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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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hinunter.
    Ohne weiteren Aufenthalt betraten sie die königliche Halle und gerieten mitten ins Getümmel.
    Hagen war fast ein wenig enttäuscht, hatte er doch gehofft, bei seiner Rückkehr in die Halle hofiert zu werden, aber Alberichs Volk war zu beschäftigt. Eilig rannten die Schwarzalben hin und her. Es ging zu wie in einem Ameisenhaufen, doch jeder der Eilenden hatte seine Aufgabe und sein Ziel. Die große Schlacht gegen ihre Erzfein-de, die Lios-alfar, stand bevor, und jeder Einzelne hatte seinen Teil beizutragen.
    »Bringt Speise und Trank für den Prinzen und mich!«, befahl Alberich und setzte hinzu. »In meine Gemächer.«
    Dann ging er um den Drachenthron herum, und Hagen erkannte, dass der Thron wie eine Brücke aus dem Felsen herausgemeißelt war. Und dahinter hatten die Swart-alfar in langer, mühevoller Arbeit die Gemächer ihres Königs aus dem harten, grauen Fels getrieben. Die Wände wirkten wie poliert, und waren mit Darstellungen von heldenhaften Kämpfen und vielen anderen Motiven aus Sage und Legende verziert, alle mit Stein in Stein ausgeführt, in feinsten Mosaiken. Die Farben waren kräftig und klar.
    Sie betraten eine Art Arbeitszimmer des Königs. Eine Karte des Höhlensystems mit Alberichs Königshalle als Zentrum war hier in die Wand eingelegt worden, in feinstem Detail gearbeitet und mit goldenen Runen beschriftet.
    An der gegenüber liegenden Wand fand sich das Motiv des Drachen wieder, der auch den Thron des Königs in der großen Halle bildete, nur mit einer Ergänzung: Zu seinen Füßen gleißte es hell von einem gewaltigen Schatz, auf dem der Drache zu brüten schien.
    Sie nahmen an einem Tisch Platz. Mîm blieb an der Tür stehen.
    Auch wenn hier im Zentrum des Schwarzalbenreiches keine Gefahr drohte, gab seine ruhige, stets kampfbereite Gegenwart Hagen ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit. Sein breites Gesicht war so ernst wie immer, und mittlerweile verstand Hagen auch ein wenig, warum dem so war.
    Schon bald wurden ihnen Speisen und Getränke aufgetragen.
    Zwei silberne Becher und ein Krug mit einem goldfarbenen Ge-tränk und ein Berg Fleisch auf einer Platte aus gebranntem Steingut wurden hereingebracht.
    Der Duft des gebratenen Fleisches machte Hagen bewusst, wie hungrig und auch durstig er war. Er folgte dem Vorbild Alberichs, der mit den Händen zugriff.
    Das Getränk, das ihm von Mîm in den großen silbernen Becher gegossen wurde, war eigenartig. Es schmeckte nach Honig, aber kaum hatte Hagen den Becher geleert, fühlte er sich geradezu beflü-

gelt, aber andererseits so, als wäre sein Geist auf Flaum gebettet. Er fühlte sich leicht wie eine Feder.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Met«, sagte Alberich. »Honigwein.«
    »Alkohol?«, fragte Hagen.
    »Viel«, sagte Mîm, ausnahmsweise einmal lächelnd. »Met macht fröhlich, verleiht übermenschliche Kräfte, gibt dem Skalden Inspira-tion, lässt den Zecher bleiern schlafen, und am anderen Morgen hat man ein Bergwerk im Schädel.«
    Hagen schmeckte das Getränk ausgezeichnet. Er wollte mehr, aber Alberich legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Nein, Hagen«, sagte der König. »Es ist nicht gut, vor der Schlacht viel Alkohol zu trinken. Er steigt zu Kopf.«

    Hagen machte ein enttäuschtes Gesicht.
    »Sei nicht traurig, mein Sohn«, fuhr Alberich fort. »Nach der Schlacht kannst du so viel trinken, wie du willst, aber bedenke, du hast eine Aufgabe vor dir. Du musst bei Verstand sein.«
    In Hagens Gedanken formte sich das Bild Siggis, des Ringdiebes, und er wusste, dass er einen klaren Kopf behalten musste, wenn er auf ihn traf, damit er jeden Moment seiner Rache genießen konnte.
    »Ich verstehe«, nickte er.
    »Bringt Wasser!«, befahl Alberich. Und bald darauf löschte Hagen seinen Durst mit dem besten Quellwasser, das er je getrunken hatte.
    Das Mahl wurde schweigend beendet. Dienstbare Geister räum-ten die Platten und Krüge ab, säuberten den Tisch und reichten Alberich und Hagen eine Schale mit Wasser, sodass sie sich die Hän-de waschen konnten.
    Hagen war satt, und sein Durst war gelöscht. Zufrieden lehnte er sich in seinem weich gepolsterten Stuhl zurück.
    Er war müde, spürte nun, nachdem er gegessen und getrunken hatte, die Strapazen der letzten Stunden. Die Augen fielen ihm zu, und ohne es zu wollen, döste er ein.
    Augenblicklich schien er zu träumen: Hagen sah Siggi und den Ring, und ein dunkles Verlangen begann in ihm zu wachsen …
    Den Ring, tief in der Tasche verborgen, fest in der linken Hand, den

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