen, Sebell, so legt er es darauf an, daß die Burgen in Streit geraten. Sie wissen, wie sehr er Benden haßt.
Und inzwischen …« – Candler stieß ein bitteres Lachen aus –
»will keiner seiner Blutsverwandten, die ihn gedrängt haben, einen Nachfolger zu nennen, das Erbe antreten. Den Grund dafür kenne ich nicht. Doch heute morgen wirkten sie alle wie umgewandelt.« Candler schnaubte verächt lich.
»Um so besser. Jeder von der Brut hätte im Handumdrehen Unfrieden gestiftet.«
»Und sie haben sich erst heute früh eines Besseren beson-nen?« Sebell grinste Menolly an.
»Genau. Ich kann mir nicht denken, weshalb. Vorher versuc h-te jeder, dem Alten schönzutun. Aber jetzt…«
»Deckter ist, soviel ich hörte, ein ehrlicher Mann.«
»Deckter?«
Candler sah Sebell überrascht an.
»Ach so, der Fuhrmann.« Er lachte trocken.
»Stimmt, der gehört eigentlich mit in den Kreis der Bewerber.
Großneffe, nicht wahr? Ich hatte ihn ganz vergessen. Was wohl in seinem Sinne war. Deckter sagte einmal, er könne mit seinem Fuhrunternehmen mehr Geld verdienen als hier auf der 184
Burg. Das stimmt vermutlich auch. Woher kennen Sie ihn?«
»Ich habe mir den Stammbaum von Nabol angesehen.«
Prinzeßchen kehrte zurück und schloß so dicht über Candler hinweg, daß der den Kopf einzog. Rocky, Zair und Kimi folgten ihr bekümmert. Die Botschaft, die sie ihren Freunden übermittelten, war die gleiche: Piemur befand sich nicht in der Burg. Sebell und Menolly schauten einander an.
»Könnte er sich irgendwo im Freien versteckt haben?«
Sebell schüttelte entschieden den Kopf. »Kimi hat überall nach ihm gesucht.«
»Rocky und Prinzeßchen kennen Piemur viel besser als Kimi.«
»Ich glaube zwar nicht, daß sie ihn entdecken, aber ein Versuch kann nicht schaden.«
»Piemur?« fragte Candler, verwirrt über den seltsamen Dialog der beiden.
»Ich habe Grund zu der Annahme, daß es Piemur war, der das Ei stahl«, erklärte Sebell. Er und Menolly gaben den Feuer-Echsen neue Anweisungen und schauten ihnen nach, als sie das Burggelände verließen.
»Piemur? Das ist doch der Junge mit dem herrlichen Sopran?
Ich habe ihn nirgends gesehen …«
Candler stockte und deutete dann auf Sebell.
»Aber Sie waren da, als Baron Meron das Fest besuchte! Der stockbetrunkene Viehhändler! Irgendwie kamen Sie mir bekannt vor… Und Piemur ist auch hier? In Harfner-Angelegenheiten? Es hätte mich ohnehin gewundert, daß jemand von Baron Merons Gesinde soviel Unternehmungsgeist besitzt. Nun – in der Burg ist Piemur nicht, das steht fest.«
»Wie kann er denn geflohen sein?« fragte Sebell. »Ich befand mich die ganze Nacht dicht unterhalb der Rampe. Und selbst wenn ich ihn nicht gesehen hätte – Kimi hielt Wache.«
Sie hatten die Privatgemächer des Barons erreicht, und Candler öffnete die Tür. Er gab ihnen durch eine Geste zu verstehen, 185
daß sie vorangehen sollten.
»Was riecht da so?« fragte Menolly leise und schüttelte sich angeekelt.
»Oh, man gewöhnt sich daran. Scheußlich, ich weiß, aber es hat irgendwie mit Baron Merons Krankheit zu tun. Wir versuchen, den Gestank zu vertreiben.« Er deutete auf die Duftkerzen, die überall im Raum verteilt waren, und fuhr dann im Flüsterton fort: »Manchmal denke ich, daß es eine Art
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