Perspektive Trainee 2013 - das Expertenbuch zum Einstieg
spannende und viel diskutierte Frage ist, ob bzw. wie man sich auf Testverfahren vorbereiten kann. An sich gelten die verschiedenen Dimensionen kognitiver Fähigkeiten im Erwachsenenalter als sehr stabil. Gut belegt ist aber auch die Erkenntnis, dass eine erneute Durchführung des gleichen Verfahrens im Bereich der kognitiven Fähigkeitstests eine „Leistungsverbesserung“, d. h. einen Trainingseffekt, hervorbringt. Allerdings dürfte der Fall sehr selten sein, dass Kandidaten das eingesetzte Testverfahren kennen und vorher Zugriff auf alle dort genutzten Aufgaben haben. Die spannendere Frage ist daher, ob ein Transfereffekt des Übens eines kognitiven Fähigkeitstest auf die Ergebnisse eines anderen zu erwarten ist. Auch hier werden in Untersuchungen meist – wenn auch geringe – Effekte festgestellt. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als man im Alltag nicht daran gewöhnt ist, Denkaufgaben in einer so sehr strukturierten Form unter Zeitdruck zu beantworten, sodass es zu Hemmungen und Blockaden kommen kann. Eine gewisse Vertrautheit damit kann daher zu einer geistigen und körperlichen Lockerung führen, in der der Abruf der „wahren“ Leistungsfähigkeit leichter fällt. Außerdem ist es bei einem Teil der Aufgabengruppen hilfreich, im Rahmen von Übungen individuelle Bearbeitungsstrategien zu entwickeln.
Von daher ist nichts dagegen einzuwenden, sich mit entsprechender Literatur (sogenannte „Testknacker-Literatur“, die es in großen Mengen auf dem Markt gibt) auf Testverfahren vorzubereiten. Nicht trauen sollte man allerdings unlauteren Marketing-Versprechen, die „Testtraining – so knacken Sie jeden Test!“ oder ähnliches vorgaukeln. Es ist auch fraglich, ob es sich lohnt, in diesem Metier professionelle Trainings zu belegen, da das Üben zu Hause mit der eigenen Stoppuhr durchaus möglich ist.
Bei Persönlichkeitstests ist die Sache noch schwieriger. Zum einen ist eine noch größere, unüberschaubare Menge von Produkten von zum Teil unseriösen Anbietern auf dem Markt, und zum anderen ist die Möglichkeit der Beeinflussung der Ergebnisse – und damit aus Sicht des Durchführenden der Verfälschung – scheinbar deutlich größer. Wenn es darum geht, Präferenzen oder Meinungen anzukreuzen, kann ein Kandidat natürlich bewusst von seiner wahren Einstellung abweichen. Um sich damit aber „besser“ darzustellen, müsste das Testverfahren genau verstanden werden (Welche Dimensionen sollen gemessen werden? Welche Fragen zielen auf welche Dimensionen? Welche Ausprägung der Dimension ist vom Unternehmen gewünscht?). Dies ist bei den meisten Bewerbern nicht der Fall.
Die Autoren dieser Testverfahren sind sich der potenziellen Verfälschbarkeit bewusst und versuchen daher, ihr entgegenzuwirken. Das kann über spezielle Fragen laufen, die in das normale Verfahren eingestreut werden und auf ein Aufdecken dieser Verfälschung abzielen („Lügenskala“), oder die Fragen sind so geschickt konstruiert, dass einem ungeschulten Teilnehmer nicht auf Anhieb klar wird, welche Antwort hier „erwünscht“ ist. Zudem gibt es mehrere Verfahren, die durch einen „Forced Choice“-Ansatz das sogenannte „sozial erwünschte“ Verhalten zu verhindern suchen. Dabei sind alle Fragen eher positiv formuliert, und der Kandidat muss eine Wahl treffen.
Beispiel für einen Forced-Choice-Persönlichkeitstest:
Versuchen Sie auszuwählen, welche Aussagen in den folgenden Beispielen am meisten und welche am wenigsten auf Sie zutreffen.
Ich bin jemand, der ________
(a) den Dingen gerne auf den Grund geht.
(b) sich gut organisiert.
(c) das große Ganze im Auge behält.
(d) sich gut entspannen kann.
Bei Persönlichkeitstest kann daher klar gesagt werden: Es lohnt sich nicht, hier den Versuch einer „Verbesserung“ der Ergebnisse durch Übung zu unternehmen. Man sollte auf die Fragen offen und ehrlich antworten, sich ausreichend Zeit nehmen und versuchen, stimmungsabhängige Antworten zu vermeiden. Es ist sicher hilfreich, vor den Antworten kurz nachzudenken, ob die jeweilige Einschätzung eine Momentaufnahme ist oder auch generell gilt. Man sollte die vielfach verfügbaren Beispielfragen nutzen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie und was in solchen Verfahren gefragt wird, sodass man ohne Unsicherheit in den Test gehen kann. Bei Interesse kann man im Vorfeld ein oder mehrere vollständige Verfahren durchführen. Dazu kann man sich an einen entsprechend ausgebildeten Karriere-Coach oder einen
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