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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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Belohnungserwartung . Entsprechend findet man im ventralen tegmentalen Areal, im Nucleus accumbens/ventralen Striatum, aber auch im dorsalen Striatum, im anterioren cingulären Cortex und im ventromedialen präfrontalen Cortex Neurone, die umso stärker feuern, je höher die Belohnungserwartung ist. Dabei handelt es sich durchweg um Neurone, die durch den Neuromodulator Dopamin charakterisiert sind und deshalb »dopaminerg« genannt werden. Gleichzeitig werden über die phasische (d. h. impulsartige) oder tonische (d. h. anhaltende) Aktivität solcher dopaminergen Neurone die Höhe der erwarteten Belohnung und die Einschätzungen der Belohnungswahrscheinlichkeit bzw. -unsicherheit codiert. Interessanterweise geht die Aktivität dieser Neurone in dem Maße zurück, in dem die Belohnung immer wahrscheinlicher oder sicherer wird, sie feuern also überhaupt nicht mehr, wenn Affe oder Mensch regelmäßig für eine bestimmte Leistung belohnt wurden. Dies stimmt mit unserer Alltagserfahrung gut überein: Eine Belohnung, die ziemlich sicher eintritt, wird schließlich gar nicht mehr als Belohnung empfunden.
    Eine wesentliche Leistung des gesamten Belohnungssystems besteht darin, festzustellen, in welchem Maße die Belohnung in Qualität und Quantität den Erwartungen entspricht bzw. entsprochen hat, und dies drückt sich in einem »Abweichungssignal« (häufig und etwas irreführend auch »Fehlersignal« genannt) aus. Im Prinzip sind hierbei drei Situationen möglich: (1) Die Erwartungen werden voll und ganz erfüllt, dann ist das Abweichungssignal null und es gibt keine oder eine nur geringe Veränderung in der Ruheaktivität der dopaminergen Neurone bzw. der von ihnen getriebenen Neurone im limbischen Cortex. Oder (2) die Abweichungen ist positiv, d. h. die Belohnung fällt überraschenderweise höher aus, als erwartet, dann gibt es eine starke phasische (impulsartige) Aktivierung der Neurone. Oder (3) die Belohnung fällt geringer aus, als erwartet, oder bleibt ganz aus. Dann ist das Abweichungssignal negativ, die Neurone in den genannten Arealen werden in ihrer Aktivität zusätzlich gehemmt und es tritt unter Umständen noch eine Meldung aus der Amygdala auf.
    Diese Antworteigenschaften dopaminerger Neurone im Gehirn bilden damit eine wichtige Grundlage der Motivation , die ja nichts anderes ist als eine Belohnungserwartung. Die Belohnung selber sättigt uns und stellt uns zufrieden (»jetzt ist es erst einmal gut!«), aber das Nachlassen des Belohnungseffekts und das dadurch hervorgerufene Streben nach neuer Belohnung treibt uns voran, motiviert uns. Wir wollen uns wieder so toll fühlen wie beim letzten Mal, als uns vor Glück und Lust ganz schwindlig wurde! Von diesen Zusammenhängen werden wir noch mehr hören.

Das ökonomische Gehirn
     
    In den vergangenen Jahren wurden im Zusammenhang mit dem, was man »Neuro-Ökonomie« nennt, zahlreiche Untersuchungen mithilfe bildgebender Verfahren, vornehmlich der funktionellen Kernspintomographie, durchgeführt. Man will dabei herauskriegen, was im Gehirn einer Versuchsperson passiert, wenn sie im Kernspintomographen liegend einer Entscheidungssituation ausgesetzt wird. Derzeitig gibt es einen richtigen Boom bei solchen Untersuchungen. Man belohnt hier die Versuchspersonen, die ins Kernspingerät gelegt werden, nicht wie die Makaken mit Orangensaft, sondern lässt sie um Spielgeld oder sogar um richtiges Geld spielen. Dabei geht es für die Versuchspersonen u. a. darum, hohe oder geringe Einsätze bei unterschiedlichen Risiken des Gewinnens und Verlierens zu machen und dabei unterschiedliche Strategien einzuschlagen.
    Die Voraussetzung ist natürlich, dass auch für das Gehirn Geld als Stimulus überhaupt wirksam ist, denn es handelt sich bei Geld schließlich um ein Symbol für Belohnungen. Man fand aber schon relativ früh heraus, dass Geld auf das oben genannte zerebrale Belohnungssystem außerordentlich stimulierend wirkt, und zwar wirkt nicht nur der bloße Anblick des Scheins oder der Münzen, sondern auch der durch die Scheine oder Münzen repräsentierte Wert . Die Neurone feuern also stärker bei einem Fünfzig-Euro-Schein als bei einem Fünf-Euro-Schein (vgl. Vohs et al., 2006). Geld ist ein so genannter »sekundärer Verstärker«, d. h. das Stück Metall oder Papier hat nicht an sich einen hohen Wert, sondern wird mit Dingen in Verbindung gebracht, die ihrerseits direkt positiv sind oder mit denen man negative Zustände abwehren kann. Für Geld kann man

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