Persilschein
allerdings irgendwo anders …« Er zuckte mit den Schultern.
»Habt ihr Fingerabdrücke gefunden?«
»Ja. Auf der Astgabel. Aber die Auswertung läuft. Und Faserspuren haben wir an einem Strauch entdeckt, der Täter muss auf dem Boden gelegen haben. Bring mir ein Kleidungsstück und ich sage dir, ob es der Schütze getragen hat.« Er stand auf. »Mehr haben wir nicht. Noch nicht«, fügte er hinzu. »Ich halte dich auf dem Laufenden.«
»Das wäre nett.«
»Und ein freundschaftlicher Rat: Zieh den Kopf ein. Dieser Fall scheint ungesund zu sein.«
»Ich werde es beherzigen.«
»Hoffentlich.«
55
Freitag, 20. Oktober 1950
Du musst mit Marianne sprechen«, sagte Lisbeth mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zuließ. »Bevor sie sich ernsthaft in diesen Mann verliebt.«
Goldstein hatte ihr am Abend um des lieben Friedens willen doch noch erzählt, woher er Krönert kannte und dass er ihn verdächtigte, mit Johann Bos gemeinsame Sache zu machen. Verschwiegen hatte er ihr allerdings die Ereignisse des Tages. Er wollte nicht, dass sie vor Sorgen verging, sobald er das Haus verließ.
»Am besten sofort.« Sie stand vom Küchentisch auf. »Wir gehen jetzt zu ihr. Komm, zieh dir etwas über«, ordnete sie an.
»Muss das sein?« Goldstein hatte gehofft, dass seine Frau ihm dieses Gespräch abnehmen würde.
»Ja«, antwortete sie knapp. »Und wenn du denkst, du kannst das auf mich abwälzen, hast du dich gründlich geirrt.«
Goldstein seufzte. Wie immer kannte sie seine Gedanken. Weibliche Intuition. Er ergab sich seinem Schicksal und schlüpfte gehorsam in die Jacke, die Lisbeth ihm hinhielt.
Marianne war überrascht, dass das Ehepaar Goldstein zu später Stunde an ihrer Haustür schellte. »Kommt herein. Was treibt euch um diese Zeit zu mir?«
»Es ist wegen gestern Abend. Peter möchte dir etwas sagen.«
Goldstein machte ein hilfloses Gesicht.
»Wir gehen in die Stube. Ich wollte gerade einen Tee trinken. Kann ich euch auch einen anbieten?«
»Einen Schnaps würde ich vorziehen«, entgegnete Goldstein. Er ahnte, wie dieses Gespräch verlaufen würde und fühlte sich schon jetzt hundeelend. Wie sagt man der besten Freundin seiner Frau, dass der Kerl, der um sie wirbt, ein Ganove ist?
Kurz darauf saßen sie im Wohnzimmer. Die beiden Frauen tranken Tee, vor dem Polizisten stand der gewünschte Hochprozentige.
»Also, schießt los. Ihr kommt doch nicht an einem Freitagabend bei mir vorbei, nur um mir eine gute Nacht zu wünschen. Was gibt es?«
Lisbeth stieß ihren Mann drängend in die Seite.
»Es ist so … Ich meine, du solltest … Verdammt. Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.«
»Es geht um Paul Krönert«, fiel Lisbeth mit der Tür ins Haus. »Peter kennt ihn. Er meint, dass er ein Verbrecher ist.«
Sehr rücksichtsvoll, dachte Goldstein. So hätte er das auch gekonnt.
»Was?« Marianne Berger saß plötzlich kerzengerade. »Was redet ihr da für ein dummes Zeug?«
»Es stimmt.« Goldstein seufzte. »Paul Krönert gehört zu Johann Bos, einem stadtbekannten Schieber und Hehler. Außerdem war er vermutlich an der Vortäuschung eines Raubüberfalls beteiligt, bei dem in betrügerischer Absicht die Versicherungssumme kassiert wurde.« Goldstein suchte Zuflucht im Bürokratendeutsch. So fiel es ihm leichter, ihre Freundin mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren.
»Ihr spinnt doch.« Marianne war blass geworden. »Ich glaube euch kein Wort. Paul ist Kaufmann, kein Verbrecher! Du musst ihn verwechseln, Peter.«
»Nein. Ein Irrtum ist ausgeschlossen.«
Lisbeth stand auf, setzte sich neben ihre Vertraute auf das Sofa und legte ihr den Arm um die Schulter. »Es tut mir so leid.«
»Lass mich.« Marianne wehrte die tröstende Geste ab.
»Marianne, ich …«
»Es ist besser, wenn ihr jetzt geht.« Marianne Bergers Augen wurden feucht.
»Wir sind deine Freunde, Marianne«, sagte Peter Goldstein leise. »Deswegen dachten wir, dass du wissen musst, mit wem du dich einlässt.«
»Deine Wortwahl ist nicht gerade charmant, Peter«, stieß Marianne Berger hervor. »Aber trotzdem danke ich euch für den Hinweis. Wenn das auch nicht gerade das war, was ich von euch hören wollte.« Tränen flossen über ihr Gesicht.
Lisbeth erhob sich. »Wir hatten nur vor, dir zu helfen.« Und zu ihrem Gatten gewandt meinte sie nur: »Komm.«
Als die Goldsteins die Wohnung verlassen hatten und auf der Straße standen, griff Peter die Hände seiner Frau. »Denkst du, es ist richtig gewesen, dass wir
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