Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
möglich ist) ebenso wie die bewussten Ziele erfragen und die spezifische Belohnungsstruktur identifizieren. All dies dient dazu, den Mitarbeiter dazu zu bringen, in der neuen Aufgabe eine Chance zu sehen, sich zu verwirklichen (soweit man das im Betrieb kann), und dem Mitarbeiter diejenigen Belohnungen zu liefern, die er für eine kreative Tätigkeit benötigt. Das kann bei jedem völlig anders ausfallen, aber nur so erreicht man das Ziel der gewünschten Veränderung des Verhaltens der Mitarbeiter.
Es dauert zudem lange, und man kann nicht erst damit beginnen, wenn die Veränderungen aktuell notwendig werden. Dann hat man meist keine Zeit, die Mitarbeiter ausführlich zu studieren – das muss lange Zeit vorher passiert sein. Auf einer Personalführungsveranstaltung, auf der ich hierüber sprach, meinte ein Teilnehmer (Abteilungsleiter eines größeren Unternehmens): »Dann muss ich ja einen beträchtlichen Teil meiner Zeit damit zubringen, mit meinen Leuten zu reden!« Er meinte das eher verwerfend, und ich antwortete ihm: »Genau das müssen Sie tun!«. Die große Kunst solcher Unterredungen besteht im Mittelweg zwischen bloßen Befehlsmitteilungen und gönner- oder gar kumpelhaften Gesprächen, die meist nur der Selbstdarstellung oder Entlastung des Vorgesetzten dienen. Ebenso unwirksam ist die Vorgehensweise »Na, dann erzählen Sie mal, was Sie auf dem Herzen haben«.
Die Alarmglocken müssen bei den Mitarbeitern schrillen, wenn der Chef sie zu »offener Kritik« an seiner Person bzw. seinen Maßnahmen auffordert (»Wissen Sie, wir sollten ganz offen über die gegenwärtige Situation und auch mein Verhalten reden. Niemand ist schließlich vollkommen!«). Im Normalfall ist der Vorgesetzte gar nicht an einer solchen Kritik interessiert, sondern ist dazu von seinem Chef oder einer Consulting-Firma verdonnert worden. Dies wird der Mitarbeiter schnell herausfinden und sich mit der Kritik hinter dem Berg halten. Ist er aber so unvorsichtig und kritisiert – gleichgültig ob höflich oder unhöflich – seinen Chef, der ihn ja dazu aufgefordert hat, so wird dieser ihm dies übel nehmen, und zwar umso mehr, je berechtigter die Kritik ist (und je höflicher sie vorgebracht wurde).
Der Vorgesetzte (der ja eigentlich Zustimmung und keine Kritik hören will) wird sich für dieses Verhalten bei nächster Gelegenheit in der einen oder anderen Form rächen. Selbst wenn der Vorgesetzte ein wirklich toleranter Mensch ist, wird er sich zwar die Kritik anhören und sich sagen: »Er hat ja Recht! Das muss ich bei mir abstellen!«, aber sein unbewusstes Selbst wird dennoch verletzt sein und in eigener Weise auf Rache sinnen – zum Beispiel in einer Entscheidungssituation den Mitarbeiter ein wenig negativer einschätzen (»Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich ihm den Job anvertrauen kann«). Kritik erträgt man nur durch lange Übung und aufgrund eines stabilen und zugleich nicht zur Selbstüberschätzung neigenden Selbst. Das haben nicht alle Vorgesetzten – und deshalb sollte man von regelmäßigen »kritischen Aussprachen« die Finger lassen. Sie ebnen in aller Regel nicht den Weg zu positiven Veränderungen, weder beim Chef noch bei den Mitarbeitern.
Der Vorgesetzte – eine Frage des Vertrauens
Kenntnisse über die Persönlichkeits- und Belohnungsstruktur des Mitarbeiters sind nur eine, wenngleich wichtige Voraussetzung, damit längerfristige und kreative Veränderungen beim Mitarbeiter stattfinden. Weitere wichtige Voraussetzungen sind das Verhalten und die »Ausstrahlung« des Vorgesetzten selbst.
Ich habe im achten Kapitel bereits davon berichtet, dass der wichtigste Teil unseres Einflusses auf andere Personen über nichtsprachliche Kommunikation bzw. Signale abläuft. Entscheidend ist – so sagen uns alle Menschenkenner – nicht so sehr, was wir sagen, sondern wie wir es sagen, und damit meinen wir den affektiv-emotionalen Kontext des Sprechens, der über Mimik, Gestik, Stimmtönung, Körperhaltung und auch Geruch abläuft.
Letzteres erscheint befremdlich, denn wir bevorzugen im Allgemeinen einen »neutralen« Körpergeruch. Der Ausdruck »sich gut riechen können« wird heutzutage (und im Gegensatz zu früheren Zeiten) meist nur im übertragenen Sinne gebraucht. Als Menschenaffen und im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren verfügen wir über keinen besonders ausgeprägten Geruchssinn, aber für soziale Gerüche (Pheromone) sind wir dennoch empfänglich. Allerdings merken wir meist nichts davon,
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