Persephones Erbe (German Edition)
Ruhig, mit dem Zutrauen eines Tiers, das sein Schicksal kennt.
Vor der gekachelten Rückwand mit der Rinne im Fußboden an der Rückwand der Küche setzte Lupercu das schwarze Lamm ab. Er nahm eine Kette, die dort hing, fesselte dem Tier die Hinterfüße. Und drückte den Hauptschalter neben der Tür in den Kacheln.
Ein Dieselaggregat begann zu brummen. Neonröhren flammten auf. Lupercu ging in der nun taghell erleuchteten Küche zu einem riesigen Kühlschrank. Er nahm einen Krug heraus und ging zu einem anderen Schrank weiter.
»Kati, sei so gut, lösche die Petroleumlampe. Wir brauchen Honig, Milch, Wasser und Wein.«
Eine Ahnung stieg in mir auf. Das Ritual aus »Die Kimmerischen Männer« verlangte diese Dinge. »Du wirst doch nicht die Toten beschwören wollen?«
»Das hast du nicht nötig, Kati. Du bist eine Seherin. Zu dir kommen sie aus freien Stücken. Du musst nur noch lernen, wie du mit den Seelen der Toten sprechen kannst.«
Der Faun umrundete die Schmalseite des Küchenherds, ungerührt davon, dass mich seine gelassene Feststellung in helle Aufregung versetzte. »Heißt das, ich bin überhaupt nicht verrückt?«
»Nein.« Lupercu blieb mir gegenüber vor der altmodischen Küchenmaschine stehen, die immer noch Hitze abgab. Wahrscheinlich wurde sie mit Kohle oder Gas befeuert. »Du hast nur das Pech, wie viele Seher vor dir, dass du in eine Familie hineingeboren wurdest, die dich nicht verstehen kann. Doch das war Fluch und Segen zugleich. Seher, deren Begabung erkannt wird, haben kein leichtes Leben.«
Der Faun nickte mir zu und wählte ein Messer, kein besonders großes. Er hielt die Schneide gegen das Licht.
»Das wird es tun.«
»Lupercu, ich will das nicht!«
»Wer leben will, muss töten. Ob du ein Tier verzehrst oder eine Pflanze, bleibt letztlich gleich. Beide geben ihr Leben für dich.«
»Nur, dass das Tier schreit.«
»Kati, das wird das Lamm nicht. Kein Tier, das ich töte, spürt Schmerz. Ich bin ein Hirte, seit es Herden gibt.«
Er schien nicht zu merken, dass mich schauderte. Lupercu ging zu einem Spülbecken auf meiner rechten Seite, öffnete die Tür darunter und nahm einen Edelstahleimer heraus.
»Zieh dich am besten aus. Es wird spritzen. Du musst das Blut rühren. Schnell rühren, sonst gerinnt es im Eimer und dann kannst du in den Katakomben nichts mehr damit anfangen. Du brauchst es, um die Toten damit zu füttern.«
Er schälte mich einfach aus meinem Bademantel. Ich sah mit einer gewissen Schadenfreude, dass Lupercus Erektion wuchs, als ich nackt vor ihm stand. Doch er hing das Lamm trotzdem mit den Hinterfüßen an einen Haken in der gekachelten Wand, küsste es auf die Schnauze und zog ihm in einer blitzschnellen Bewegung das Messer durch die Kehle. Blut spritzte aus dem heftig zappelnden Körper, besudelte mich von oben bis unten. Ich wich zurück, doch Lupercu schob mich samt Eimer wieder unter das Lamm.
»Rühren, Kati!«
Er zwang mir den freien Arm in die warme, schäumende Lache im Eimer. Ekel würgte mich, ich schmeckte etwas Salziges, Metallisches auf den Lippen, dicke rote Tropfen rannen mir über Brüste und Bauch. Doch was blieb mir übrig, ich rührte.
Seherin.
Du hast ein besonderes Talent, Dinge zu sehen, die andere Menschen nicht sehen
. Die Worte gingen mir wie ein Mühlrad im Kopf herum, verbanden sich mit dem Strudel, den meine Hand in das warme Blut rührte.
Kati
, flüsterten die Toten unten in den Katakomben.
Dann waren sie wieder still.
Inzwischen brach Lupercu den Körper des Lamms auf und zerrte den Eingeweidesack heraus. Jetzt roch es auch noch nach Gedärmen und Tierkot, aber damit nicht genug. Während ich immer noch auf das strudelnde Blut im Eimer starrte, auf meinen blutigen Arm, zog Lupercu dem Lamm die Decke ab. Er schnitt das schwarze Fell in Streifen. Und er hatte noch immer eine Erektion. Allmählich musste sie ihn schmerzen.
»Lupercu …«
»Deine Besorgnis in Ehren. Später hole ich mir schon, was ich brauche. Noch bin ich nicht damit fertig, dir zu helfen.«
Er warf die blutigen Hautstreifen in die Spüle zu dem Krug, den er dort abgestellt hatte, nahm mir den Eimer ab. Bevor ich begriff, schnallte Lupercu eine Paar weiche Lederfesseln um meine Handgelenke. Einen Atemzug und einen Entsetzensschrei später hing ich daran an einem Haken in der Decke.
»Lupercu, was tust du?«
Ich pendelte knapp über dem Grund. Wenn ich mich sehr streckte, konnte ich gerade noch auf Zehenspitzen stehen. Der Zug an meinen Armen spannte
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