Pern 11 - Die Weyr von Pern
schlecht - es sind nur vier -, aber die Verteilung von Blauen und Grünen ist genau richtig.«
Nachdem die ersten drei Jungdrachen geschlüpft waren, hatte Lessa ihre Aufmerksamkeit auf das Königinnenei gerichtet, das anfangs zaghaft, dann mit gehörigem Schwung zu schaukeln begonnen hatte. Noch zeigten sich freilich keine Sprünge in der Schale, und das war beunruhigend. Gewöhnlich brachen sich kleine Königinnen sehr stürmisch Bahn. Doch dann erschien die Nasenspitze, die beiden Krallen an den Schwingenenden, und schließlich - fast als habe die Kleine kräftig mit den Schultern gezuckt - fiel die Schale auseinander, und da stand sie, eingerahmt von den beiden Hälften, und sah sich mit großer Würde um.
»Was für ein niedliches Ding«, murmelte F'lar Lessa zu.
»Sieh doch nur, sie beherrscht alles, was ihr unter die Augen kommt.«
Mit der unglaublichen Geschmeidigkeit aller Nestlinge beugte die kleine Königin den Kopf nach hinten, bis er fast das Rückgrat berührte, und sah Ramoth lange an, dann schwenkte sie ihn wieder nach vorne, betrachtete die fünf vor ihr stehe nden Mädchen und trat mit zierlichen Schritten aus den Scha-lenhälften. Ganz gelassen und von oben herab schweiften ihre funkelnden Augen noch einmal über die Gruppe, die auf ihre 350
Entscheidung wartete. Lessa bezweifelte, ob in diesem kritischen Augenblick auc h nur eines der Mädchen zu atmen wagte.
»Ich wette eine Marke auf Cona«, sagte F'lar.
Lessa schüttelte den Kopf. »Die verlierst du. Es kann nur Nataly sein. Die beiden sind wie füreinander geschaffen.«
Doch die kleine Königin hatte ihren eigenen Kopf. Sie stolzierte zum einen Ende des Halbkreises und musterte dabei jedes einzelne Mädchen eingehend. Sie kam gar nicht bis zu Cona und Nataly - vor Breda blieb sie stehen, machte den Hals lang und stieß die hochgewachsene junge Frau ganz sanft mit dem Köpfchen an.
»Soviel«, sagte F'lar und schnippte mit den Fingern, »zu unserem Urteil.«
Lessa lachte leise. »Der Drache weiß es immer am besten.«
Gleichwohl stockte ihr einen Moment lang der Atem, denn als Breda niederkniete, um den Kopf der kleinen Königin an ihre Brust zu drücken, lag auf ihrem sonst eher unscheinbaren Gesicht ein völlig verklärter Ausdruck, der sie in eine strahle n-de Schönheit verwandelte.
Breda sah mit leuchtenden Augen zu Lessa auf. »Sie heißt Amaranth, sagt sie!«
»Gut gemacht, Breda. Meinen Glückwunsch!« Lessa mußte schreien, um den Applaus zu übertönen, der die Wahl der kleinen Königin begrüßte. Bist du zufrieden? fragte sie Ramoth, die das Paar mürrisch betrachtete.
Wenn sie nicht geeignet wäre, hätte man sie bei der Suche nicht ausgewählt. Wir werden sehen, wie sie mit Amaranth zurechtkommt. Das ist nämlich eine wahre Tochter von mir Mnementh, der hoch über ihr saß, stieß einen ohrenbetäubenden, aus drei Tönen bestehenden Trompetenschrei aus.
Ramoth reckte den Kopf, ihre Augen pulsierten in allen Farben. Gut hast du mich beflogen .
F'lar grinste Lessa an, denn diese Bemerkung hatten sie beide gehört. »Und jetzt an die Arbeit, mein Liebes«, sagte er, legte 351
den Arm um Lessas schmale Taille und führte sie die Treppe hinunter auf den Sand der Brutstätte.
Ramoth stellte ihr mütterliches Einverständnis ungewöhnlich deutlich zur Schau, indem sie Lessa und F'lar folgte, als die beiden Weyrführer zusammen mit Breda die kleine Amaranth aus der riesigen Höhle geleiteten.
»Niemals hätte ich erwartet, daß ihre Wahl auf mich fallen würde, Weyrherrin Lessa«, sagte Breda. »Ich habe Crom noch nie verlassen, nicht einmal zu einem Fest.«
»Ist deine Familie auch gekommen?«
»Nein, Weyrherrin Lessa, meine Eltern sind tot. Ich bin in der Gildehalle aufgewachsen.«
Lessa legte Breda die Hand auf den Arm, was sonst gar nicht ihre Art war. »Du kannst mich einfach Lessa nennen, meine Liebe. Schließlich sind wir beide Königinnenreiterinnen.«
Bredas Augen wurden groß.
»Wer weiß, meine Liebe?« F'lar sprach halb im Scherz.
»Vielleicht bist auch du schon bald Herrin über einen Weyr.«
Das Mädchen blieb stehen wie vom Blitz getroffen. Schrill kreischend vor Hunger, stieß Amaranth sie an.
Lessa führte Breda mit festem Griff den Weyrbewohnern zu, die ihnen mit riesigen Schalen voller Herdentierfleisch entge-genkamen. »Die Möglichkeit besteht. Aber jetzt wollen wir dir erst einmal zeigen, wie du Amaranth füttern mußt. Laß dich von ihrem Geschrei nicht stören. Nach dem Ausschlüpfen
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