Pern 12 - Die Delphine von Pern
der zwei verletzten Kälber. Cori war jünger, erst in diesem Frühjahr geboren.
»O je, ob das wohl gut war ...?«
»Ich mußte, T'lion«, verteidigte sich Readis mit vor Sorge ein wenig scharfer Stimme. »Ich mußte verhindern, daß sich Blutsauger an Angies Eingeweide hefteten. Die würden sie von innen her auffressen.«
»Moment mal. Ich schau nach ...« T'lion blätterte im Buch, das er so hoch hielt, daß Spritzwasser es nicht berühren konnte.
»O je! Ach!« Er hielt inne und ließ das Buch ein wenig sinken, um einen genaueren Blick darauf zu werfen. »Hier: menschliche Eingeweide.« Er beugte sich vor und sah Angies Wunde an. »Gaddie, bitte halt sie für mich fest. Komm schon, Angie, Gaddie tut dir nicht weh.«
Das Kalb quietschte vor Entsetzen, doch da seine Mutter und Afo es mit der Nase hinschoben, blieb ihm keine Wahl. Gaddie umfaßte es mit seinen Klauen und hielt es wie in einer Wiege hoch.
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»Kannst du Angie ein bißchen schräg halten, Gaddie?« Mit gesenktem Kopf schaute der Bronzedrache selbst nach unten brachte den kleinen Körper dann in eine leichte Schräglage.
»Uhhh.« Beim Anblick der nackt aus der Wunde hervorque llenden Darmschlingen schauderte T'lion.
Er verstaute den Beutel auf Gadareths angewinkeltem Vo rderbein, wo er sicher lag und sich doch in Reichweite befand, und betastete dann zögernd die vorstehenden Darmschlingen.
Dann las er mit angestrengten Lippenbewegungen weiter und sprach die Fachbegriffe Silbe für Silbe laut vor sich hin.
Achselzuckend wandte er sich an den aufgeregten Readis.
»Na ja, das Buch gibt als einzige Anweisung: > Legen sie den Dickdarm in umgekehrter Reihenfolge des Herausnehmens wieder in die Bauchhöhle zurück.< Hm. Das ist natürlich eine enorme Hilfe.«
»Ich habe den Darm in Schlingen zurückgelegt«, bemerkte Readis. »Ich habe Renner mit aufgeschlitzten Bäuchen gesehen. Papa hat die Eingeweide einfach wieder reingeschoben, die Wunde zusammengenäht und das Beste gehofft. Meistens blieben die Tier am Leben.«
»Dann wollen wir hoffen, daß die Delphine, Säuger wie die Renner und wir, gleichfalls überleben«, gab T'lion zurück und krempelte die Ärmel auf. »In Ordnung. Das hier ...« - er reichte Readis ein Töpfchen voll Taubkraut - »kanns t du auf den Wundrändern verstreichen. Damals schien es Boojie zu helfen, und er hat beim Nähen nicht gezappelt.«
Readis strich das Taubkraut großzügig auf.
»Ich habe Persellan oft genug beim Nähen von Drachen
zugeschaut, und bei Boojie habe ich ihm geholfen«, begann T'lion, zog eine Nadel heraus und fädelte den feinen, starken Faden ein, dessen Herstellung Akki der Heilergilde empfohlen hatte. »Ich habe sogar kapiert, wie er seine Knoten macht.«
»Dann mach schon«, warf Readis ungeduldig ein, »bevor Angie noch mehr Blut verliert. Das ist ganz entschieden nicht 289
gut für sie.«
T'lion atmete entschlossen aus und packte Nadel und Faden.
Taubkraut wirkte sehr schnell und ließ alles Fleisch taub werden, sei es bei Menschen, Drachen, oder, so hoffte er, Delphinen.
Selbermachen, so stellte er fest, war keineswegs das gleiche wie Zuschauen. Die spitze Nadel durch das zähe, schlüpfrige Fleisch zu stoßen war etwas ganz anderes als Kleider zu flicken oder auch sein Fluggeschirr zu reparieren. Die Muskeln von Angies Flanke zuckten, da er die Nadel sehr kräftig hineinsto-
ßen mußte. Aber sie zappelte nicht, was ihn mehr beunruhigt hätte. Die anderen Delphine machten beruhigende Geräusche, die auf irgendeine geheimnisvolle Weise das Wasser um Tlions Beine zum Vibrieren zu bringen schienen. Gaddie achtete darauf, daß der Körper des Kalbs soweit wie möglich im Wasser eingetaucht blieb und vermied dabei jedes Schwanken, damit T'lion nicht versehentlich an einer falschen Stelle zustach.
»Sie weiß, daß du ihr hilfst«, bemerkte Readis unter stetigem besänftigendem Streicheln. Ihn beruhigte es, und das Kalb schien sich dieser Bewegung hinzugeben. Außerdem fühlte er immer wieder nach dem beruhigenden Herzschlag in Angies Brust. Es schien ihm plötzlich voll Bedeutung, daß die Delphine das Herz auf der linken Seite hatten, genau wie Menschen.
Cori, das andere verletzte Jungtier, war erst ein paar Monate alt, und für ein so junges Kalb hatte sie eine sehr ernsthafte Verletzung. Als T'lion bei Angie die letzten Stiche gemacht hatte, bat er Gaddie, Cori in seine Klauen zu nehmen, damit Readis sie mit Taubkraut behandeln konnte. Der kleine Delphin stieß merkwürdige
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