Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
George fühlte die sanfte, unendlich süße Liebkosung durch Rebekkas Lippen und Zunge, als hielte er sie in den Armen. Einen kurzen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, in seinen Körper zurückzukehren, so groß war sein Verlangen, doch er rief sich sofort zur Ordnung.
Das Glücksgefühl jedoch blieb, während er dem Pferd die Sporen gab und es weiter nach Norden vorantrieb.
Melissa de Ville wischte sich die blutigen Lippen mit dem Ärmel seines Hemdes sauber, während der leblose Körper des Sekretärs neben der Liege auf dem Teppich zusammengesunken kauerte. Er war ein Reinfall im Bett gewesen, aber sein Blut hatte gut genug geschmeckt. Ulysses Miller würde nicht zu einem Vampir werden.
Melissa drehte das Stundenglas zum sechsten Mal um. Noch ein weiteres Mal, und nach dessen Ablauf konnte sie den Sud vom Feuer nehmen, um ihn abkühlen zu lassen. Sie warf sich einen kostbaren Pelzmantel über ihren nackten Körper und ging in ihr Laboratorium hinunter. Der Geruch der siedenden Flüssigkeit erinnerte sie an Zimt und Koriander. Es war nicht immer eine Freude, wenn man magische Tränke zubereitete. Einige Ingredienzien hatten einen so durchdringend üblen Geruch oder auch Geschmack, dass es schon eine Kunst war, sie zu brauen, geschweige, sie anzuwenden.
Sie trat an den langen Tisch, auf dem ein schwerer Mörser aus Granit stand, darin ein gewaltiger Stößel aus dem gleichen Gestein. Melissa zerstieß darin die weiteren Bestandteile ihres Trankes, zermalte sie zu feinstem Pulver. Mit langsamen, gleichmäßigen Bewegungen führte sie den Stößel im Rund über die Kräuter und Pulver, immer wieder und immer im Uhrzeigersinn. Es war wichtig, immer in die gleiche Richtung zu malen und zu rühren.
Ihre Gedanken schweiften ab, während sie da stand und die Pflanzenteile zu einem Pulver verarbeitete. Sie hatte das so oft schon getan, dass es ihr in Fleisch und Blut übergegangen war, keine Arbeit, bei der sie denken musste, und so ließ sie ihren Gedanken freien Lauf.
Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich Macht gewünscht, und je mehr Macht sie erhalten hatte, desto mehr hatte sie noch dazu haben wollen. Und nun war es bald soweit, dass sie die uneingeschränkte Macht haben würde. Mehr konnte ein lebendes Wesen nicht erreichen, und vielleicht war dort noch nicht Schluss … denn wo lebten die Götter? Woher war der dunkle Gott dereinst gekommen, der nun ein Teil ihrer Existenz war? Der Drache, der ihr Macht gab, aber der sie auch zwang! Es war nicht so, dass sie sich dem Drachen widersetzte oder nicht mit seinem Tun einverstanden gewesen wäre, sie weigerte sich einfach gegen die Fremdbestimmtheit! Es störte sie, dass ein anderer als sie selbst Gewalt über ihren Körper hatte, und sie würde das ändern!
Es war sogar anzunehmen, dass der Drache das kleinere Übel darstellte, als es Melissa wäre, wenn sie die Kontrolle über die Kräfte des Drachen erlangte. Der Drache war bei aller Verwüstung und allem Sterben ein Mörder und eine Urgewalt, doch Melissa würde eine neue Qualität ins Spiel bringen, denn sie liebte Folter und Qualen, die sie anderen zufügen konnte. Der Drache tötete. Schnell, zielgerichtet und massenhaft, aber er folterte nicht. Er riss sein Opfer, zerstörte und wendete sich dem Nächsten zu. Melissa würde um vieles grausamer sein. In ihrer Fantasie malte sie sich Asphaltseen aus, in denen Menschen langsam brennend versanken, sie lachte beim Gedanken an Eltern, deren Kinder sie vor deren Augen zerriss ,und Kindern, deren Eltern in deren Angesicht zu Tode vergewaltigt werden, wieder und immer wieder, bis sie ihr Leben aushauchten. Sie würde ihre Feinde mit flüssigem Blei tränken und mit lebenden Skorpionen füttern, und die Hölle würde ein Ort der Erholung sein, verglichen mit der Erde, und der Himmel würde weinen.
Schon in ein paar Stunden würde es soweit sein!
Das Stundenglas war durchgelaufen und Melissa nahm den dampfenden Topf vom Feuer. Zum Abkühlen stellte sie ihn auf den kalten Steinboden, nahe an die Tür, wo es immer ein wenig zog. Dort würde der Topf schneller auskühlen.
Sie prüfte die Konsistenz der Kräuter, die sie eben zerstoßen hatte. Ein feines, homogenes Pulver von rötlicher Farbe, so, wie es sein sollte. Sobald der Sud abgekühlt war, musste sie das Pulver darunter rühren, das Ganze erneut aufkochen und dann endlich, sobald auch diese Mischung ausgekühlt war, hatte sie das Mittel in der Hand, das ihr die ultimative Macht garantieren würde. Ihr Herz
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