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Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen

Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen

Titel: Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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vom Spaziergang zurück?“ Er hat die Gaststube betreten. „Ich habe abgekürzt. Es wird wohl bald regnen. Der Wind ist schon da.“
    „Hier ist ein Brief für Sie, aus London. Er kam schon heute mittag.“ Mary Rodger reicht ihm den Brief. „Hoffentlich sind Sie mir nicht böse, daß ich ihn vergessen habe.“
    „Aber keine Spur, Mrs. Rodger. Und mein Freund Dicki wird es sicher auch verschmerzen, daß ich seinen Brief erst jetzt lese. Sie können mir ein Glas Bier geben.“
    Mit einem Streichholz schlitzt Perry Dickis Brief auf.

    London, Donnerstagabend

    Lieber Mister Clifton!
    Vielen Dank für Ihren Brief. Ich habe mich gewaltig gefreut. Den Brief für Sir Arthur White habe ich gleich in den Kasten geworfen. Ich finde es traurig, daß ich nicht dabei sein konnte, als Sie Billy Wark in Exeter einen Gauner vorgespielt haben. Sicher haben Sie inzwischen Gary Allen verhört. Hat er alles gestanden? Hat er auch seine Komplizen verraten? Dann könnten Sie ja bald wieder nach London kommen. Ohne Sie ist es gar nicht schön hier. Stellen Sie sich vor, es gibt jetzt noch einen Gipsarm im Haus. Mrs. Murch aus der zweiten Etage wollte Ben Picholson — das ist der Sohn vom Schuhmacher in der Landson-Street — eine runterhauen, weil er schon ein paarmal ihre Klingel an der Haustür mit einem Streichholz zur Dauerklingel gemacht hat. Und dabei ist sie ausgerutscht und hat sich den Arm gebrochen.
    Gestern habe ich vor Wut mein Gipsbein gegen Ronnie Hastings Rad geknallt. Er hat behauptet, ich wäre ein Westentaschendetektiv. Auge um Auge, Ohr um Ohr, sagt Großvater immer (oder so ähnlich)! Jetzt soll ich zwölf Speichen bezahlen. Ist das nicht ungerecht?
    Miss Beverly im dritten Stock hat seit drei Tagen einen neuen Untermieter. Mutter sagt, es sei der siebte in diesem Jahr. Es ist ein kleiner Dicker mit Zuckauge und einer Knollennase. Und ‘ne ganz tolle Glatze hat er. Mister Pep ist sein Name. Vater meint, daß Miss Beverly Mister Pep heiraten will, weil sie in den drei Tagen schon zweimal beim Friseur war. Was sagt denn die Polizei in Turny? Bestimmt steckt die ganze Insel mit Gary Allen unter einer Decke.
    Ich muß jetzt Schluß machen, wegen der Schularbeiten. Wir haben einen Aufsatz über den Zoologischen Garten auf.
    Bitte, lieber Mister Clifton, schreiben Sie bald wieder. Ohne Sie ist es in London stinklangweilig. Auch schöne Grüße von Papa und Mam.
    Ihr Dicki!

    Lieber Dicki, wenn du wüßtest, daß dein Freund nicht weiter ist als am ersten Tag, was würdest du wohl dann sagen?, denkt Perry Clifton, während er den Brief in die Tasche steckt.
    „Na, Mister Clifton, ein besonders glückliches Gesicht machen Sie ja nicht gerade. Schlechte Nachrichten?“
    Perry zuckt mit den Schultern. „Nicht direkt. Aber immerhin gehört es nicht zu den erfreulichsten Dingen, wenn man seine Freunde enttäuschen muß.“
    Mary Rodger lächelt.
    „Ich glaube schon, daß Sie es wieder gutmachen können.“
    „Ihr Wort sei gelobt, Mrs. Rodger. Wollen wir hoffen, daß Sie recht behalten.“
    Perry Clifton steigt ein wenig gedankenverloren die Stufen zum Obergeschoß hinauf.
    Dicki hat wirklich recht: er hätte Gary Allen auf der Stelle ausquetschen sollen, anstatt mit Peggy angeln zu gehen.
    Er hat sein Zimmer erreicht, will den im Schloß steckenden Schlüssel herumdrehen und stutzt.
    Die Tür ist nicht mehr abgeschlossen.
    Als er vor zwei Stunden zu seinem Spaziergang aufbrach, hatte er den Schlüssel einmal herumgedreht. Da Mary Rodger um diese Zeit auch nichts in seinem Zimmer zu suchen hatte, blieb nur noch eine Möglichkeit: Ein Fremder hat sich Einlaß verschafft. Das wiederum heißt, daß sich die Ratten aus ihren Löchern wagen.
    Perry stellt sich dicht vor die Tür, geht in die Hocke, legt seine Hände auf die Klinke, drückt sie behutsam nach unten — und gibt der Tür einen harten Stoß! Doch nichts geschieht. Perry Clifton richtet sich auf, tastet nach dem Lichtschalter und — erstarrt. Eine Hand hat sich auf die seine gelegt, und eine Stimme zischt ihm ins Ohr: „Kein Licht, erst die Tür schließen!“
    Perry tut wie ihm geheißen und schließt im gleichen Augenblick — für Sekunden geblendet — die Augen. Der Fremde hat das Licht angeschaltet.
    Ein Mann steht Perry Clifton lächelnd gegenüber. Er ist etwas kleiner als er selbst und elegant gekleidet. Das Auffälligste an ihm sind die grauen, scharfblickenden Augen, die unter den dichtesten Augenbrauen liegen, die Perry je gesehen hat.
    Er schätzt

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