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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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außerhalb der Regeln.
    So wie wir«, fügte sie hinzu, ehe die Dunkelheit sie verschluckte.

    6
    Der Speer des Schicksals
    Hagen erlebte alles nur noch wie im Traum. Die kleinwüchsigen Frauen führten ihn durch die Halle des Königs. Die Umstehenden bildeten trotz des Tumults, der nach Alberichs Rede ausgebrochen war, eine Gasse, und ehrfurchtsvoll neigten die Swart-alfar ihre Köpfe, um ihm zu huldigen. Hagen begriff nur langsam, dass er gleichsam adoptiert worden war, zum Prinz der Schwarzalben erhoben von Alberich, dem König selbst.
    Der Lärm und das Durcheinander drangen nur gedämpft an Hagens Ohren. Die Schwarzalbinnen führten ihn behutsam aus der Halle durch einige Gänge in einen kleinen Raum, der eine Mischung aus Rüstkammer und Nähstube bildete.
    Willig ließ sich Hagen seine Kleidung abnehmen; kaum bemerkte er, dass ihn die Frauen neue Kleider anpassten. In ihm brodelte es.
    Nun hatte er die Gelegenheit, es Siegfried und seiner Schwester heimzuzahlen! Und es schien ihm, als würden ihm die Gedanken zugetragen, dass Alberich mächtiger war als die bleiche Brut, zu der Siggi bestimmt schon zählte.
    Siggi hat mich im Stich gelassen, dachte der Junge. Dieser Bastard hat mich einfach im Stich gelassen.
    Hat er, schien eine andere Stimme in ihm zu antworten.
    Er hat mich bestohlen, einfach bestohlen.
    Hat er, war die Antwort.
    Ich bin von ihm verraten und verkauft worden.
    Bist du, klang es wie ein Echo.
    Ich will Rache! Hagens Innerstes war voller Grimm.
    Die sollst du haben, war die einfache Feststellung der Stimme in Hagen, die ihm wie ein Schatten seiner eigenen Stimme antwortete.
    Ohne dass es ihm bewusst war, steigerte er sich immer weiter in seine Wahnvorstellungen hinein. Für ihn war das Einzige, was noch zählte, die Rache, seine Vergeltung an Siggi und dessen nicht minder verachtenswerten Schwester Gunhild, die diesen Schwächling schützte – aber Hagen war nun stark genug, um es mit beiden aufzunehmen.
    Der aufgestaute Zorn, der unterdrückte Hass auf die Geschwister brannte heiß in ihm. Hagen konnte es kaum noch erwarten, ihnen gegenüberzutreten, und dann würde sein Zorn auf Siggi und seine Schwester hereinbrechen wie ein Orkan. Er sah sich an der Seite Alberichs die Schwarzalben gegen die Lios-alfar führen, sah förmlich, wie das bleiche Gezücht Asgards zerschlagen wurde von der dunklen Flut der Swart-alfar.
    »Herr?«, erreichte Hagen die Stimme einer Frau. »Herr!«
    Hagen war, als tauche er aus einem tiefen Schacht empor. Er brauchte einen Moment, bis er erkannte, wo er war, so sehr hatten ihn seine Fantasien im Griff. Ihm war, als würde er aus einem Traum erwachen.
    Als er an sich heruntersah, stellte er fest, dass er vollkommen neu gewandet war. Völlig willenlos hatte er sich von den dienstbaren Geistern ankleiden lassen, während er seinem Rachetraum nachge-hangen und die Fantasien von Sieg und Macht ausgekostet hatte.
    Seine Kleidung war schwarz, durchsetzt von silbernen Stickereien.
    Er trug einen weiten Umhang, der von einer silbernen Fibel gehalten wurde; sie zeigte eine gewaltige Schlange oder ein Seeungeheuer, das sich selbst in den Schwanz biss. An seiner linken Seite spürte er ein Gewicht. Seine Linke tastete danach, und er bekam den Knauf eines mehr als einen halben Meter langen Schwertes zu fassen, der kalt in seiner Faust ruhte.
    Ein seltsames Gefühl beschlich Hagen, als er das kalte Metall fühlte. Er griff mit der Rechten danach und zog das Schwert blank.
    Die Klinge glitt mit Leichtigkeit aus der gefütterten, mit feinen Sil-berarbeiten verzierten Scheide.
    Die Schwarzalbinnen traten einige Schritte zurück, senkten den Blick und warteten ab, was Hagen tun würde.
    Ein prickelndes Gefühl ungeheurer Macht durchlief Hagen, dass er unwillkürlich erschauerte. Ihm war, als wäre er mit der Waffe in der Hand geboren, als wäre er dazu bestimmt, dieses Schwert zum Ruhme Alberichs und der Swart-alfar zu führen. Und natürlich zu seinem eigenen.
    Probehalber ließ er die Klinge einige Male durch die Luft sausen.
    Obwohl er das Gewicht des Metal s deutlich spürte, schien es doch so leicht wie eine Feder zu sein. Das Heft schmiegte sich in seine Hand, als habe der Schmied, der diese wundervolle Waffe einst schuf, bei ihm Maß genommen, als habe dem Meister des edlen Schmiedehandwerks seine Hand als Modell gedient.
    Ein kaltes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, das all die Gefühle wiedergab, die in ihm tobten.
    »Ich komme, Siggi«, murmelte er mehr zu

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