Pern 05 - Drachentrommeln
Strafe ist, weil er sein Leben lang andere Menschen gequä lt hat
– aber dieses Dahinsiechen hat etwas Furchtbares …«
»Hat Meister Oldive ihm denn nicht…«, begann Sebell.
»O doch – die stärksten Mittel, die es gibt, wie Berdine beteuert. Aber die Medikamente dämpfen nur den Schmerz.«
Die Türen zu den beiden nächsten Räumen standen offen, und die Harfner sahen die Verwandten des Burgherrn in schwei-genden Gruppen warten. Jeder schien den Blick des anderen zu meiden. Unvermittelt entstand im dritten Gemach eine Bewegung. Der Meisterharfner erschien im Eingang zu Baron Merons Krankenzimmer.
»Sebell!« rief er, und alle drehten sich um, als der junge Harfner an die Seite seines Meisters eilte.
»Schicken Sie bitte eine Trommelbotschaft an die Barone Oterel, Nessel und Bargen sowie an Weyrführer T’bor. Sie mögen sofort nach Nabol kommen. Betonen Sie die Dringlichkeit der Nachricht!«
»Jawohl, Meister«, entgegnete Sebell ruhig und drehte sich auf dem Absatz herum. Im Gehen winkte er Candler und Menolly zu sich.
»Ich weiß nicht, weshalb mir der Gedanke jetzt erst kommt, Menolly! Wenn es Piemur tatsächlich gelang, die Burg zu verlassen, und er sich irgendwo in den Bergen versteckt hält, dann wird er am ehesten auf ein Trommelsignal reagieren.
Bitte, führen Sie uns zu den Instrumenten hinauf, Candler!«
Man mußte nur die Hüllen von den großen Trommeln strei-186
fen. Sebell stand einen Moment lang nachdenklich da und setzte die Botschaft zusammen. Der erste Wirbel dröhnte über das Tal, gefolgt von den harten, schnellen Rhythmen, welche die Dringlichkeit der Nachricht betonten. Mit großer Konzentration ließ er die Schlegel über die gespannten Häute tanzen. Er gab die Namen der Empfänger durch, die Bitte des Meisterharfners und zum Schluß noch einmal das »Dringend«-Signal.
Menolly stand am Fenster und horchte angespannt, bis die Klänge von der nächsten Station aufgenommen und wiederholt wurden.
»Da – vom Osten«, berichtete sie den beiden Männern. »Aber wo bleibt der Norden? Schlafen die Leute noch! Ah, jetzt höre ich sie!«
»Candler, könnten Sie vielleicht etwas zu essen auftreiben?«
fragte Sebell den Burgharfner. »Wir warten am besten gleich hier auf die Antworten.«
»Die frische Luft wird uns guttun«, setzte Menolly hinzu und schüttelte sich noch einmal, als sie an den Gestank in Baron Merons Räumen dachte.
»Sofort! Entschuldigt bitte, daß ich nicht selbst auf den Gedanken kam, euch etwas anzubieten.« Damit eilte Candler die Stufen hinunter.
Sebell nahm noch einmal die Schlegel in die Hand und trommelte einen raschen Rhythmus.
»Lehrling! Melden! Dringend!«
Er wartete ein paar Atemzüge lang und wiederholte dann die Aufforderung.
»Wenn er sich irgendwo zwischen hier und Ruatha oder Crom versteckt hält, dann wird er uns hören«, sagte Sebell und befestigte die Trommelstöcke an ihren Haken, ehe er zu Menolly ans Fenster trat.
Ihre Miene wirkte traurig, und zwischen ihren Augenbrauen stand eine steile kleine Falte, während sie über die geduckten Hütten zum Festplatz hinunterschaute. Dort herrschte immer 187
noch ein hektisches Durcheinander, weil viele Besucher aufgrund des Zwischenfalls in den Zelten übernachtet hatten.
Aber bis zu den Trommelhöhen drang kaum ein Laut herauf, und die Szene hatte etwas Unwirkliches an sich.
»Mach dir keine Sorgen um Piemur, Menolly«, sagte Sebell fröhlicher, als ihm zumute war. »Der Junge landet immer wieder auf den Füßen.« Er legte ihr einen Moment lang den Arm um die Schultern und lächelte.
»Außer wenn die Stufen eingefettet sind!« fauchte Menolly, und der Harfner zog sie beruhigend an sich.
»Du mußt das anders sehen. Sein Mißgeschick hat sich doch letzten Endes als Vorteil erwiesen. Er muß nicht mehr zu den Trommlern zurück und hat obendrein ein Königinnen-Ei ergattert. Warte nur, plötzlich steht er am Burgtor und grinst uns unschuldig an. Dabei hat er es faustdick hinter den Ohren!
Jemand, der es schafft, Baron Meron zu überlisten …«
»Wenn ich dir nur glauben könnte, Sebell!« seufzte Menolly und lehnte den Kopf trostsuchend an seine Schulter. »Aber Prinzeßchen und Rocky hätten ihn aufgestöbert, falls er irgendwo hier in der Nähe wäre.«
»Der Bengel taucht garantiert wieder auf!« sagte Sebell mit großer Bestimmtheit. Im gleichen Moment hörten sie die erste Antwort über die Berge dröhnen, und Sebell lief rasch an die Instrumente.
Candler kam zurück, als
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