Perry Rhodan - Jupiter
betätigte eine Sensortaste auf der Fernbedienung. Aus einem Projektor, der irgendwo unter dem Blechmüll verborgen war, baute sich ein Hologramm auf. Das Bild zeigte den Jupiter und seine Monde. Dort, wo sich das Diamantene Floß im Orbit befand, pulsierte ein winziges blaues Leuchtfeuer.
Ich sah das Ringsystem des Planeten, zart und dreigeteilt, im Kreis rollender Staub, der vor Äonen von Adrastea, Amalthea, Metis und Thebe aufgewirbelt worden war. Ich sah die stilisierte Darstellung der jupiteranischen Magnetosphäre, die vom Sonnenwind verformt wurde. Eine eingeblendete Skala gab an, dass das Magnetfeld auf der Sonnenseite des Planeten bis zu zehn Millionen Kilometer tief ins All reichte; auf der sonnenabgewandten Seite erstreckte sich die Grenzschicht der Magnetblase bis über die Umlaufbahn des Saturn hinaus.
Die Flut von hochenergetischen Elektronen, die sich den Feldlinien dieses Magnetfeldes entlang bewegten, würde jeden unbewehrten Menschen binnen kürzester Zeit töten.
Zusätzlich waren einige Symbole – Linien, Schraffuren, fremdartige Zeichen – ins Hologramm eingetragen.
Gatasische Schriftzeichen.
»Kannst du das lesen?«, fragte Beaujean.
Ich verneinte.
»Umwandeln in terranisches Alphabet!«, befahl er.
PRAJNA übersetzte den Text. Ich las. Ich schluckte.
Ich hatte in meinen Schulungsphasen nicht mehr als ein solides astrophysikalisches Grundwissen erworben und verstand nicht jede Einzelheit, die im Holo angezeigt wurde. Aber so viel begriff ich doch: Das jupiteranische System geriet aus den Fugen. Masse und Gravitation wiesen utopische Werte auf und befanden sich in beständigem Fluss. Der Raum um Jupiter denaturierte zusehends.
Das Diamantene Floß stürzte ab.
»Oh«, sagte ich. »Wann hat es begonnen?«
»Ich weiß nicht, wann es begonnen hat. Das festzustellen taugen die verbliebenen Ortungsgeräte des Floßes nicht. Ich habe auch keine Ahnung, was es eigentlich ist. Aber wir wissen alle, wann die Entwicklung eklatant geworden ist, wann das Floß in den Sog der Ereignisse gezogen worden ist, nicht wahr?«
Ich nickte. Mein Traum, der keiner war, in diesem Schlaf, der keiner war. »Haben wir bereits um Hilfe gerufen?«
»Sicher. PRAJNA hat unmittelbar nach Entdeckung und Auswertung der neuen Datenlage einen Notruf abgesetzt.«
PRAJNA war unser Bordhirn, ursprünglich nur ein Backup-System für den Hauptrechner, den die Gataser demontiert hatten. Irgendwann hatte Meister Beaujean mir anvertraut, dass er ein wenig an ihr herumgebastelt hatte.
Wenn diese Basteleien von ähnlicher – nun – Eigenwilligkeit gewesen waren wie die in Sachen Glocke und Wal, sollte es mich wundern, wenn PRAJNA auch nur einen vernünftigen Gedanken fassen konnte.
Immerhin – einen Notruf hatte sie absetzen können. »Und?«, fragte ich.
»Leider kein und. Jedenfalls kein hilfreiches und. Eine Kommunikation mit der Außenwelt ist nur noch fragmentarisch möglich. Allem Anschein nach ist der Raum um den Jupiter nicht mehr schiffbar.«
Vor dort würde also keine Hilfe kommen. »Was werden wir tun?«
»Zahllos sind die Lebewesen; ich gelobe, sie alle zu retten«, zitierte der Meister den Anfang des Gelübdes.
»Aber wie?«
»PRAJNA sieht keine Chance, das Floß an ein rettendes Ufer zu bringen, sozusagen. Der Photonenantrieb tut, was er kann, ist aber zu schwach. Er hält uns nur noch einige Stunden im Orbit. Unsere Feldschirmprojektoren taugen dazu, in der Magnetosphäre des Planeten zu überleben. Gegen die Reibungshitze, wenn wir abstürzen ...« Er winkte ab: keine Chance.
»Ja«, sagte ich. Wir befanden uns im Orbit des Jupiter, im Solsystem, dem Herzen und Nervenzentrum der Liga, einer der führenden Technosphären dieser Galaxis. Im Notfall, da waren wir immer sicher gewesen, würde jede denkbare Hilfe nicht mehr als einen Lidschlag entfernt sein.
Wir hatten uns geirrt.
Beaujean lächelte: »Im Siegel des Gläubigen Herzens lesen wir: Sei nicht gehorsam, widerstrebe nicht.«
»Gewiss«, sagte ich ratlos.
»Du solltest die astrophysikalische und astronautische Dimension dieses Satzes bedenken.«
Meine Ratlosigkeit vertiefte sich noch.
Beaujean sagte: »PRAJNA hat es durchgerechnet. Es ist aussichtslos, das Floß retten zu wollen. Dafür ist – je nach Perspektive – der Antrieb zu schwach oder das Schiff zu groß. Aber PRAJNA hat – mit der Hilfe meiner Wenigkeit – einen Plan entwickelt. Ein kleineres Schiff mit einem relativ größeren Antrieb könnte ...«
»Das Floß hat keine
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